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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02
Autoren: Karl Bleibtreu
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Unwohlsein. Die große Hitze bei der Reise hatten ihn angegriffen.«
    »So las ich damals im Bulletin der Leibärzte und maß dem keine Bedeutung bei.«
    »Man hat es sorgfältig verheimlicht. Am 17. hier in Sanssouci trat die ... die geistige Ermüdung,« Manteuffel suchte nach dem passenden Wort, »sehr deutlich zutage. Die kühle Aufnahme bei den befreundeten Herrschern und andere Eindrücke wirkten erschütternd auf sein Gemüt, es scheint an erregten Debatten nicht gefehlt zu haben. Seither war der hohe Herr nicht mehr der gleiche, doch hatte er sich wieder erholt, heut ist ein bedenklicher Rückfall zu verzeichnen.«
    »Ich erinnere mich, am 27. Juni hier sah der König dem Exerzieren zu, ich meldete mich zum Antritt meines Urlaubes nach Kopenhagen und ritt neben ihm. Da entfielen ihm die Zügel plötzlich und ich mußte zugreifen. Auch fiel mir eine Gedächtnisschwäche auf. Doch an solche Katastrophe konnte ich nicht denken.«
    »Es ist noch lange nicht so weit. Wenn nicht neue Störungen dazukommen, wird allmähliche Wiederherstellung eintreten, sagen die Ärzte. Ich werde ihn ängstlich hüten, und bitte: reinen Mund!«

Gottlob, endlich Memel. Nanne war in Stolpmünde, nach welchem Seebad er aus der Bahn liebende Blicke warf. Und nun endlich in den russischen Wäldern!
    »Äh, äh, auf Sie warten die Biester nur!« begrüßte ihn ein kurländischer Bekannter Baron Behr. »Ein Riesenelch hat mir im Traum erzählt, er will Ihre werte Bekanntschaft machen, äh, äh!« Er konnte dies aristokratische Äh – äh so wenig los werden, wie Graf Keyserling seine griesgrämige Elegik.
    Man jagte viele Tage und pokulierte viele Nächte durch. Es kamen auch verschiedene russische Besitzer von »Seelen« und nahmen an den deutschen Belustigungen teil. Keyserling erging sich in Göttinger Erinnerungen und erkundigte sich nach Verbleib der Kommilitonen. Davon wußte Otto nur, daß Oldekopp hannoverscher Kriegsrat sei und Scharlach glücklich in Hildesheim büffele.
    »Die Welt ist schlecht!« Nach welcher Spruchweisheit der Balte in seine Langeweile versank. Das Trinkgelage nahm einen bedeutenden Umfang an, denn nach Jagen bekommt man Durst, und eine große Ladung Rüdesheimer, die sich Behr verschrieben hatte, sollte nicht lange brach liegen. Das Ende war ein Schlachtfeld, auf dem Otto steif und fest als Überlebender thronte. Das letzte, was man von den Russen vernahm, war ihr lallender Chorus: »Wir können doch was vertragen, haben den Herrn Exzellenz auch auf Wotki gefordert, aber gegen diesen Deutschen kommt keiner auf. Solch ein Saufgenie ist zwischen Archangel und Jekaterinoslaw nicht zu finden. Das ist die deutsche
    Ihre Wißbegier, wie er selber seine Leibeigenen behandele, und ob ein Muschik überhaupt ohne Knutevermahnung arbeite, hatte er ausgelacht: »Die deutschen Bauern in Südrußland haben sich losgekauft und prosperieren schon lange. Freie Bauern arbeiten immer besser als Leibeigene.«
    »Nitschewo! Und was machen die Gutsbesitzer?«
    »Die arbeiten auch.« Ein Höllengelächter belohnte diesen Witz. Und als die nordischen Bären brummend alle Viere von sich streckten, murmelten sie noch im Schlafrausch: »Die deutsche Gefahr.
    Der Recke sah über die Walstatt hin. Diese russischen Schweine! All das bißchen Belecktheit ihrer Pelze haben sie von uns, sie selber konnten nicht mal die Knute erfinden, denn die ist tatarisch ... Nur der Deutsche kann kneipen, alle anderen kennen nur Nüchternheit oder Suff. Ein Göttinger Bild stieg vor ihm auf, ein letzter unsolenner Abschiedskommers auf seiner Bude. Er sah und hörte...
    »Hier geht's ja hoch her, bin auch gern dabei!« begrüßte ein Verspäteter die ehrenfeste Leistung eines vertilgten Bierjungen mit heller Stimme.
    »Holla, ›Schweinchen‹! Du siehst verdächtig solide aus!«
    »Was hilft das schlechte Leben!« quiekte Schweinchen. »Ich sehe rosig in meine gottbegnadete Zukunft. Ein Philister gab Kredit auf meinen Alten, kaufte mir 'nen flotten Dunkelfuchs. Das schweinslederne Korpus juris stampf' ich unter die Hufe meiner Pferde, das ist das Los des Schönen auf der Erde. Zum Roßtäuscher langt's noch. Wenn alle Stricke reißen, werd' ich Bereiter.«
    Der Studiosus Wehner warf affektiert seine Stulpnase auf. »Bis wir in dein Allerheiligstes schauen!« lachte Scharlach. »Er flieht schon jetzt profanen Umgang und labbert im Café Bruns warme Milch wie ein Kater, wenn er in Hannover bei seinem alten Herrn allen Spiritus abschwört. Es steigt der
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