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Black Monday

Black Monday

Titel: Black Monday
Autoren: R. Scott Reiss
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eingetroffen. Eigentlich viel Zeit für einen Auftrag. Bisher ist es ihm jedoch nicht gelungen, Robert Grady ausfindig zu machen. Er war weder zu Hause noch in der Uni. Sein Anrufbeantworter ist schon so voll, dass er keine neuen Nachrichten mehr speichert. Weiß er, dass Lewis hier ist? Wer zum Teufel ist er überhaupt? Ein Anruf bei der Freundin, der gegenüber sich Lewis als Verwaltungsangestellter der Uni ausgegeben hatte, war ebenfalls ergebnislos gewesen. Sie hatte behauptet, ihn schon seit einer Woche nicht mehr gesehen zu haben.
    »Der Typ ist ein hirnloser Spieler, der kann mir gestohlen bleiben«, hatte sie gefaucht. »Der hat sich doch bloß an der verdammten Uni eingeschrieben, um sich in den Kasinos rumtreiben zu können. Wenn er verschwindet, kann das nur heißen, dass er Geld gewonnen hat. Und er wird so lange spielen, bis er es wieder los ist.«
    Vor einer Stunde schließlich hat Lewis zum vierten Mal die Kasinos abgeklappert, die der junge Mann regelmäßig aufsucht, und erfahren, dass Grady für heute Nacht in diesem Hotel ein Zimmer gebucht hat. Daraufhin hat Lewis sich ebenfalls ein Zimmer genommen. Laut Akte quartiert sich Grady immer im elften Stock des Century Tower ein, weil er glaubt, dass ihm der Turm Glück bringt. Also hat Lewis ebenfalls ein Turmzimmer geordert, um an die Schlüsselkarte für die nach oben führenden Aufzüge zu gelangen.
    Lewis sieht auf die Uhr, unterbricht das Spiel am Automaten und ruft vom Haustelefon aus die Hotelzentrale an.
    »Mr Grady hat soeben telefonisch Bescheid gegeben, dass er heute später kommt«, erklärt ihm eine Frau.
    »Wie viel später?«
    »Das hat er nicht gesagt.«
    »Haben Sie mit ihm gesprochen?«
    »Ich kann Ihnen nur das sagen, was ich auf dem Bildschirm sehe«, erwidert die Frau gekränkt.
    Lewis schluckt seinen Unmut herunter, lässt die Schultern wieder hängen, um keinen Verdacht zu erregen, und schlendert zurück zu seinem Spiel. Am Automaten neben ihm sitzt jetzt eine weißhaarige alte Dame in einem Rollstuhl. Sie balanciert einen Plastikbecher mit Vierteldollarstücken auf ihrem knochigen Schoß.
    Sie lächelt ihn an. »Wie aufregend es hier ist!«
    Er gibt ihr keine Antwort. So kann sie sich später weniger deutlich an ihn erinnern. Er muss an seinen letzten Besuch bei seinem Mentor denken, im August, und fühlt sich zurückversetzt an jenen ruhigen, schönen Ort. Sie hatten Orangensaft in einem angenehm kühlen grünen Garten getrunken. Der riesige Rasen war umgeben von in Nebel gehüllten Eichen. Das Rauschen des nahe gelegenen Meeres vermischte sich mit den Schreien kreisender Seeschwalben, während der Mentor und sein Adlatus auf neunhundert Jahre alten Steinbänken saßen. Alles um sie herum, der private Wald, die grün bewachsenen Berge und das weitläufige Haus jenseits des Skulpturengartens, war solide, freundlich und alt.
    »Robert Grady ist einer von mehreren Leuten, denen du hoffentlich in Amerika einen Besuch abstatten wirst«, hatte Lewis' Mentor gesagt und den Auftrag wie üblich als Bitte formuliert.
    Lewis' Gedanken kehren zurück zu seinem letzten Mord, drei Wochen nach dem Gespräch. Er war nach Washington geflogen, hatte ein Auto gekauft und war über die Interstate 95 und den Taconic Parkway durch die Hügel von Berkshire nach Massachusetts in das Städtchen Becket gefahren. Dort hatte er das einzeln an einer unbefestigten Straße gelegene Haus eines neunundfünfzigjährigen Kajakbauers ausfindig gemacht und durch eine nicht verschlossene Tür betreten. Dort rechnete offenbar niemand mit Einbrechern. Als der Mann an einem Freitagabend von dem Jacob's Pillow Dance Festival nach Hause kam, wo er sich eine Steptanzshow von Savion Glover angesehen hatte, lauerte Lewis ihm auf und erstach ihn. Bei dem Auftrag trug er Latexhandschuhe und führte seine Tat mit der linken Hand aus, um die forensischen Experten in Bezug auf den Einstichwinkel in die Irre zu führen.
    Lewis ist eigentlich Rechtshänder, außer wenn er einen Auftrag erledigt.
    Nach dem Mord durchforstete er den Medizinschrank nach Tabletten, entwendete das Bargeld aus der Brieftasche des Mannes und ließ einen Teil des alten Silberbestecks mitgehen. Anschließend versenkte er seine Beute in einem tiefen, grünen Baggersee.
    »MORDMOTIV RAUB«, titelte die örtliche Tageszeitung Berkshire Eagle.
    Wie sein Mentor sagte: »Täuschung bedeutet Erfolg. Desinformation ist Täuschung. Du musst immer dafür sorgen, dass die Amerikaner jemand anderem die Schuld für
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