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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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Methoden im Hobbylabor machbar sind, was man an Zeit, Geld, Geduld, Bildung und Frustrationsresistenz braucht, um im Amateurlabor Ergebnisse zu produzieren.
    Wir sind in die Szene eingetaucht, wie es, ohne selbst Biohacker zu werden, nie denkbar gewesen wäre. Wir kennen viele ihrer Protagonisten inzwischen persönlich – und besser, als es durch ein oder zwei Interviews möglich gewesen wäre. Wir haben dabei versucht, uns nach der Maxime des großen Journalisten Hanns Joachim Friedrichs trotz unseres tiefen und persönlichen Einstiegs in das Thema und des persönlichen Kontakts mit vielen der Akteure „nicht gemein zu machen“ mit denen, über die wir berichten wollten. Wir hatten mit ambitionierten Garagenbiologen ebenso zu tun wie mit Top-Forschern, mit Gründern von Gemeinschaftslabors ebenso wie mit dem FBI, mit Träumern ebenso wie mit dem Büro für Technikfolgen-Abschätzung des Bundestages. Und wir meinen, jetzt tatsächlich besser über diese neue Spezies informiert zu sein als zuvor und sogar ein paar Dinge gelernt zu haben, nach denen wir anfangs noch nicht einmal fragten.
    Die Welt der Selbstmach-Biologie sieht am Ende dieser drei Jahre schon wieder ganz anders aus als am Anfang, neue Ideen zirkulieren, neue Wortführer dominieren die Diskussionen, und die Spezies selbst breitet sich aus.
    All das wollen wir versuchen, in diesem Buch zu erzählen und einzuordnen.
    Die Mitglieder der neuen Spezies, die wir hier beschreiben und in die wir uns selbst auf Zeit verwandelt haben, sind keine komplette Neuschöpfung. Sie haben ihre evolutionären Vorläufer nicht nur in den Computerhackern der vorigen Generation, sondern auch in den Amateur- und Gentleman-Forschern vergangener Jahrhunderte, zu denen so illustre Persönlichkeiten wie Leibniz, Goethe und Mendel zählten. Sie stehen in der noch viel älteren Tradition der Pflanzen- und Tierzüchter seit Anbeginn der Landwirtschaft, sind verwandt mit den Hobby-Astronomen, die in den vergangenen Jahrzehnten wichtige Entdeckungen machten, mit den unzähligen Käfer- und Schmetterlingssammlern, Vogelbeobachtern und den Freizeit-Botanikern mit ihren Herbarien. Sie haben ihre Vorläufer auch unter jenen Eltern, die nicht akzeptieren wollten, dass ihre Kinder früh an seltenen, zu wenig erforschten Krankheiten sterben, und sich in der wissenschaftlichen Literatur selbst auf die Suche nach Therapiemöglichkeiten machten.
    Vor allem aber haben sie viel gemein mit all jenen, die noch nie akzeptieren konnten und wollten, dass Expertenwissen und Hochtechnologie nur in den Händen von politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Eliten gut aufgehoben sein sollen, mit jenen, die Zugang forderten, Zugang durchsetzten. Sie haben einiges gemein sowohl mit Bildungsreformern wie Johann Comenius und Wilhelm von Humboldt, als auch mit jenen, die heute versuchen, die Energieproduktion zu dezentralisieren und zu demokratisieren.
    Biotechnologie, Gentechnik, Genanalyse, Biomedizin werden zu den Technologien gehören, die dieses und – wenn es dann noch Menschen gibt – auch die folgenden Jahrhunderte definieren werden. Sie bieten immenses Potenzial, sie mit der gebührenden Vorsicht für gute Zwecke zu gebrauchen – oder sie zu missbrauchen. Anders als bei anderen Technologien, für die seltene Materialien wie etwa Plutonium oder hochkomplexe und fast unbezahlbare Anlagen wie etwa ein Fusionsreaktor nötig sind, ist Biotech inzwischen mit vergleichsweise billigen und einfach zu bedienenden Geräten und Reagenzien zu machen.
    Die entscheidenden Zutaten heißen Wissen, Information, Code. Und darin liegt auch die unwiderlegbare Parallele zur Computertechnologie. Die hat innerhalb von weniger als zwei Generationen den Weg von riesigen, multimillionenteuren Rechenzentren in halbzentimeterdicke Hosentaschengeräte zurückgelegt, mit denen man telefonieren, navigieren, Musik hören – aber auch Kinderpornos downloaden, Computerviren verschicken, Menschen virtuell terrorisieren kann. Es ist unbestritten, dass in der Biotechnologie die Möglichkeiten vergleichbar rasant zu-, die Kosten vergleichbar rasant abnehmen. Anfang des Jahrhunderts kostete es etwa drei Milliarden Dollar, ein einziges menschliches Genom zu entschlüsseln, mittlerweile ist das zum Preis eines nicht einmal rostfreien Gebrauchtwagens zu haben.
    Die Computer- und Web-Technologie entfaltet weitestgehend eine positive gesellschaftliche, individuelle Freiheiten und Entwicklungsmöglichkeiten fördernde,
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