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Todesfinal

Todesfinal

Titel: Todesfinal
Autoren: G Schuberth
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»ICH hätte eine Waffe mitnehmen sollen«, dachte er. Plötzlich hatte er Angst. Es war Vollmond, der Himmel war klar, doch das helle Mondlicht drang nur schwach durch die Baumwipfel. Er hastete durch den Wald. Der Lichtschein seiner Taschenlampe flackerte über den Boden wie ein aufgeschrecktes Tier auf der Flucht.
    Er blickte auf die GPS-Anzeige seines Handys. Noch zweihundert Meter. Auf einmal fühlte er sich leicht und sicher. Die Angst war verschwunden. Am Abend hatte er drei Whisky getrunken und danach Tabletten geschluckt. Die Mischung aus Alkohol und Drogen beflügelte ihn. Er lachte kurz auf, ein unmotiviertes, lautes Lachen, aber hier würde ihn niemand hören. Er war allein, es war zwei Uhr nachts, um diese Zeit würde er niemandem begegnen.
    Er war jetzt mitten im Wald. Ihm war, als hätte ihn die Dunkelheit verschluckt. Es war Ende März, doch in der letzten Woche war es noch einmal kalt geworden. Wenn er atmete, verließ ein Frosthauch seinen Mund.
    Er blieb stehen und blickte auf sein Handy. Noch fünfzig Meter. Sein Atem ging heftig, er war die Anstrengung nicht mehr gewohnt. Seit zwei Stunden irrte er schon durch die Nacht, aber jetzt war er kurz vor dem Ziel.
    Sein Puls beruhigte sich. Im nächsten Moment hörte er einen Schrei. Ein schriller Schrei, wie in Todesangst ausgestoßen und danach ein dumpfer Schlag, als würde etwas Schweres auf den Boden fallen.
    Er stand jetzt regungslos, horchte in die Nacht. Aber es war nichts mehr zu hören. Nur manchmal ein Knacken, als würde jemand auf einen Ast treten. Wind kam auf und schüttelte die Baumkronen.
    Er begann zu schwitzen. Feiner Schweiß stand auf seiner Stirn, obwohl es kalt war. Aber das war die Anstrengung, erst der Weg zum ersten Versteck, dann die Suche nach dem nächsten Hinweis. Vielleicht waren es auch die Tabletten, vielleicht auch die Angst, vielleicht auch alles zusammen.
    Denn die Angst war wieder da. Ein instinktives Wissen, dass er in Gefahr war. Eine Stimme in seinem Kopf sagte ihm, dass er zurückgehen solle. Jetzt sofort, ohne nachzudenken, einfach nur weg von hier. Noch konnte er zurück.
    Der Schrei war verklungen. Er kramte in seiner Tasche, ob er noch eine Pille hatte, aber da war nichts mehr. Egal, er musste weiter, er würde nicht umkehren, dafür war er schon zu nahe, sein Handy zeigte fünfzig Meter Entfernung an. Fünfzig Meter, dann würde er mehr wissen. Die anderen in der Redaktion hatten ihn schon abgeschrieben, sie glaubten, dass es vorbei war mit ihm, aber in dieser Nacht würde er ihnen zeigen, dass er immer noch einen Riecher für die große Story hatte. Es war seine letzte Chance und er war so nah am Ziel.
    Er dachte an Carola. Vor der Fahrt nach Nürnberg hatte er sie angerufen. Er hatte ihr gesagt, dass sich alles ändern würde. Dass er einer Sache auf der Spur war, einer großen Sache, und dass alles wie früher sein würde.
    Er lief weiter, dreißig Meter zeigte das Handy an, zwanzig Meter. Der Schein seiner Taschenlampe flackerte über den Boden.
    Dann sah er den Mann. Am Zielpunkt, zwanzig Meter vor ihm, war eine Gestalt. Ein Schatten, der wie aus dem Nichts aufgetaucht war und sich nicht bewegte.
    Er blieb stehen, stand regungslos da, blickte auf die Gestalt vor ihm, sein Herz spürte er im Hals pochen, ein lautes, schnelles Pochen voller Angst. Er leuchtete mit der Taschenlampe nach vorne, aber der Schein war zu schwach, das diffuse Licht machte alles noch geheimnisvoller, der Wald bestand nur aus Schatten und Gesichtern.
    »Wie heißt die Antwort?«, fragte eine Stimme.
    Er zitterte. Das Licht seiner Taschenlampe zuckte über den Boden. Die Gestalt vor ihm hatte gesprochen. Er hatte die Worte klar und deutlich gehört. Dann begriff er. Das gehörte zur Suche.
    Fieberhaft überlegte er. Am letzten Versteck hatte er eine Nachricht entschlüsselt. Das musste die Antwort sein.
    »Jona«, sagte er. »Jona ist der Mann im Walfisch.«
    Einen Augenblick war Stille. Dann hörte er wieder die Stimme.
    »Eine gute Antwort.«
    Langsam hob die Gestalt vor ihm die Hand und deutete nach rechts.
    »Zwanzig Schritte«, sagte der Mann.
    Er nickte. Ganz ruhig, sagte er sich. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er hier auf jemanden treffen würde. Im nächsten Moment war wieder ein Schrei zu hören. Er wandte sich in die Richtung, aus der er den Schrei gehört hatte, aber da war nur Dunkelheit und eine Wand von Bäumen. Vielleicht kam das vom Tiergarten, er musste sich ganz in der Nähe befinden.
    Er sah wieder nach
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