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Das Geheimnis zweier Ozeane

Das Geheimnis zweier Ozeane

Titel: Das Geheimnis zweier Ozeane
Autoren: Grigori Adamow
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Erstes Kapitel
EIN UNTERBROCHENES GESPRÄCH
    B
    ald mußte der Morgen grauen. Aus einem Zimmer im vierzehnten Stockwerk stahl sich durch eine Ritze zwischen schweren Fenstervorhängen ein schwacher, kaum wahrnehmbarer Lichtstrahl in die neblige Finsternis des Hofes.
    Im Raum herrschte Halbdunkel. Der helle Lichtkegel einer kleinen Tischlampe fiel auf eine Landkarte, die auf dem Tisch ausgebreitet lag.
    Zwei Männer beugten sich über die Karte. Ihre Gesichter waren schlecht zu erkennen, im Halbdunkel sah man nur die Augen schimmern: das eine Augenpaar, schmal und schräg gestellt, wirkte trübe und gleichgültig, das andere Paar, groß und glänzend, schien tief eingesunken. Die Gestalten der beiden Männer zeichneten sich gegen den Hintergrund des Zimmers nur mit schwachen Konturen ab.
    Der am Tisch sitzende Mann war klein und schlank; seine Haltung und sein Gebaren zeigten den Offizier. Er hob den Kopf und wandte sich, ohne seinen Finger von einem Punkt in der Mitte des Atlantischen Ozeans wegzunehmen, an den anderen:
    „Sind die genauen Koordinaten der Station in dem Sargassomeer bekannt?“
    „Nein, Kapitän!“
    „Ich habe Sie wiederholt gebeten, Krok, mich nie so zu nennen!“
    Krok richtete sich auf. Er war sehr groß und breitschultrig.
    „Verzeihen Sie, Matwej Petrowitsch“, sagte er mit heiserer Stimme, „ich vergesse es immer wieder.“
    „Ihre Vergeßlichkeit kann uns einmal sehr teuer zu stehen kommen. Wenn Sie für mich Krok sind, immer nur Krok, dann bin ich für Sie – merken Sie sich das ein für allemal –, niemand anders als der Ingenieur Matwej Petrowitsch Iwaschew.“
    Matwej Petrowitsch sprach ein sehr exaktes Russisch. Die letzte Silbe eines Wortes sprach er betont hart und klar aus, was sofort den Ausländer verriet.
    „Ganz recht, Matwej Petrowitsch. Es soll nicht mehr vorkommen.“ Krok verneigte sich leicht und fuhr fort: „Ich wiederhole: Noch kenne ich die Koordinaten nicht, aber ich werde sie an Ort und Stelle erfahren. Die Station muß hier irgendwo liegen.“ Er näherte seine breite Hand mit den langen kräftigen Fingern dem hell erleuchteten Kreis auf der Karte und markierte mit einem Bleistift eine Stelle östlich der Bahama-Inseln.
    „Nun, das genügt nicht. Sobald Sie die genauen Koordinaten erfahren haben, geben Sie diese der ,Lady Macbeth‘ bekannt. Sie erhalten dann vom Schiff Nachricht, wann die Rettungsgürtel abgeworfen werden. Ihr Rufzeichen ist INA 2, das der ,Lady Macbeth‘ heißt EZIT.“
    „Gut, weiß man auf dem Schiff, daß ich von einem Flugboot an Bord genommen werden soll?“
    „Natürlich …“ Krok schien es, als husche über Matwej Petrowitschs Gesicht ein Lächeln. „Wir werden doch nicht zulassen, daß sich Anna Nikolajewna ihre schönen Augen um den Bräutigam ausweint.“
    Krok verneigte sich kühl, schwieg eine Weile und sagte dann mit unsicherer Stimme: „Ich möchte unsere Abmachungen noch einmal wiederholen: Ich habe mich verpflichtet, Ihnen die Koordinaten des ersten längeren Aufenthaltes bekanntzugeben – nichts weiter. Sie dagegen wollten die sofortige Freilassung von Anna Nikolajewna erwirken. Ich hoffe, daß sie jetzt, nachdem ich Ihre Bedingungen angenommen habe, frei ist?“
    „Ich zweifle nicht daran. Gleich nachdem wir uns einig geworden waren, habe ich einen Funkspruch abgesandt. Was jedoch unsere Abmachungen betrifft, so erwarten wir von Ihnen die Koordinatenangabe von jedem längeren Aufenthalt des Schiffes während der ganzen Fahrt.“
    Krok zuckte zusammen; mit bebender Stimme erwiderte er: „Was? Auf der ganzen Fahrtroute? Wir sprachen doch nur über die erste Station! Und gleich nach meiner Bekanntgabe sollte mich ein Flugboot der ,Lady Macbeth‘ an Bord nehmen. Ich verstehe Sie nicht, Matwej Petrowitsch, Sie stellen jetzt plötzlich neue Bedingungen. Wir hatten doch zuerst etwas ganz anderes besprochen!“
    „Aber, mein lieber Krok, ist das denn so wichtig? Unser Generalstab hat diese geringe Änderung für den Fall verfügt, daß Ihre erste Meldung durch unvorhergesehene Umstände nicht ausgewertet werden könnte. Wollen wir uns deswegen streiten? Die einzige unangenehme Konsequenz für Sie könnte nur darin bestehen, daß Sie ein paar Tage später als ursprünglich vorgesehen an Bord unseres Schiffes gehen werden.“
    „Nein, Matwej Petrowitsch!“ rief Krok erregt. „Jetzt soll ich Sie auf einmal ständig informieren! Aber das ist doch etwas ganz anderes! Das ist zuviel verlangt …!“
    „Warum regen Sie
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