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Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt
Autoren: Joerg Riehl
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nicht nach Quatschen zumute.«

    Kurz vor dem Ausgang trafen sie Julian. Er erzählte, dass er große Fortschritte im Tauchen mache und dass er mit einem Deutschen Freundschaft geschlossen habe. »Kennst du ihn zufällig? Er heißt Helge.«
    Kristine schien von einem Sortiment hölzerner Pfeifen gebannt, mit denen man Buschvögel anlocken konnte. Ralf fragte Julian gedämpft, ob Miriam wieder im Calypso abgestiegen sei.
    »Nein. Ist das jetzt deine richtige Freundin?« Er zeigte verstohlen auf Kristine, die sich von einem jungen Aborigine die Vorzüge der einen oder anderen Pfeife erklären ließ.
    Ralf wollte nicken, schüttelte dann aber den Kopf und sagte: »Ich weiß nicht. Sie war’s zumindest.«
    Julian pfiff leise durch die Zähne. »Und du willst weiterhin, äh, mit Miriam...?«
    Ralf hatte keine Lust, die Geschichte zu erzählen, aber selbst wenn - er wusste sowieso nicht, was sagen.
    »Julian - Nicolette kommt nicht.«
    »Äh, was?«
    »Sie hat Migräne, soll ich dir ausrichten.«

    Im Bad des Apartments bereitete sich Ralf auf den Krach mit Kristine vor. Er konnte nach dem Duschen sowieso schlecht noch einmal das Hemd anziehen. Alles andere, was irgendwie nach Schlafen aussah, war kurzärmlig - und er hatte deutliche Bissspuren an den Armen.
    »Ralf?«
    »Ja?«
    »Kommst du gar nicht mehr aus dem Bad, oder was? Ich will auch mal rein.«
    Ralf bedeckte seinen Oberkörper mit dem Handtuch und kam heraus. Kristine legte die Stadtzeitung weg, die sie aus Sydney mitgenommen hatte, kam auf ihn zu und griff nach seinem Hintern.
    »Na?«, fragte sie. »Noch sauer?«
    Ralf schüttelte den Kopf.
    »Gib mir das, ich häng’s auf.«
    Sie nahm das Handtuch mit ins Bad. Ralf setzte sich aufs Bett und fühlte sich idiotisch. So konnte das nicht weitergehen.

    Kristine kam mit einem Lächeln aus dem Bad, nur mit einem Handtuch um die Hüften. Ihr nasses Haar hatte sie zu einem Zopf gebunden. Ralf wunderte sich, wie egal auf einmal ihre Schönheit war. Aus dem Mini-Kühlschrank nahm sie eine Flasche Sekt und reichte sie rüber.
    »Ich hol die Gläser«, sagte sie noch, als ihr Blick auf Ralfs Oberkörper fiel. »Was - was ist das?« Auf Ralfs Haut prangten wie Brandzeichen neun Abdrücke von Miriams Zähnen. Sie setzte sich. »Ist es das, was ich glaube?«
    Nachdem Ralf alles erzählt hatte, wollte Kristine nicht mehr in einem Bett mit ihm schlafen - klar. Und ab morgen getrennte Wege - auch klar. Ralf nahm seine Decke mit auf den Teppich, Kristine warf ihm noch wortlos ein Kissen zu. Jetzt stand sie auf, holte die Sektflasche, legte sich wieder ins Bett, nahm in Abständen einen Schluck und las in der Stadtzeitung.
    Das war’s - Australien Ende, na endlich. Das Aus auf einem platt getretenen Teppich in einem muffigen Motelzimmer. Und niemand weit und breit, dem man nur ein Gramm Schuld daran geben konnte, außer sich selbst. Toll. Warum war er nicht bei Miriam geblieben, wie war es möglich, etwas ganz anderes zu tun, als man eigentlich wollte? Könnte er bloß die letzten Seiten rausreißen aus diesem Tagebuch, sich im Rad der Zeit irgendwo durch die Speichen wursteln und alles anders machen. Wenn es nur wenigstens eine winzige Chance gäbe, dass sie ihm verzeihen würde.
    Ob darüber was in seinem Horoskop zu erfahren war? Kristine hatte einen Teil der Stadtzeitung auf den Boden fallen lassen. Es war die Ausgabe, aus der Miriam das Horoskop für Stier vorgelesen hatte. Jetzt konnte er nachschauen, was unter Waage stand, seinem richtigen Sternzeichen:
    Du weißt mehr, als du weißt.
    Das stimmte - tief drinnen war er schon lange in Miriam verliebt und kaum noch in Kristine. Und das war deshalb so langsam durchgedrungen, weil Ralf keineswegs viel reifer war als der Ralfi von früher - er war ein Drei-Sterne-Blödmann, der nicht wusste, was er wollte, bevor irgendein Mädchen oder ein blödes Horoskop es sagte.
    Also gut: Morgen würde er seinen Rückflug buchen, um einen Schlussstrich zu ziehen unter Urlaub und Liebe, beides hatte er mit Schwung an die Wand gefahren.
    Kristine schaltete das Licht aus, Ralf sagte: »Gute Nacht.«
    Keine Antwort.

26.
    Um sechs wachte er auf. Es brauchte einen Augenblick, bis ihm einfiel, warum er auf dem Teppich lag. Als er durch das Halbdunkel starrte, dachte er daran, dass er Miriam nie wiedersehen würde. Umso eher wurde es Zeit, wegzukommen. Ohne Waschen und Rasieren stieg Ralf in die Klamotten und machte sich auf den Weg.
    Auch die Sonne schien es eilig zu haben: Mit einem Satz war
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