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Bismarck 02

Bismarck 02

Titel: Bismarck 02
Autoren: Karl Bleibtreu
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Deutschland die Machtfrage stellen, desto leichter erlangen wir die halb widerwillige Mitwirkung der parlamentarischen Legislative, und nur durch geschlossenen Zusammenhalt im Innern bieten wir drohende Front nach außen.«
    »Das leuchtet ein. Ich habe nur Bedenken, wo ich je Minister finde, die den unvermeidlichen Stein des Anstoßes, meine Heerreform, ins Rollen bringen.« Er sah Otto von der Seite an, doch der blickte ins Leere mit einem öden Gesicht. Dafür kam noch lange nicht die Zeit, übrigens lebte der König noch. Le roi est mort, vive le roi! würde sich aber auch hier vorerst bewahrheiten, die Dinge bleiben anfangs in ziemlich gleichem Geleise. Auch würde Prinzeß Augusta wohl schon »ihre« Minister in Bereitschaftspositur gestellt haben.
    Er reiste nach Hohendorf und fand Frau und Kinder wohl. »Wie trägt es die Umgebung Seiner Majestät?« forschte Herr v. Below. »Allerhöchstes Patent vom 29. August übergibt also dem Prinzen die Regierungsgeschäfte auf drei Monate, welche Frist binnen des folgenden Jahres immer um je drei weitere Monate nach Bedarf verlängert werden soll. Wie nimmt es z.B. Edwin Manteuffel, der sich als Flügeladjutant eine so bevorzugte Stellung schuf?«
    Otto zuckte die Achseln. »Ziemlich rabiat. Als ich von langer Unterredung mit Prinz Wilhelm zurückkam, regte dies den Herrn von Sanssouci so auf, daß seine Angst vor meiner Einmischung jeder Takt verließ. Er fragte mich geradezu in fast barschem Tone, warum ich nicht auf meinem Posten in Frankfurt sei. ›Ihre dortige Anwesenheit scheint mir bei unserer Situation gerade jetzt sehr nötig.‹ Ich gab ihm zu verstehen, daß er nicht auf der Höhe der Situation sei. Ich bin hier viel nötiger. Doch ich sagte das nur so, denn im Grunde machte ich, daß ich fortkam, und will auch sofort am Bundestag einheizen. Sonst schmeicheln die sich schon, wir könnten jetzt nicht kontinuierliche Politik treiben.« – –
    Auf dem neuen Jahr lastete eine gewisse Langeweile. Ein Tag wie der andere. Erst um 10 Uhr trank Otto seinen Frühstückstee, diktierte dann vier Stunden Depeschen, den Nachmittag füllten Sitzungen und Besprechungen, abends immer Gesellschaft und die halbe Nacht Depeschenarbeit. Manchmal, wenn seine Nerven erschlafften, ließ er schon um vier Uhr morgens satteln und ritt weit hinaus, streifte und kletterte im Taunus. Mit Malet pachtete er ein Jagdrevier und ärgerte sich, wenn ein Ausflug zum Fischen verregnete.
    Um diese Zeit trieb auch in Frankfurt ein Herr sein Unwesen, der auf Manteuffels geheimer Liste als treuer Helfershelfer stand, den aber Otto auf den ersten Blick als österreichische Kreatur erkannte. Es war dies ein Bankier Levinstein, der offenkundig als politischer Agent zwischen Berlin, Wien, Paris herumgondelte.
    »Exzellenz werden darüber unterrichtet sein,« führte er sich bei dem preußischen Gesandten ein, »daß der Herr Minister Freiherr v. Manteuffel mir sein Vertrauen schenkt und mich mit mancherlei Aufträgen beehrte.« Otto nickte stumm und rauchte. Das erinnerte ihn an den Silberthal oder Siegelthal in Hannover. »Ich war letzthin in Paris und genoß die Auszeichnung, von Seiner Majestät dem Kaiser der Franzosen empfangen zu werden und wiederholt mit dieser erhabenen Person zu verkehren. Hehe, Euer Exzellenz müssen da die Ohren geklungen haben, Seine Majestät sprachen viel Liebes und Schönes von Ihnen, was ich als alter Bewunderer Euer Exzellenz mit Andacht hörte.«
    »Freut mich. Womit kann ich Ihnen dienen?«
    »Ach, Exzellenz, unsere schwere Zeit bedarf der Männer. Solcher wie Sie. Ich fürchte, es ziehen neue Wolken herauf. Man kittet immer wieder am Frieden, doch werden sich auf die Dauer Konflikte herausbilden.«
    »Mit Österreich, Herr Levinstein?«
    »Da sei Gott vor! Aber Exzellenz haben Einfluß in Rußland. Ihre Kaiserliche Hoheit Großfürstin Helene will Ihnen so wohl und sprachen sich neulich enthusiasmiert in engerem Kreise über Sie aus.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Man hat so seine Beziehungen«, blähte sich der Bankier ein wenig. »Ich pflege immer prompt informiert zu sein.«
    »Ich auch. Sie geben übermäßig hohe Trinkgelder an Bedienstete, verehrter Herr. Sie versuchten das auch früher bei meinem Kammerdiener Hildebrand, leider ohne Erfolg.«
    »Aber, Exzellenz!« Der Abgeblitzte machte ein etwas schafiges Gesicht, faßte sich aber gleich wieder und meckerte lachend: »Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Ich möchte nur anregen, ob Hochdieselben
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