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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti
Autoren: Paul Grote
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berichtet, aber die Mitgefangenen schikanierten ihn bei jeder Gelegenheit. Er sollte dünn wie ein Strich geworden sein, denn ihm bekam die Gefängniskost offenbar nicht, in der auch immer mal wieder Kakerlaken herumkrabbelten. Ob seine Mithäftlinge da wohl nachgeholfen hatten ...? Es war ihm nicht gelungen, Haftverschonung durchzusetzen, dazu waren die Beschuldigungen zu schwer: Anstiftung zum Mord, Beihilfe, Betrug, Urkundenfälschung, Bestechung, Amtsmissbrauch – und dabei hatten die Ermittlungen erst begonnen. Commissario Sassarella, sein Informant bei der Polizei, sollte sich nach Kroatien abgesetzt haben.
    «Dieser Consultore, dieser Stefano», sagte Christine ohne Überleitung, «den würde ich gern mal kennen lernen. Sei mal ehrlich, wart ihr eigentlich befreundet?»
    Frank stutzte. «Wie kommst du darauf?»
    «Du sagst nie etwas Schlechtes über ihn, dabei hat er dich ans Messer geliefert.»
    Stefano Scudiere – das war eine ungeklärte Frage, nicht nur für Frank, sondern für alle. Im Grunde war sein Verhalten unverzeihlich, kriminell, und trotzdem hielt ihn niemand für einen Verbrecher. Wenn die Ermittlungen abgeschlossen waren, in etwa einem Jahr, würde man ihn vielleicht gegen Kaution und mit hohen Auflagen aus der U-Haft entlassen.
    «Nein, ein Freund war er nicht.» Frank blieb stehen. «Er hätte es werden können. Er hat mit uns ein Feuer gelöscht, das seine eigenen Kumpane gelegt haben. Er hat mir den Anwalt besorgt, der mich vor den korrupten Polizisten geschützt hat, die Firmenverflechtung aufdeckte und Vanzettis Familienverhältnisse klärte, dazu Strozzis gefälschte Gutachten. Ich habe von Stefano gelernt, und er hat mich gewarnt.»
    «Wieso hat er gegen sich selbst gearbeitet?»
    «Was weiß ich? Vielleicht, weil er unbewusst die Nase voll hatte, weil es vielleicht der einzige Weg war, sich zu befreien.» Frank betrachtete das Weingut und genoss den Anblick der Weinberge. «Man macht häufig Dinge im Leben, bei denen man sich später fragt, was das eigentlich sollte.»
    Christine sah ihren Vater an. «Du siehst aus, als würdest du gerne hier bleiben – Franco Gatto.»
    Unsicher erwiderte ihr Vater ihren Blick. «Sieht man mir das an? Schon möglich. Ich könnte für die Winzer arbeiten, Aufnahmen für ihre Prospekte machen, mich auf Weinfotografie spezialisieren.»
    «Aber Antonia hat doch ein tolles Weingut, ich glaube, die ist jetzt stinkreich. Da kannst du ...»
    «Was ist denn in dich gefahren?», brauste Frank auf. «Soll ich meinen Beruf aufgeben und den Hausmann spielen, mich aushalten lassen?» Frank hob erbost die Arme, als wollte er etwas abwehren.
    «Ruhig, Papa, ruhig, Vorsicht mit der Wunde. Du liebst Antonia doch, oder?»
    «Was hat das denn damit zu tun? Wir beide machen erst einmal unsere Arbeit zu Ende, dann fahren wir nach Hamburg, dann gebe ich, äh, geben wir die Bilder ab, und dann sehen wir weiter. Allerdings ...», Frank zögerte, «... eine Zeitung in Florenz hat mir das Angebot gemacht, als Fotoreporter für sie zu arbeiten. Meine Bilder von Strozzi auf der Dachterrasse und von Vanzetti haben ihnen gefallen, besonders das mit Antonia, auf dem er den Arm hebt... und dann der Prediger, vor dem Café Gitti, das aus der Hüfte ...»
    «Stimmt, das war echt cool...»
    Das Tor des Weinguts öffnete sich, und der alte Kellermeister, den Frank aus der Bar in Castellina kannte, kam ihnen entgegen. Frank hörte Hundegebell, ein großer, rotbrauner Setter drängte sich an dem Alten vorbei, rannte schwanzwedelnd auf ihn zu und sprang freudig an ihm hoch.
    «Was willst du noch?», sagte Christine und sah ihren Vater das Tier streicheln, «du hast eine neue Frau, jetzt auch einen Hund, da fehlt nur noch ...»
    «... was sind denn das für Töne?», unterbrach Frank sie und stemmte den gesunden Arm in die Hüfte. «Seit wann redest du solchen Unsinn ...?»

Danksagung
    So wie es nicht nur auf den Winzer allein ankommt, damit ein großer Wein entsteht, so ist dieser Roman auch mit der Hilfe vieler gastfreundlicher Menschen zustande gekommen. Mein besonderer Dank gilt Silvia Fiorentini vom Consorzio del Marco Storico Chianti Classico, die mir bei den Recherchen in der Toskana half.
    Zu den Winzern, die mir den Chianti Classico in allen seinen wunderbaren Varianten nahe gebracht haben, gehören: Sebastiano Castiglioni von Querciabella; Baron Giovanni Ricasoli-Firidolfi vom Castello di Cacchiano; Peter Femfert von der Fattoria Nittardi; Mario Schwenn von Dievole; Baron
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