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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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Für die Wissenschaft etwa sagten die Kommunikations- und Computerwissenschaftlerinnen Leah Lievrouw und Kathleen Carley 1990 einen ausgeprägten „Matthäus-Effekt“ des Netzes und sonstiger sich gerade entwickelnder Kommunikations- und Informationsverarbeitungstechnologien voraus. 76 Der Matthäus-Effekt, ein Begriff geprägt von dem Wissenschaftssoziologen Robert K. Merton, ist schlicht eine Version der Erfahrung, dass normalerweise die Reichen reicher werden und die Armen ärmer. Er steht konkret für positive Rückkopplungen in der Wissenschaft, die dazu führen, dass ohnehin schon bekannte und häufig zitierte Forscher auch ohne zusätzliche Leistungen immer bekannter und noch häufiger zitiert werden: „Denn wer da hat, dem wird gegeben, dass er die Fülle habe; wer aber nicht hat, dem wird auch das genommen, was er hat“ (Matthäus 13,12 und 25,29). Lievrouw und Carley vermuteten, dass das, was sie seinerzeit als „Telescience“ bezeichneten, diejenigen, die den besten Zugang zu „Tele-Technologien“ haben werden, stark begünstigen müsste. Sie gingen davon aus, dass dies auch für den Zugang zum Netz und seinen Ressourcen gelten wird und dass das Netz somit sogar eine zentralisierende, weiter professionalisierende statt einer demokratisierenden und in die Breite gehenden Wirkung auf die Wissenschaft haben würde. Zwanzig Jahre später räumte Lievrouw ein, sich hier wohl geirrt zu haben: „Im Gegensatz zu dem, was das Telescience-Modell suggeriert, scheinen Internetzugang und Computertechnologie sich ziemlich gleichmäßig über die Fachgebiete und unter Berufsforschern und Amateuren gleichermaßen ausgebreitet zu haben, was die gemutmaßten Vorteile von Online-Kommunikation egalisiert hat.“ 77
    Und, so schreibt Lievrouw noch im selben Absatz: „Umfassender Zugang war auch ein Schlüsselfaktor für die Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen professionellen Fachleuten und Amateuren.“
    Die Entwicklung des Netzes und der Computertechnologie ist also mehr als nur ein Beispiel dafür, wie eine neue Technologie langsam, aber unumkehrbar in die Hände von Millionen und Milliarden gelangen kann. Sie ist nicht nur ein Beispiel dafür, dass die Verbreitung einer solchen Technologie trotz durchaus mit ihr einhergehender Gefahren ziemlich sicher und unterm Strich mit einer bisher überwältigend positiven Bilanz vonstattengehen kann. Sie ist auch nicht nur ein Beispiel dafür, wie einst für Privatpersonen unbezahlbare und extrem kompliziert zu handhabende Geräte, Anwendungen, Dienstleistungen plötzlich für weite Teile der Bevölkerung zumindest in den reicheren Ländern der Welt erst erschwinglich und dann bald selbstverständlich werden. Sondern sie schafft auch die Voraussetzungen dafür, dass etwas Vergleichbares auch in ganz anderen Bereichen passieren kann: Die sozialen Netzwerke, getrimmt auf Alltags- oder auf berufs- und karrierebezogene Kommunikation, sind die derzeit prominentesten Beispiele dafür, wie das Internet Raum für (sinnlosen, aber auch sehr sinnvollen) Datenaustausch, Datenspeicherung und Datenauswertung für unzählige Nutzer – und sich diesen Nutzern andienende Dienstleister – schafft. Warum sollte das Netz nicht auch zum Trägermedium einer neuen wissenschaftlichen Revolution werden können – oder zumindest einer Evolution der bisherigen institutionellen, elfenbeinturmhaften hin zu einer demokratischeren, mehr auf Beteiligung setzenden, von Beiträgen der Teilnehmer profitierenden und den erzielten Nutzen auch teilenden Wissenschaft? Die Anfänge sind ja gemacht. Projekte und Initiativen wie Galaxy Zoo, Herbaria@home, BioWeatherMap (siehe Kapitel 5) oder DIYbio.org sind ohne das Web nicht denkbar.
    Die Statistik-Professorin und Open-Source-Aktivistin Victoria Stodden, die an der Columbia University in New York lehrt, schreibt dazu: „Sowohl die zunehmende Digitalisierung wissenschaftlicher Forschung als auch die Verbreitung der Internet-Nutzung schaffen ideale Voraussetzungen für die öffentliche Kommunikation von Wissenschaft und der publizierten Daten, und auch für jede Art Code, der diesen zugrunde liegt.“ Dies sei, so Stodden weiter, eine „wichtige Veränderung und eine offensichtliche Einladung zu computer- und datengetriebener Bürgerwissenschaft“. Ihrer Ansichtnach sind die Implikationen hinsichtlich der Art und Weise, „wie wir als Gesellschaft unsere Welt verstehen und über sie lernen, tiefgreifend“. 78
    Code, das können Computerprogramme
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