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Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen

Titel: Shiver - Meine Rache Wird Euch Treffen
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Prolog
     
    Zwanzig Jahre zuvor
Krankenhaus Our Lady of Virtues
In der Nähe von New Orleans in Louisiana
     
    S ie spürte seinen Atem.
    Warm.
    Verführerisch.
    Auf erotische Weise böse.
    Eine Präsenz, dass sich ihr die Nackenhaare sträubten, dass ihre Haut kribbelte, dass ihr auf dem Rücken der Schweiß austrat.
    Ihr Herz pochte heftig. Kaum fähig, sich zu rühren, stand sie im Dunkeln, spähte verzweifelt in die finsteren Zimmerecken. Durchs offene Fenster hörte sie das Froschkonzert in den nahen Sümpfen und das Rumpeln eines Güterzugs auf weit entfernten Schienen.
    Aber hier und jetzt war er bei ihr.
    Geh weg
, wollte sie sagen, hielt jedoch den Mund und hoffte wider besseres Wissen, dass er sie nicht am Fenster stehen sah. Auf der anderen Seite der Scheiben warfen Sicherheitsleuchten blasses, bläuliches Licht über das Grundstück, undzu spät bemerkte sie, dass ihr Körper, nur von einem durchsichtigen Nachthemd verhüllt, vom gespenstischen Schein der Leuchten umrissen wurde.
    Natürlich konnte er sie sehen, sie in der Dunkelheit finden. Er fand sie immer.
    Ihr Mund war trocken. Sie trat einen Schritt zurück und stützte sich Halt suchend mit einer Hand am Fensterrahmen ab. Vielleicht hatte sie sich seine Anwesenheit nur eingebildet. Vielleicht hatte sie doch gar nicht gehört, dass sich die Tür öffnete. Vielleicht war sie zu hastig aus einem von Tabletten herbeigeführten Schlaf erwacht. Schließlich war es noch nicht spät, erst acht Uhr abends.
    Vielleicht war sie in diesem Zimmer, in
ihrem
Zimmer in der zweiten Etage, in Sicherheit.
    Vielleicht.
    Sie tastete nach der Nachttischlampe. Dann vernahm sie das leise Scharren von Leder auf Holzdielen.
    Der Schrei erstickte in ihrer Kehle.
    Nachdem sich ihre Augen an das Zwielicht gewöhnt hatten, betrachtete sie das Bett mit den zerwühlten Laken, dem Zeugnis ihres unruhigen Schlafs. Auf dem Frisiertisch standen eine Lampe und ein Doppelrahmen mit kleinen Porträtfotos ihrer beiden Töchter. Auf der anderen Seite des kleinen Zimmers befand sich ein Kamin. Sie konnte die dekorativen Kacheln und den Rost erkennen und über dem Sims eine leere, inzwischen verblichene Stelle, an der einst ein Spiegel gehangen hatte.
    Wo also war er? Sie warf einen Blick in Richtung der hohen Fenster. Es war ein heißer, drückender Oktoberabend, und draußen war es schon fast dunkel. In den Scheiben sah sie ihr blasses Spiegelbild: zierlich und feingliedrig der Körperbau, traurige goldene Augen, hohe Wangenknochen, das üppigekastanienbraune Haar aus dem Gesicht gekämmt. Und hinter ihr … War da ein Schatten, der sich näher heranschlich?
    Oder bildete sie es sich nur ein?
    Das war das Problem. Manchmal bildete sie sich Dinge ein.
    Doch er war tatsächlich immer in der Nähe. Immer. Sie konnte ihn
spüren
, seine leisen, zielstrebigen Schritte im Flur hören, seinen Geruch wahrnehmen – eine Mischung aus männlichem Moschus und Schweiß. Und wenn er vorüberging, konnte sie einen Blick auf seinen huschenden Schatten erhaschen.
    Es war ihr nicht möglich, ihm zu entkommen. Niemals. Nicht einmal in der Tiefe der Nacht. Es bereitete ihm höchste Befriedigung, sie zu überraschen, sich anzuschleichen, wenn sie am Schreibtisch saß, sich von hinten über sie zu beugen, wenn sie vor ihrem Bett kniete. Er war jederzeit bereit, sein Gesicht an ihren Nacken zu schmiegen, von hinten an ihre Brust zu greifen, sie zu erregen, obwohl sie ihn verabscheute, sie fest an sich zu ziehen, so dass sie seine Erektion in ihrem Rücken spürte. Sie war nicht sicher vor ihm, wenn sie unter der Dusche stand, und auch nicht, wenn sie unter der Decke in ihrem schmalen Bett schlief.
    Welche Ironie des Schicksals, dass man sie hier untergebracht hatte … zu ihrer eigenen Sicherheit.
    »Geh weg«, flüsterte sie. Ihr Kopf dröhnte, sie vermochte keinen klaren Gedanken zu fassen. »Lass mich in Ruhe!«
    Sie blinzelte, bemüht, deutlicher zu sehen.
    Wo war er?
    Nervös richtete sie den Blick auf das einzig mögliche Versteck, den Schrank. Sie fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen. Die Holztür stand einen Spaltbreit offen, nur ganz wenig, gerade genug, dass jemand von innen durch die Ritze spähen konnte.
    Aus dem sichtbaren Streifen Dunkelheit im Schrank schien etwas zu schimmern. Eine Spiegelung. Augen?
    O Gott.
    Vielleicht war er dort drinnen. Und wartete.
    Eine Gänsehaut überzog ihren ganzen Körper. Sie sollte jemanden rufen! Doch wenn sie das tat, wurde sie ruhig gestellt,
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