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Black Monday

Black Monday

Titel: Black Monday
Autoren: R. Scott Reiss
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Ausbruch.
    Die Menschen, die sich zu beiden Seiten der Connecticut Avenue drängen, brechen in Jubelrufe aus, als der Lebensmittel-Konvoi eintrifft. Genauso laut haben sie gestern gejubelt, als die Schneepflüge die Straße geräumt haben. Und noch lauter, als der Präsident vor zwei Tagen in einem Hubschrauber über ihren Köpfen hinwegflog und ins Weiße Haus zurückkehrte. Gerard steht in der ersten Reihe, die Arme um Paulo und Annie gelegt. Ihr Atem bildet weiße Wölkchen. Hinter ihm mault Les Higuera.
    »Erzählst du mir jetzt, was in Virginia passiert ist, oder nicht? Wir wissen doch beide, dass die offizielle Geschichte reine Verarschung ist.«
    Paulo grinst Les an. »Du hast ein Schimpfwort benutzt. Das kostet dich einen Dollar.«
    Ein Lastwagen nach dem anderen rollt vorbei, die Soldaten in den Begleitfahrzeugen winken wie Befreier. Weil der Präsident der Welt beweisen will, dass das normale Leben in die Hauptstadt zurückgekehrt ist, funktionieren die öffentlichen Versorgungsbetriebe hier eher als in den anderen Städten. Aber wie man in den jetzt wieder unzensierten Nachrichtensendungen verfolgen kann, werden auch alle anderen Landesteile wieder mit Lebensmitteln versorgt.
    »Gestern haben sie in den Nachrichten gesagt, dass die ersten Pipelines wieder sauber sind«, erzählt ein Mann hinter Gerard seinen Kindern. »Der Präsident hat die gesamte strategische Ölreserve freigegeben. Und so einer nennt sich Präsident! Was für ein Arschloch. Der wird bestimmt nicht wiedergewählt.«
    Die Rückkehr zur Normalität ist am besten daran zu erkennen, dass die Leute wieder über Politiker schimpfen, denkt Gerard wehmütig. Aber die Stadt liegt in Schutt und Asche. Der Wiederaufbau wird Jahre dauern. Viele Bundesgebäude sind ausgebrannt, zahlreiche Flüchtlinge brauchen eine Unterkunft, Läden und Wohnhäuser müssen wiederhergerichtet und das gesamte Transportwesen mit neuen Fahrzeugen ausgestattet werden.
    Gegen Delta-3 gibt es jetzt ein wirksames Gegenmittel. Aber die zerstörten Maschinen lassen sich nicht wieder reparieren.
    Rund um die Uhr wird Plünderern der Prozess gemacht, hat Gerard erfahren.
    Auf eigenen Wunsch wird er morgen seinen Dienst beim CDC wieder antreten, um die medizinische Versorgung landesweit zu organisieren. Er ist froh, nicht mehr zum Antiterrorismus-Team zu gehören, sondern sich wieder auf die Bekämpfung von Krankheiten konzentrieren zu können.
    »Haben die Briten und die Amerikaner wirklich bei der Verhaftung von Fitz-Barr zusammengearbeitet?«, bohrt Les weiter, eher der lästige Journalist als der gute Freund. »Meine Reporter haben gehört, dass ein amerikanisches U-Boot in Schottland gelandet ist und die Besatzung den Mann entführt hat. Dass man ihn auf hoher See vor ein Erschießungskommando aus CIA-Leuten gestellt hat, ein Bluff, und dass der Typ sich vor Angst in die Hose gemacht und schließlich alles ausgeplaudert hat: die Formel für das Gegenmittel, die Verstecke für das Zeug, die Namen der Mitverschwörer, Angeblich haben sich der Präsident und der Premierminister erst hinterher die Kooperationsgeschichte aus den Fingern gesaugt.«
    »Ich war nicht dabei, als die Entscheidungen getroffen wurden«, lügt Gerard.
    Die Temperaturen liegen bei achtzehn Grad unter null, aber das scheint niemanden zu stören. Liebevoll betrachtet Gerard seine Kinder. Wenn einschneidende Ereignisse das Bewusstsein einer Generation prägen – wie Pearl Harbor oder der 11. September –, dann hat Delta-3 das Bewusstsein seiner Kinder verändert, und sie betrachten die vorbeifahrenden Lastwagen mit einer neuen Sensibilität. Natürlich freuen sie sich riesig über die Lebensmittel, aber Gerard fällt auf, dass ihre Begeisterung nachlässt angesichts der Abgaswolken, die die Lastwagen produzieren.
    Von Marisa weiß er, dass Lehrer in den Schulen, die ihre Tore wieder geöffnet haben, schon jetzt Unterrichtseinheiten vorbereiten, in denen die Möglichkeiten alternativer Energieformen – Solar-, Nuklear-, Wasser-, Windenergie – erarbeitet werden sollen. Gestern ist Paulo in Gerards Arbeitszimmer gekommen und hat ihm ein Buch über Energiequellen gezeigt. »Dad, wusstest du, dass das erste mit Solarenergie beheizte Haus schon 1948 gebaut wurde? Das war vor sechzig Jahren! Wieso hat sich danach niemand mehr mit Solarenergie beschäftigt?«
    »Vielleicht wirst du mir das eines Tages erklären«, antwortete Gerard.
    Les rückt ihm immer dichter auf die Pelle. »Greg, du warst doch beim
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