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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti
Autoren: Paul Grote
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Pause, schwenkte das Gewehr von einem zum anderen. Er genoss die Angst, die er in allen Gesichtern sah.
    «Umwälzungen haben immer Opfer gefordert, Gewalt war immer der Geburtshelfer der Geschichte. Kehr du ruhig zu deinen Weinfässern zurück, Antonia, ich lasse dich weiter in deiner Sandkiste spielen – ich aber schaffe den Welt-Konzern für edle Weine. Du wirst es erleben. Die Sache ist längst nicht vorbei, wir Florentiner setzen uns immer durch. Und du, du dämlicher Paparazzo», Vanzetti zielte wieder auf Frank, «du meinst, du spazierst einfach hier rein und kannst mal eben meine Ehe zerstören? Du glaubst, du kannst ungestraft meine Familie beleidigen – mit deinen lächerlichen Dokumenten? Diesen Unsinn glaubt doch keiner ... den Quatsch zerreißt jeder Anwalt in der Luft.»
    «Es ist wahr, Massimo», kam es leise von der Haushälterin. «Du bist mein ...»
    «Halt den Mund!», schrie er, außer sich vor Zorn. «Kein Wort mehr davon. Raus! Alle beide! Aber dieser miese kleine Paparazzo, der bleibt. Ich hätte nicht übel Lust, dich als kleine Jagdtrophäe an die Wand zu nageln. Glaubst du etwa, ich lasse dich laufen, Frank Gatow? Ja, ich kenne deinen Namen. Manchmal gibt es kleine Leute wie dich, die kommen durch einen Zufall nach oben, dann sehen sie das hier», Vanzetti machte eine ausholende Geste, «sehen unseren Wohlstand und drehen durch, werden größenwahnsinnig. Aber mit denen werden wir ganz schnell fertig.»
    «So wie mit Niccolò Palermo und seinem Sohn?», warf Frank ein. Sofort bereute er, die Toten erwähnt zu haben. Moralische Maßstäbe hatten im Leben des Massimo Vanzetti keine Bedeutung. Jeder, der die Macht dazu hat, Unrecht zu tun, der tut es – hatte irgendein kluger Philosoph einmal gesagt. An Vanzettis Macht gab es in diesem Moment keinen Zweifel, er hielt das Gewehr in der Hand.
    «Weshalb wehrt sich auch dieser Dummkopf von Palermo? Man hat ihm genug Geld für sein Weingut und die Reblagen geboten. Es war ein Unfall, eine Verkettung unglücklicher Umstände.» Vanzetti ging auf Frank zu und sagte so leise, dass nur er es hören konnte: «Sie hätten dich an dem Nachmittag gleich abknallen sollen. Dann müsste ich mir nicht die Hände schmutzig machen.» Vanzetti grinste widerlich, Frank empfand mehr Ekel als Angst und starrte auf die Speichelbläschen in Vanzettis Mundwinkeln, die sich beim Sprechen bildeten. «Du bist bei uns eingebrochen, Paparazzo, ich handle eindeutig in Notwehr.»
    «Massimo, im Namen der Mutter Gottes, tu es nicht», flehte seine Mutter und hängte sich an seinen Arm, aber er schüttelte sie ab wie ein lästiges Insekt und wandte sich wieder Frank zu. Er schien es auszukosten, ihn vor der Flinte zu haben.
    «Du meinst, dass du ungestraft die Winzer gegen mich aufhetzen kannst? Du störst meine Kreise, internationale Geschäfte, unsere Investitionen? Es geht hier um Größenordnungen, die liegen weit jenseits deiner Vorstellungskraft. Weißt du, um wie viele Arbeitsplätze es geht? Glaubst du, wir lassen es uns gefallen, dass du unsere Welt zerstörst? Unsere Ahnen haben hier bereits Wein angebaut, da habt ihr Germanen noch auf den Bäumen gesessen und euch am Arsch gekratzt.»
    «Sie zerstören doch selbst Ihre Welt, Vanzetti...»
    Der Angesprochene hob das Gewehr, hielt es dicht vor Franks Gesicht. «Nein, ragazzo , so einfach ist das nicht. Nur du bist das Problem. Meinst du etwa, du reist einfach wieder ab und hinterlässt hier einen Scherbenhaufen?»
    Vanzetti musste aufstoßen und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. «Und was das Schlimmste ist, du beschmutzt das Andenken meines Vaters und das meiner Mutter mit deinen ekelhaften Behauptungen», er warf einen verächtlichen Seitenblick auf die Haushälterin, der die Tränen übers Gesicht liefen, «... die Frau da meine ich nicht...»
    Frank wusste, er musste Vanzetti provozieren, dabei Ruhe bewahren und auf den richtigen Moment warten, um ihn zu überwältigen. «War er zu geizig, dein Vater, Geld für ’ne Nutte auszugeben, dass es das Zimmermädchen sein musste? Aber Bastarde gibt es bekanntlich in allen noblen Familien, nicht erst seit Shakespeare, non è vero?»
    Massimo Vanzetti wurde puterrot, er hob die Waffe und zielte auf die Kamera, die Frank vor der Brust baumelte. «Ich hasse dich nicht einmal, kleiner Paparazzo, nein. Du bist mir völlig egal. Für einen Prozess gegen mich muss sich erst einmal ein Staatsanwalt finden. Den kaufe ich mir, die Richter auch und die Anwälte der
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