Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)

Titel: Ruf des Blutes 4 - Unschuldsblut (German Edition)
Autoren: Tanya Carpenter
Vom Netzwerk:
Prolog
     
    Shanghai mochte an der Oberfläche eine schillernde Metropole sein, doch unter der Erde, in ihren Abwasserkanälen, unterschied sie sich nicht vom Rest der Welt. Es war düster, kalt, muffig und nass. Warum bedeutete Untergrund eigentlich fast immer, dass man sich tatsächlich unterm Grund, nämlich in der Kanalisation, herumtrieb? Mit meinen Vampirsinnen litt ich noch ein bisschen mehr unter dem Gestank als ein Mensch. Meine Stiefel hatten sich bereits mit schmutzigem Wasser vollgesogen, überall huschten Ratten umher und die diffuse Beleuchtung trug auch nicht dazu bei, das Ganze freundlicher wirken zu lassen. Ich wollte nicht darüber nachdenken, welche Keime und Bakterien sich an jede Faser meines Körpers hefteten. Zum Glück konnte mir so was nicht viel anhaben.
    Die unsichtbaren Parasiten waren im Vergleich zu dem Monster, das mir fauchend und zischend gegenüberstand, ohnehin zu vernachlässigen.
    Geifer hing in schleimigen Fäden von etwa sechs Zentimeter langen Giftzähnen. Zwei schmale Augen glühten warnend in rot und orange in der Dunkelheit des Kanals. Ich fühlte mich in Gesellschaft der Serpenia nicht sehr wohl, einer knapp zwanzig Meter langen Dämonenschlange mit dem Körperumfang von LKW-Reifen, deren Schuppenkleid ähnlich fluoreszierte wie meine Augen. Allerdings nicht weiß, sondern eher purpur und neongrün. Franklin hatte mir bei meiner Abreise noch erklärt, dass sie umso stärker leuchteten, je wütender sie waren.
    Und ich hatte sie verärgert, das war mir klar.
    Aber der Orden konnte nicht tatenlos hinnehmen, dass sie urplötzlich jeden Kanalarbeiter, der in den Abwasserschächten von Shanghai seinem Tagwerk nachging, kurzerhand auffraß. Das war sonst gar nicht ihre Art. Ihre Beute beschränkte sich normalerweise auf Ratten, die es hier zu Genüge gab. Futtermangel konnte also nicht die Ursache für ihren Sinneswandel sein. Eine Krankheit vielleicht? Auch Wesen wie sie und ich waren nicht gegen alles immun.
    „Jetzt mach nicht so einen Aufstand“, meinte ich furchtlos, obwohl mir das Herz in Wahrheit in die Hose rutschte. Ich hätte lieber nachgeben und Armand mit auf diese Mission nehmen sollen. Warum musste ich immer so stur bleiben, wenn es um meine Arbeit ging? Aber da nur von einem einzigen Exemplar die Rede gewesen war, hatte ich es als albern empfunden, im Doppelpack aufzutreten. Mit einem derart gesteigerten Aggressionspotential konnte ja niemand rechnen.
    Wie sollte ich das Reptil beruhigen? Bestechung mit Futter schied aus, denn an den Nagetieren hatte sie kein Interesse und ein Kanalarbeiter war nicht zur Hand. Abgesehen davon, dass ich natürlich nicht beabsichtigte, diesem Biest einen Menschen zum Fraß vorzuwerfen. Es musste eine andere Lösung her, und am besten schnell, denn inzwischen richtete sie sich hoch über mir auf, wobei die Decke des Kanalschachtes eine unerwünschte Barriere bot und aus dem Hoch gerade mal zweieinhalb Meter machte.
    Ihr Atem roch faulig, der Kontakt mit ihrem Giftschleim war für einen Menschen lebensbedrohlich, für mich auf alle Fälle schmerzhaft. Ich wollte das erst gar nicht ausprobieren. Im Augenblick blieb mir nichts anderes übrig, als Fersengeld zu geben, bis mir eine Lösung einfiel, wie ich sie aufhalten konnte. Vielleicht ein Seitenschacht, in den sie sich locken und einsperren ließ? Aber dann müsste ich an ihr vorbei, sobald sie mir gefolgt war. Sehr brenzlig angesichts ihrer miesen Laune.
    In China hieß es zuweilen „lerne, den Drachen zu reiten“, aber ich hoffte, dass dies nicht wörtlich gemeint war, denn ein Ritt auf der Serpenia gehörte nicht zu den Träumen meiner schlaflosen Nächte. Außerdem hatte ich den Verdacht, bei einem solchen Rodeo den Kürzeren zu ziehen. Jenny hätte vielleicht mit ihren pyrokinetischen Fähigkeiten etwas ausrichten können. Meine Feuerkraft war dagegen eher beschränkt, aber einen Versuch wert.
    Als ich mich dazu durchrang, einen Feuerball heraufzubeschwören und die Schlange kurzerhand zu toasten, tauchte ein zweites Problem auf.
    Ebenfalls zwanzig Meter lang und fast genauso dick, wie meine grün-violette Freundin. Allerdings gelb-orange schillernd. Zwei Serpenias! Nun hatte ich wirklich ein Problem. Mein Fluchtweg war abgeschnitten, was auch den Feuerball erst mal aus dem Rennen warf, denn ohne die Möglichkeit der Deckung wollte ich das Experiment lieber nicht wagen.
    Die übermäßige Aggression der Schlangen ließ sich durch ihre Konkurrenz zueinander erklären. Aber auch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher