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Black Monday

Black Monday

Titel: Black Monday
Autoren: R. Scott Reiss
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Young entspannt sich. Gerard hat das Falsche gesagt. Der Laptop in der Wohnung war nur ein Ablenkungsmanöver. Der Typ hat von Anfang an überall falsche Fährten gelegt.
    Dann, so plötzlich wie ein Geschoss, kommt ihm ein Gedanke.
    »Die DNA«, sagt Gerard, als er sich an die Beweismittel erinnert.
    Der Mann hält inne.
    »Wir wissen, wer er ist, und wir wissen, wer Sie sind.«
    Die Pistole ist nicht mehr zu spüren. Der Mann muss also in irgendeiner Datei erfasst sein.
    Als Young schwer ausatmet, wird Gerard klar, dass er verwundet ist.
    Ich muss ihn dazu bringen, wegzusehen.
    Der Mann schaut Gerard direkt in die Augen, wartet auf mehr. Andeutungen reichen nicht. Gerard greift zur sichersten List. »Wir haben alle Datenbanken überprüft und –«
    Wieder daneben. Datenbanken war das falsche Wort.
    Hastig fügt er hinzu: »In Großbritannien …«
    Der Mann erstarrt. Seine Augen wirken mit einem Mal traurig.
    »Ja«, sagt Gerard. »Dort.« Und Young weicht zurück, nur ein paar Zentimeter. Gerard muss ihn noch weiter ablenken, wenn er eine Chance haben will, an die Schublade zu gelangen.
    Der Mann verzieht das Gesicht und verlagert das Gewicht auf das rechte Bein, die Verletzung muss also auf der linken Seite sein.
    »Ah«, macht Young. Dieses fast lautlose Ausatmen, diese Pause ist wie ein kleiner Einschnitt. Ein Schnitt in die Haut, eine Gelegenheit für Bakterien, einzudringen. Denn eine Mikrobe braucht nur eine winzige, für das menschliche Auge unsichtbare Öffnung, um Verwüstung anzurichten. Gerard muss zur Mikrobe werden und sich die Wunde zunutze machen.
    Plötzlich, ganz leise und unerwartet, fängt der Mann an, etwas zu rezitieren. Seine Stimme klingt kratzig in der Dunkelheit, beinahe traurig. Gerard sieht Schweiß auf seiner Stirn. Ist er der Enthüllung oder den Schmerzen geschuldet?
    »Weil ich euch liebte«, flüstert der Mann.
    Gerard denkt: Was zum Teufel …
    »Habe ich diese Männer um mich geschart …«
    Es ist ein Gedicht. Vielleicht aus dem Buch?
    »… das würdige Haus mit den sieben Säulen«, sagt der Eindringling und beendet das Zitat. »Sie wissen es also.«
    »Ja.«
    »Er war ein großartiger Mann.«
    »Genau das ist es eigentlich, was wir nicht verstehen«, sagt Gerard. »Also, ich meine, wir verstehen schon, dass Sie ihn für großartig halten, aber ich bitte Sie. Ein Krimineller? Ein Pädophiler? Ein Mann, der Jahre in den schlimmsten Gefängnissen verbracht hat? Der soll großartig sein?«
    Schweigen. Dann zischt der Mann: »Wovon reden Sie?«
    »Hören Sie, ich will Sie wirklich nicht ärgern, aber ich bin neugierig. Wir konnten uns das einfach nicht erklären. Wie kann man so stolz auf jemanden sein, der so pervers war, dass er …«
    »T. E. Lawrence war ein Held!«, faucht der Mann.
    »Oh? Ach so. Jetzt begreife ich. Sie glauben also, Sie wären mit ihm verwandt? Selbstverständlich. Jetzt wird mir alles klar.«
    Wieder spürt Gerard den Pistolenlauf an seiner Schläfe. Die Hand des Mannes zittert. Vor Schmerz oder vor Schreck? Im Mondlicht sieht Gerard Wut, aber auch Panik in Youngs Gesicht, jetzt weiß er, dass er ihn ins Mark getroffen hat. Er hat den schwachen Punkt entdeckt. Jetzt muss er seinen ganzen Willen in das legen, was er als Nächstes sagen wird. Er erinnert sich plötzlich wieder daran, wie er als Jugendlicher feindlichen Bandenmitgliedern gegenüber ein falsches Gesicht aufgesetzt hat, wie er sich als junger CDC-Arzt durch Straßenblockaden geschwindelt hat, um zu Seuchenopfern zu gelangen, wie er sich seinen Kindern gegenüber zuversichtlich gegeben hat, während er in Wirklichkeit Angst hatte, wie er es mit List und Tücke geschafft hat, sich gegen alle Widerstände bis nach Nevada durchzuschlagen.
    »Tut mir leid«, sagt Gerard. »Aber wer auch immer behauptet hat, dass Sie mit Lawrence von Arabien verwandt sind, hat Ihnen auch nicht im Entferntesten die Wahrheit gesagt.«
    »James Fitz-Barr würde mich niemals belügen!«
    »Loyalität«, sagt Gerard kühn, in Anspielung auf die Widmung in dem Buch. »Besonderer Freund. Hat Fitz-Barr Ihnen das Buch geschenkt?«
    In der Dunkelheit sieht Bartholomew Young aus wie ein bleicher Holzklotz.
    »Ist er der Mann in England?«, bohrt Gerard begierig weiter.
    Aber es funktioniert nicht. Gerard hat einen Fehler begangen, das erkennt er sofort daran, wie Youngs Gesichtsausdruck sich plötzlich ändert. Jetzt ist er wieder der Profikiller.
    »England? Sagten Sie England?«, erwidert der Mann. Und dann lächelt er. Es
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