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Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti
Autoren: Paul Grote
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Gegenseite dazu. Ich bezahle sie besser, weißt du, sie werden im Verfahren Fehler machen, Formfehler, Verfahrensfehler, ganz so, wie ich das will, und das werden dann meine Anwälte ausnutzen. Habe ich bislang nicht immer gewonnen? Antonia kann dir das bestätigen, nicht wahr, meine Liebe?» Er lächelte Antonia voller Heimtücke an, die sich kaum merklich hinter ihn schob.
    Vanzettis Stimme wurde wieder leiser, er flüsterte beinahe. «Es stört mich auch nicht, du Papagallo, dass du mit meiner Frau fickst. Nimm sie dir, ich habe das hinter mir, damals war sie noch schön, aber im Bett war sie immer langweilig, wie Bauernmädchen eben so sind. Weißt du, was ich an dir nicht mag? Deine Kamera. Du hast uns alle fotografiert, Stefano, die liebe Carla, unseren allseits geschätzten Deputato, unsere Freunde aus San Francisco – und eben hast du sogar ein Foto von mir gemacht – das hat bislang noch keiner aus deiner Zunft gewagt...»
    Frank drückte auf den Auslöser, um Vanzetti mit dem Blitz zu blenden und sich dann auf ihn zu stürzen. Aber in die blendende Helligkeit mischte sich im selben Moment ein gewaltiges Donnern. Frank spürte einen fürchterlichen Schlag vor die Brust, wurde nach hinten geschleudert, und Feuer raste durch seinen Arm, als wäre er abgerissen.
    Er lag auf dem Boden, bekam fast keine Luft und drehte mühsam den Kopf nach links. Er konnte in seinen Oberarm hineinsehen, die Wunde klaffte weit und füllte sich mit Blut, mit pulsierendem, glänzendem Blut, Todesangst ergriff ihn. Aber sein Wille zu überleben war größer. Instinktiv umklammerte er den Oberarm, da war doch diese Stelle unterhalb der Achselhöhle, wo man das Blut abdrücken konnte. Und er drückte ...
    Aus dem Augenwinkel sah er noch, dass Antonia mit dem Kerzenleuchter in der Hand hinter ihrem Mann stand, der langsam in die Knie sackte und lautlos vornüber fiel.
    «Hilf mir, Antonia», sagte Frank mit ersterbender Stimme, «bitte, mir ist... schwindlig ... ich kann ... nicht...»

Epilog
    Donnerstag, 20. Oktober
    «Wie viele Weingüter haben wir noch?», fragte Christine.
    Frank blickte auf den zerknitterten Arbeitsplan: «Zwei, dann sind wir fertig!»
    «Schade, ich könnte die ganze Woche so weitermachen.» Christine blickte amüsiert zur Seite, wo ihr Vater wütend versuchte, mit einer Hand die Karte auf seinem Schoß zusammenzufalten, dann sah sie wieder auf die Landstraße. Sie fuhr langsam, ihr fehlte die Übung. «Wirklich nur noch zwei?»
    «Ja, wir sind fast durch», murmelte Frank und kämpfte weiter mit dem widerspenstigen Plan. Er schaffte es nicht, ihm stand momentan nur eine Hand zur Verfügung, der linke Arm war geschient und wie bei einem Schlüsselbeinbruch quer vor der Brust ruhiggestellt. Die Kamera hatte Vanzettis Kugel abgelenkt, sie war außen an den Rippen vorbeigeschrammt und hatte die Schlagader im Arm aufgerissen. Die beiden Operationen und der extrem hohe Blutverlust hatten Frank sehr geschwächt, er wäre um ein Haar gestorben. Außerdem hatte , ihn der Aufenthalt im Krankenhaus zeitlich zurückgeworfen. Er hatte nicht einmal Christine vom Bahnhof abholen können, das hatte Antonia ihm abnehmen müssen. Er hatte sich vor dem ersten Treffen der beiden gefürchtet, aber sie verstanden sich auf Anhieb ausnehmend gut. Christine verzichtete auf jedes Eifersuchtsdrama, denn sie hatte sich verliebt, zum ersten Mal im Leben, und ihren neuen Freund Olaf, einen drei Jahre älteren Studenten, gleich mitgebracht. Das war die eine Überraschung. Die andere war, dass sie heimlich den Führerschein gemacht hatte. Auf Antonia war sie nicht Franks wegen eifersüchtig, aber sie hatte ein Auge auf Olaf, denn die Arbeit im Weinberg und im Keller faszinierte ihn, und er wich Antonia kaum von der Seite.
    Letzten Freitag war Frank aus dem Krankenhaus entlassen worden, seit Montag fuhr Antonia ihn zu den Weingütern, die für den Reiseführer noch fehlten. Gemeinsam suchten sie Motive aus, Christine baute die Kameras auf und richtete das Licht ein, Frank kontrollierte nur hier und da die Blende oder den Bildausschnitt, der Rest klappte bestens. Christine machte ihre Sache ausgezeichnet. Ohne sie hätte er den Abgabetermin für die Bilder nicht einhalten können. Aber auch das war jetzt nicht mehr tragisch, denn Frau Oberländer hatte den Verlag von einem auf den anderen Tag verlassen: Man munkelte von manipulierten Reisekosten.
    «Morgen Vormittag sind wir bei der Fattoria Nittardi, mit dem Minotaurus auf den Torpfosten,
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