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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti
Autoren: Paul Grote
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...»
    «Hier, die Unterlagen, die Sie haben wollten», Pandolfini hielt Frank einen großen Umschlag hin. «Die Transaktionen liefen über Maklerbüros, die eigens für den Kauf der Weingüter gegründet wurden. Die Kosten waren zwar hoch, aber so ließ sich das Vorhaben geheim halten ...»
    Frank trat nervös von einem Bein aufs andere: «Weiß ich alles, und weiter ...?»
    «... letztlich liefen die Fäden bei der VINinVEST zusammen. Die Firma wird von einer anderen Gesellschaft kontrolliert, von MV-Leasing...»
    «... das ist Massimo Vanzettis Firma ...»
    «... ja, aber es stecken noch andere Geldgeber drin, einige kenne ich bereits, nach anderen suche ich noch, Geldwäsche ist ein kompliziertes Thema. Carla Tuccanese verwaltete alles über ihre Firma und schickte ihre Makler los. Wenn ein Weingut gekauft worden war, wurde die Käuferfirma sofort aufgelöst, liquidiert, und das Grundstück ging an den neuen Besitzer. Der verkaufte das Weingut und so weiter, teilweise über drei Stufen. Diese Dokumente können in einem Prozess wichtig sein ... und Massimo Vanzetti...»
    «Buonissimo, ich muss los, bis später!»
    «Un momento, Signor Gatow!» Der Anwalt packte Frank am Ärmel. «In dem Umschlag sind andere Dokumente, ich bin zufällig darauf gestoßen, sie könnten Ihnen sehr nützen.»
    «Wobei?»
    «Bei Massimo Vanzetti... Sie müssen das lesen!»
    «Danke, da will ich gerade hin.»
    «Lesen Sie es vorher, es ist wichtig ...», rief ihm Pandolfini nach, als Frank die Treppe zur Tiefgarage hinunterrannte. Dort stand Scudieres Wagen. Vor Aufregung würgte er den Motor ab, beim zweiten Mal klappte es, und er jagte die Auffahrt hoch – glücklicherweise ging gerade niemand draußen auf dem Bürgersteig vorbei.
    Nach zehn Minuten war er auf der Autobahn in Richtung Rom, nach weiteren fünfzehn Minuten hatte er die Ausfahrt Valdarno erreicht und die Berge des Chianti Classico im Osten umfahren. Er raste durch Montevarchi und benötigte für die Serpentinenstrecke nach Gaiole noch mal fünfundzwanzig Minuten. Geschwindigkeitsbegrenzungen interessierten Frank nicht, er hoffte nur, dass alle Polizisten jetzt zu Hause bei Pasta und Rotwein saßen.
    Gut möglich, dass Vanzetti bereits über die Vorfälle in Solcaris Weinkeller informiert war. Wenn der korrupte Commissario Sassarella vom Einsatz im Hotel wusste, hatte er Vanzetti längst gewarnt. Bei den geschäftlichen Verbindungen Massimo Vanzettis wurde er sicher von höchster Stelle aus informiert und konnte abhauen. Jemandem wie ihm standen mindestens hundert Fluchtwege offen, von den Emiraten bis nach Neuseeland, und die nötigen Mittel, vom Privatjet bis zur Motoryacht. Bei seiner kriminellen Energie und seinem Geld war es ein Leichtes, sich mit dem Segen der Behörden einen neuen Pass zu besorgen, und Leute seines Kalibers nahmen die Zielfahnder erst fest, wenn Verjährungsfristen ins Spiel kamen und keiner der früheren «Geschäftsfreunde» durch Aussagen mehr gefährdet war. Hoffentlich konnte er ihn trotzdem überraschen. Es musste einfach klappen. Doch Franks größte Sorge war, dass Vanzetti Antonia etwas antun könnte. Er liebte diese Frau – aber ließ sich das nach so wenigen Tagen überhaupt sagen?
    Als er schweißgebadet auf dem Parkplatz vor der Tenuta Vanzetti zum Halten kam, standen dort Antonias Wagen und der protzige Porsche-Geländewagen, den er unten im Wald gesehen hatte. Also war Vanzetti da – hoffentlich nicht auch sein Fahrer, der ihn zu dem Treffen mit Strozzi begleitet und die Friedfertigkeit eines Pitbulls ausgestrahlt hatte. Im Obergeschoss des Hauses war alles dunkel, unten brannte Licht, in der Kellerei wurde gearbeitet – wo war Antonia? Verdammt, wo war sie? Hier oder bei ihren Weinfässern?
    Frank fürchtete sich vor dem, was jetzt auf ihn zukam, viel mehr als im Keller des Grafen, und seine Gedanken überschlugen sich. Was wusste Vanzetti? Hatte Strozzi ihn informiert, dass und wo er sich mit Scudiere treffen wollte? Möglich, dass er es verheimlicht hatte; die Spannung zwischen den beiden gestern im Wald, die latenten Vorwürfe waren kaum zu überhören gewesen. Dass der zweite Prediger aus dem Verkehr gezogen war, konnte er unmöglich wissen, nein, auf keinen Fall. Demnach ... Vanzetti musste ihn für tot halten. War das seine Chance? Konnte er das für sich ausnutzen? Wohl kaum, denn diese Sorte Männer ließ sich durch nichts aus dem Konzept bringen. Wäre es anders gewesen, hätte Vanzetti es niemals so weit gebracht. Der
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