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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti
Autoren: Paul Grote
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nächste und verlor zusehends die Fassung.
    «Deine Haushälterin war früher das Hausmädchen seiner Eltern – und die Geliebte seines Vaters. Massimo ist ihr Sohn», sagte Frank zu Antonia. «Anzunehmen, dass er sich deshalb von Menschen mit einfacher Herkunft gleichzeitig abgestoßen und angezogen fühlt – und deshalb hasst er sie. Sie werden damals die Frau im Haus behalten haben, um einen Skandal zu vermeiden, und haben dann das Kind als legitim ausgegeben, nicht wahr, Signor Gorelli? So müssten Sie eigentlich heißen, wie Ihre Mutter, denn sie wurden nie adoptiert.»
    Vanzetti wich alle Farbe aus dem Gesicht, und er stürmte wutentbrannt an Frank und Antonia vorbei, stieß die Glastür so heftig auf, dass sie gegen die Wand knallte und die Scheiben zu Bruch gingen, dann rannte er die Treppe hinauf in den ersten Stock. Oben schrie und tobte er, zwischen seinen Worten war die leise Stimme der Haushälterin zu hören, dann brüllte Vanzetti wieder. Was er sagte, war unten nicht zu verstehen.
    « Madonna , so habe ich ihn noch nie gesehen.» Antonia schüttelte Frank am Arm. «Lass uns verschwinden, schnell...» Sie versuchte, ihn von der Loggia ziehen. «Du kennst ihn nicht, Franco! Der ist zu allem fähig, wenn er wütend wird. Ich weiß, wie er ist. Bitte, komm, ich flehe dich an ...!»
    Wäre Massimo Vanzetti mit einem Messer auf Frank losgegangen, er hätte eine Chance für sich gesehen. Aber Antonias Ehemann trat mit einem Gewehr in den Händen aus dem dunklen Flur und zielte auf ihn.
    Damit war die Situation total verändert, die Waffe schuf klare Verhältnisse. Frank wich zurück und dachte daran, wie Stefano sich gefühlt haben mochte, als er in die Mündung der Pistole geblickt hatte.
    «Massimo, sei vernünftig, leg das Gewehr weg ...» Seine Mutter war ihm nachgelaufen und stand händeringend hinter ihm. Auch Antonia ging auf ihn zu.
    Vanzetti hob das Gewehr: «Bleibt, wo ihr seid. Dich will ich gar nicht, Antonia, dich hatte ich bereits.» Seine Stimme klang ruhig, überlegt und damit lebensgefährlich. «Ich will ihn, den Paparazzo. Meine Familie wird von ihm nicht in den Dreck gezerrt. Mein Vater war ein ehrenwerter Mann, er hat meine Mutter geliebt. Er war ein wunderbarer Vater, ein großartiger Mensch, intelligent und gütig, ich bin stolz auf ihn, er war immer für seine Familie da ...»
    «... und für all die vielen hübschen Frauen, von denen damals die Rede war», unterbrach Antonia und winkte verächtlich ab. «Deshalb ist seine Frau ihr halbes Leben lang krank gewesen. Sie haben sie in einem Sanatorium versteckt. Das habe ich leider erst erfahren, nachdem ich hier allein gelebt habe. Und deshalb ist auch Signora Gorelli so verbittert. Weil sie nur eine von vielen war und weil sie sich schämt. Massimo, sie war gerade fünfzehn, als dein ehrenwerter Vater sie geschwängert hat.»
    «Das hat sie aber nicht davon abgehalten, mir zehn Jahre lang brühwarm zu berichten, was hier im Haus geschah. Ich wusste alles, aber das ist kein Grund, meinen Vater schlecht zu machen. Er war ein überaus erfolgreicher Mann ...»
    Antonia schnitt ihm das Wort ab: «Und wie ist er zu seinem Geld gekommen? Darüber kursieren ganz andere Geschichten. Wucherzinsen und Erpressung, Bauern hat er ihr Hab und Gut für ein Butterbrot abgekauft, Firmen in den Ruin getrieben – und sie dann übernommen ...»
    «Nichts davon wird an die Öffentlichkeit dringen, die Medien werden schweigen, ich habe ausgezeichnete Kontakte...» Vanzetti sagte es mit solcher Entschiedenheit, dass kein Zweifel daran aufkam, wie sicher er sich dessen war. «Aber was sollen meine Kinder von mir denken?» Er richtete den Lauf des Gewehrs auf Franks Kopf.
    «Was sie über Ihre schmutzigen Machenschaften gegenüber den Winzern denken, ist Ihnen wohl egal?»
    «Das sind Geschäfte. Sie wissen ja gar nicht, was es bedeutet, Geschäfte zu machen. Es ist ein wunderbares Gefühl, eine ungeheure Befriedigung. Alle Sinne sind gespannt, man ist überschwemmt von Reizen. Kokain hat mir nie zugesagt, das Zeug bringt einen nur durcheinander. Geschäfte sind besser, viel besser: sich was ausdenken, andere davon überzeugen, sie alles aufbauen lassen, die Dinge nach eigenem Willen zusammensetzen, kreativ sein, Leute bewegen – alles so, wie ich es will. Ihr wisst nicht, wie dumm ihr seid, was ihr alles glaubt, wenn man euch nur etwas verspricht. Wie die Esel, die der Karotte hinterherlaufen, die man vor ihrem Maul schwenkt. Und ...» Vanzetti machte eine
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