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Der Prediger von Fjällbacka

Der Prediger von Fjällbacka

Titel: Der Prediger von Fjällbacka
Autoren: Camilla Läckberg
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    Camilla Läckberg
     
    Der Prediger von Fjällbacka
     
     
    scanned 2006-07/V1.0
     
    ISBN: 978-3-378-00669-0
     
    Original: Predikanten
     
    Aus dem Schwedischen von Gisela Kosubek
     
    Verlag: Gustav Kiepenheuer Erscheinungsjahr: 1. Auflage 2006
     
     
    1
     
    Der Tag begann vielversprechend. Er wachte zeitig auf, noch vor dem Rest der Familie, und nachdem er sich so lautlos wie möglich angezogen hatte, konnte er unbemerkt nach draußen entwischen. Es gelang ihm, Ritterhelm und Holzschwert mitzunehmen, und letzteres schwang er nun glücklich, während er die hundert Meter vom Haus bis zum Eingang der Königsschlucht rannte. Er blieb einen Augenblick stehen und blickte ehrfürchtig in die Kluft mitten im Berg. Es war nicht viel Platz zwischen den Felswänden, die gut zehn Meter zum Himmel aufragten, wo die Sommersonne gerade begonnen hatte, nach oben zu klettern. Drei große Felsblöcke waren für ewig mitten in der Spalte hängengeblieben und boten einen eindrucksvollen Anblick. Der Ort hatte eine magische Anziehungskraft für einen Sechsjährigen, und die Tatsache, daß die Königsschlucht verbotenes Gebiet war, machte sie um so verlockender.
    Den Namen hatte sie erhalten, als Oscar II. Ende des 19. Jahrhunderts Fjällbacka besucht hatte, aber davon wußte der Junge nichts, und es interessierte ihn auch nicht, als er sich jetzt vorsichtig zwischen die Schatten schlich, das Holzschwert zum Angriff erhoben. Sein Papa aber hatte ihm erzählt, daß die Szenen in der Höllenschlucht aus dem Film »Ronja Räubertochter« in der Königsschlucht gedreht worden waren, und als er den Film dann selber sah, war er ganz besonders aufgeregt, als der Räuberhäuptling Mattis dort durchritt. Manchmal spielte er hier Räuber, heute aber war er ein Ritter. Ein Ritter der Tafelrunde, wie in dem großen, schönen Bilderbuch, das er von Großmutter zum Geburtstag bekommen hatte.
    Vorsichtig schlich er über die großen Felsbrocken, die den Boden bedeckten, und machte sich bereit, den gewaltigen feuerspeienden Drachen mit seinem Schwert kühn anzugreifen.
    Die Strahlen der Sommersonne reichten nicht bis in den Spalt hinunter, wodurch es hier kalt und dunkel war. Der perfekte Ort für einen Drachen. Bald würde er dem Ungeheuer den Hals aufschlitzen, so daß das Blut nur so spritzte, und nach einem lang andauernden Todeskampf würde es leblos vor seine Füße stürzen.
    Irgend etwas im Augenwinkel erregte seine Aufmerksamkeit. Ein Stück roter Stoff lockte hinter einem großen Stein, und die Neugier siegte. Vielleicht war dort ein Schatz verborgen. Er nahm Anlauf, sprang auf den Stein und schaute auf die andere Seite. Fast wäre er rückwärts hinuntergefallen, aber nachdem er ein paar Sekunden mit den Armen rudernd hin und her geschwankt war, fand er das Gleichgewicht wieder. Hinterher würde er nicht zugeben, daß er Angst bekommen hatte, aber genau in diesem Augenblick hatte er mehr Angst gehabt als in seinem ganzen bisherigen Leben. Eine Frau lag dort und belauerte ihn. Sie lag auf dem Rücken und schaute mit starrem Blick direkt zu ihm hoch. Seine erste Reaktion war zu fliehen, bevor sie ihn packte und dahinterkam, daß er hier spielte, obwohl es verboten war. Vielleicht würde sie aus ihm herauspressen, wo er wohnte, und ihn nach Hause zu Papa und Mama schleppen, die furchtbar böse werden und fragen würden, wie oft sie es ihm denn noch verbieten sollten, ohne Erwachsene zu der Schlucht zu gehen.
    Aber das merkwürdige war, daß sich die Frau nicht rührte. Sie hatte auch keine Sachen an, und einen Moment wurde er ganz verlegen, weil er dastand und eine nackte Frau anschaute. Das Rote, was er bemerkt hatte, war kein Stück Stoff, sondern eine Tasche, die direkt neben ihr lag, aber er konnte nirgendwo Kleider sehen. Komisch, hier einfach nackt dazuliegen. Es war doch so kalt.
    Dann kam ihm der unmögliche Gedanke, daß die Frau vielleicht tot war! Ihm fiel keine andere Erklärung dafür ein, weshalb sie so still da lag. Diese Erkenntnis ließ ihn vom Stein springen und langsam zum Eingang der Schlucht zurückweichen. Nachdem er ein paar Meter zwischen sich und die tote Frau gebracht hatte, drehte er sich um und rannte, so schnell er konnte, nach Hause. Es war ihm jetzt egal, ob man ihn ausschimpfte.
     
    Der Schweiß ließ das Laken am Körper kleben. Erica wälzte sich im Bett hin und her, aber es war unmöglich, eine bequeme Schlafposition zu finden. Die helle Sommernacht machte das Einschlafen nicht gerade leichter,
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