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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund.
Autoren: Tom Sharpe
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    Timothy Bright hatte den Ehrgeiz, ein Vermögen zu machen. Er war in dem Glauben erzogen worden, jeder Bright habe ein Vermögen gemacht, und so nahm er ganz natürlich an, ihm werde es genauso ergehen. Sein Leben lang war er von Indizien für den Erfolg seiner Familie umgeben gewesen, in den Häusern, die sämtliche ihm bekannten Brights bewohnten, in ihren Ländereien und parkähnlichen Gärten, in den Brightschen Ahnengalerien an den Wänden der Brightschen Herrenhäuser sowie vor allem in den Geschichten, die sich die Brights über ihre Vorfahren erzählten, deren Unternehmungen im Laufe der Jahrhunderte jenen Reichtum angehäuft hatten, der es den heutigen Brights gestattete, ein so überaus angenehmes Leben zu führen. Von diesen Geschichten bekam Timothy nie genug. Nicht, daß er ihre Bedeutung so recht begriff. Ganz und gar nicht begriff er, daß die Brights im 20. Jahrhundert – vor allem die Generation seines Vaters – nicht das geringste unternommen hatten, um diesen Reichtum zu mehren oder auch nur zu bewahren. Ja, dank ihrer Privatschulerziehung und des daraus resultierenden selbstgefälligen Dünkels hatten sie sich alle Mühe gegeben, Finanzen und Einfluß der Familie vor die Hunde gehen zu lassen. Auch hatten sie dem Vaterland keinen großen Dienst erwiesen, indem sie sich für es opferten. Während die älteren und politisch einflußreicheren Brights ihre Talente eingesetzt hatten, um sicherzustellen, daß Kriege auch wirklich stattfanden, hatten die jüngeren Familienmitglieder von idiotischem Mut beseelt auf den Schlachtfeldern ihr Leben gelassen. Ob dies den Finanzen der Familie zuträglich gewesen war, wußte niemand so genau, aber eins stand fest, was nämlich den Kriegen und der familiären Vorliebe für sportliche Betätigung und Vogeljagd anstelle von Denken und Arbeiten nicht gelungen war, hatten die Erbschaftssteuern und dumpfe Idiotie geschafft.
    Das alles hatte man Timothy Bright verheimlicht. Die eine oder andere ältliche Tante hatte wohl mal genörgelt, es sei alles nicht mehr so wie früher, als anscheinend jedes Haus außer einem anständigen Butler auch eine erkleckliche Anzahl Hausangestellter besaß, doch das fand er uninteressant. Ohnehin hatten ihm die wenigen Hausangestellten, die er ab und an sah, wenn sie sich im flüchtigen Sonnenschein vor der Mauer von Onkel Fergus’ hübschem alten Küchengarten in Drumstruthie sonnten, nicht imponiert. Das war kaum verwunderlich. Die übrige Familie hielt nichts von Onkel Fergus. Er war ein außergewöhnlicher Bright und ein sehr reicher obendrein. Ein Leben pausenloser Tätigkeit in diversen ungesunden und billigen Gegenden der Welt – er war Vizekonsul auf West- Timor und sogar für die Falkland-Inseln im Gespräch gewesen – hatte Fergus Bright vor den finanziellen Debakeln seiner Brüder und Vettern bewahrt. Seine letzte Ernennung zum Direktor der Königlichen Nervenheilanstalt in der Nähe von Kettering war überaus einträglich gewesen, und da er sich bei seinen Patienten, die durchweg äußerst einflußreiche Verwandte besaßen, großer Diskretion befleißigte, war er fürstlich belohnt worden. Dessenungeachtet hatte man Timothy Onkel Fergus stets als Beispiel für langweilige Rechtschaffenheit und die gesellschaftlichen Gefahren einer guten Bildung hingestellt. »Onkel Fergus hat in Oxford studiert«, sagte Tante Annie gern, um ihre Brüder zu ärgern, und wurde von den anderen Brights, von denen kaum einer die Universität besucht hatte, regelmäßig mit dem Ruf »Und wohin hat ihn das gebracht? Ost- Timor!« belohnt. Trotz des Wohlstands, der es ihm erlaubte, Drumstruthie zu unterhalten, diente Fergus daher als Negativbeispiel, und Timothy wurde angehalten, seine Helden in den Onkeln Harry, Wedgewood und Lambkin zu suchen, die allesamt Polo spielten, schießen und jagen gingen, sehr exklusiven Clubs in London angehörten, von den famosen Kriegen sprachen, die sie irgendwo geführt hatten, und offenbar ein sehr angenehmes Leben ohne Geldsorgen führten.
    »Ich versteh’s einfach nicht, Daddy«, hatte Timothy eines Tages zu seinem Vater gesagt, als sie nach Dilly Dell gewandert waren, um sich anzusehen, wie das Faktotum Old Og sein neues Frettchen abrichtete, indem er es in ein Gehege setzte und ein zahmes Kaninchen jagen ließ, denn, wie Old Og sagte: »Gibt kein’ echtes Karnickel mehr wegen dieser Mickymaustose oder wie das heißt, drum muß ich mich mit’m gekauften behelfen, klar«, was Timothy verstand.
    »Aber
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