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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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aufsteht. Während sie die Reste ihres Mittagessens hineinstellt, gibt sie auch kurz den Blick auf den Inhalt frei: Das Kühlgerät wird für beides genutzt.
    Sprout ist so etwas wie eine öffentliche Werkstatt mit selbstauferlegtem Bildungsauftrag. Hier können Menschen herkommen, dielernen möchten, wie man eine Drehbank bedient, die einen Tisch schreinern oder unter Anleitung etwas wissenschaftlich untersuchen wollen. Ein pensionierter Physiker hat eben noch den Teilnehmern seines Kurses gezeigt, wie man Flöten baut und stimmt. An einem anderen Tisch beugt sich ein schwarzhaariger Mann tief über eine elektronische Schaltung, aus der sein Lötkolben weiße Dampfwölkchen aufsteigen lässt. Er ist ein Übergangsprivatier, der seine freie Zeit nutzt, um gemeinsam mit anderen Erfindern hier in diesem „Hackerspace“ eine intelligente Stromspar-Steckdose zu entwickeln.
    Die Gründer des Sprout wollten einen Platz schaffen, an dem jeder lernen, forschen und Neues basteln kann. Das klingt etwas merkwürdig an einem Ort, von dem aus man die Harvard University und das Massachusetts Institute of Technology (MIT), also zwei der bekanntesten Universitäten der Welt, innerhalb von zehn Minuten erreichen kann. Wahrscheinlich gibt es keinen anderen Platz auf der Welt, an dem es so viele Labore pro Quadratkilometer gibt wie hier in den nördlichen Vororten von Boston. Doch um Sprout-Mitglied zu werden, braucht man keinen Highschool-Abschluss und keinen Scheck über knapp 40 000 Dollar Studiengebühr pro Semester. Der Zugang zu dieser Forschungsstätte ist frei, abgesehen von fairerweise entrichteten Spenden und eventuellen, sehr niedrigen Kursgebühren.
    Der noch ziemlich junge Mann mit der braunen Hornbrille, den braunen, etwas wilden Haaren und dem braunen Stoppelbart, der uns in Empfang nimmt, stellt sich mit kräftigem Händedruck als Mac vor. Mackenzie Cowell ist einer der Begründer der Do-it-yourself-Biologie-Bewegung, kurz DIY-Bio, und wir wollen von ihm die Grundtechniken des Biohackings lernen. In dem Werkstatthaus hat er eine Ecke angemietet und dort sein „Boston Open Source Science Laboratory“ eingerichtet. Dass dies dann abgekürzt Boss-Lab ergibt, ist sicher kein Zufall. Obwohl erst 28 Jahre alt, stellt Mac so etwas wie den Archetyp des Biohackers dar. Er ist neugierig wie ein Kind und mit großem Mut zum Scheitern und dann eben Nochmalversuchen ausgestattet, sodass ihm kein Problem zu gewaltig erscheint.
    Mac ist getrieben von einer Vision: Er will die biologische Forschung und ihre technische Anwendung zugänglich machen für Amateure. Er will kein Ingenieur sein oder Wissenschaftler, sondernspielen, basteln und sehen, was passiert. Ach, und Geld verdienen will er an der Bewegung auch irgendwann einmal. Mit Kursen zum Beispiel, oder dem Verkauf von Einsteigersets für Neu-Hacker. Mac glaubt daran, dass Biotechnologie in Zukunft so einfach und billig sein wird, dass sie nicht mehr nur in akademischen oder industriellen Labors machbar sein wird, sondern in jeder Küche, nicht komplizierter als Brot zu backen mit einem Backautomaten.
    Im Sprout, das Menschen mit allerlei merkwürdigen Interessen unter seinem Dach versammelt, gilt sogar Mac als komischer Kauz. Ein Nerd-Nerd.
    Als Biologie-Student des Davidson-Colleges in North-Carolina nahe der Banken-Metropole Charlotte hatte er schon 2005 an einem Wettbewerb namens iGEM teilgenommen, bei dem Studenten aus aller Welt aus einem Set von genetischen Bauelementen biologische Kreationen erschaffen. Von dem Erlebnis war er so begeistert, dass er kurzerhand nach Boston zog und bei den Organisatoren als Hilfskraft anheuerte. Sein Bio-Studium konnte er zunächst nicht fortsetzen, sodass er seinen gerade geweckten Gentechnik-Tatendrang außerhalb der Universität ausleben musste. Verwandte hatten ihm ein Konto mit ein paar Tausend Dollar darauf überschrieben. Mit dem Geld zog er los und kaufte die Laborgeräte einer pleite gegangenen Biotech-Firma, um sich ein Labor einzurichten. Doch alleine zu basteln war dem Studenten auf Dauer zu einsam. Anfang 2008 schrieb er ein paar E-Mails an Leute, von denen er wusste, dass sie ähnliche Interessen hatten. Zusammen mit Jason Bobe, einem anderen Biohacker der ersten Stunde, lud er zu einem ersten Treffen der Do-it-yourself-Biologen im Bundesstaat Massachusetts ein.
    An einem Abend im Mai kamen 25 Interessierte in den Asgard Irish Pub an der Massachusetts Avenue, der Straße, die Boston, das MIT und die Harvard University
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