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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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OCCUPY BIOLOGY
    Eine neue Spezies ist entdeckt worden. Gefunden wurde sie nicht im Amazonasgebiet, nicht auf Madagaskar oder Borneo, es ist auch keine fossile Übergangsform zwischen zwei Ur- oder Frühmensch-Arten. Um eine neue „Art“ Mensch handelt es sich allerdings schon. Sie ist bislang nicht detailliert beschrieben. Über ihre Verhaltensweisen, ihre ökologische Bedeutung, ihr Vorkommen und die Zahl der zu ihr gehörenden Individuen weiß man wenig. Sicher ist nur, dass sie eine größere Bedeutung hat als ein neues Tiefseebakterium, ein bislang unbekannter Tropenschmetterling oder eine lange den Augen der Forscher verborgene nachtaktive Lemuren-Art – sowohl für Biologen als auch für den Rest der Menschheit. Denn zwischen genau diesen beiden ist sie ein Bindeglied, ein „missing link“. Nicht einmal einen wissenschaftlichen Namen hat die neue Subspezies Mensch bislang, aber Homo biologicus molecularis delectationis  – der Mensch, der als Amateur Molekularbiologie betreibt – könnte passen.
    Seit ein paar Jahren geistern Geschichten über Leute, die sich in Garagen, Küchen, auf dem Dachboden oder im Hobbykeller eigene Labore einrichten, dort Gene analysieren und vielleicht sogar manipulieren, durch die Presse. Mit billig über Ebay und in Drogeriemärkten zusammengekauften Geräten und Zutaten sowie im Internet frei verfügbarem Know-how experimentieren sie angeblich vor sich hin und sind zu Dingen in der Lage, die bis vor kurzem nur inProfilaboren möglich waren. Über die Gefahren – von unabsichtlich in die Umwelt geratenden Gentech-Organismen bis hin zu absichtlich gebastelten Biowaffen – wird von Journalisten und den von ihnen befragten Experten trefflich spekuliert, ebenso über die Chancen – von mehr demokratischer Teilhabe an einer wichtigen Technologie bis hin zur Biotech-Moulinette für die private Küche. Und in fast jedem dieser Artikel werden diese Bastel-Biologen der Gegenwart mit den Computerbastlern der 70er und 80er Jahre und mit den Web-Pionieren und Hackern verglichen, die für unsere von PCs, dem Internet, mobiler Kommunikation und sozialen Netzwerken geprägte Gegenwart maßgeblich mitverantwortlich sind.
    Wird also in den Höhlen dieser neuen menschlichen Subspezies eine Revolution zusammengekocht, die mit jener elektronischen Revolution der letzten Jahrzehnte vergleichbar sein wird?
    Je mehr wir darüber lasen und auch begannen, selbst zu recherchieren, desto mehr wurde uns klar, dass diese Biohacker, Do-it-yourself-Biologen, Biopunks, Outlaw Biologists oder was für Namen man ihnen auch gab, ebenso unerforscht waren wie ihr Lebensraum und das, was sie tun und wie sie es tun. Wir, das sind drei Journalisten, um die 40 Jahre alt, die normalerweise über Wissenschaft schreiben und die allesamt auch – vor einer gefühlten Ewigkeit – einmal ein Biologiestudium absolviert haben. Wir, das sind auch drei Freunde, die regelmäßig über den Job, den Spaß daran, die Frustrationen dabei und das, was „man mal machen sollte“, diskutieren. Wann immer jene Heimwerker-Biologie zur Sprache kam, waren wir uns über eines einig: wie wenig substanziell über dieses Thema spekuliert wird. Irgendwann kam Sascha die Idee, was man angesichts dieser unerfreulichen Situation nun wirklich „mal machen sollte“: Wer zumindest ansatzweise wissen und verstehen will, was Heimwerker-Biologen können und nicht können, auf welche Schwierigkeiten sie stoßen, welche Wege sie finden, um Probleme zu lösen, und welches Potenzial oder auch welche Gefahr ihr Tun jetzt und in der Zukunft mit sich bringen könnte, der muss selber Heimwerker-Biologe werden.
    Wir beschlossen, es mit dieser Art von experimentellem Journalismus zu versuchen. Und wir hatten natürlich keine Ahnung, worauf wir uns da einließen.
    Zwei Umzugskartons mit unserer Laborausrüstung, ein paar Aktenordner, einige Gigabyte auf unseren Festplatten, ein Stapel Rechnungen und etwas nicht Bezifferbares, was man als „Erfahrung“ zusammenfassen könnte, bleiben uns nach fast drei Jahren. Und dieses Buch.
    Wir haben Anfang 2010 begonnen zu recherchieren, Labormaterial zu kaufen, Biohacker der ersten Stunde in den USA zu besuchen, und im Herbst 2012 haben wir unser Labor bis auf weiteres in Umzugskartons verstaut. In der Zeit dazwischen haben wir Gene verschiedener Organismen, inklusive unserer eigenen, analysiert. Wir haben mit potenziell gefährlichen Genen hantiert. Wir haben ausprobiert und wissen jetzt einigermaßen, welche
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