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Betrügen lernen

Betrügen lernen

Titel: Betrügen lernen
Autoren: W Bartens
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körperlichen Annäherungen, vielmehr mit der Erlaubnis, sich anzunähern oder auch sich zurückzuhalten, je nach Wunsch. Einen Tag würde er der Bestimmer sein, wie das im Kindergarten unter den Fünf jährigen heißt, einen Tag sie. Er gibt zu, dass das ein wenig schematisch klingt, aber wenn nichts anderes hilft?
    Sollte ihr das zu kurz gesprungen sein und zu viel Unruhe in den Alltag bringen, könnte auch eine Woche sie bestimmen und dann er eine Woche, ganz ungezwungen. Sie könnten auch geheime Signale ausmachen, die nur sie beide verstehen, eine Art erotischen Code. Das hätte etwas Aufregendes, Geheimnisvolles. Alex hatte Clara auch schon vorgeschlagen, ihr körperliches Zusammensein nach dem Prinzip der geplanten Ernährungsampeln auf Lebensmitteln zu gestalten, die Rot, Gelb oder Grün anzeigen, je nachdem, ob gerade Stopp, erst mal schauen oder freie Fahrt angesagt ist.
    Sie findet das alles wahnsinnig spießig, und Sex würde sowieso überschätzt, sagt sie. Sie mag ihn, das müsse er doch wissen, sagt sie. Und Liebe und Zärtlichkeit müssten sich spontan ergeben, aus einem stimmigen Miteinander und einem seelischen Gefühl der Nähe, der Geistesver wandtschaft und innigen Verbundenheit. Das könne man nicht planen und nach festen Zeiten organisieren, sonst wäre alles kaputt. Sagt sie.
    Alex versteht das nicht. Früher ging das doch auch. Schon bei den ersten Verliebtheiten und Treueschwüren haben sich beide manchmal ganz spät oder ganz kurzfris tig noch getroffen, und es war völlig klar, was der Zweck der hastigen Übung war. Sie fielen sofort übereinander her. Oder bei Affären und Schäferstündchen, wie ist es denn da? Da trifft man sich doch auch zu einer festgelegten Zeit am festgelegten Ort und will nur das eine. Dadurch geht doch auch nichts kaputt, im Gegenteil. Der Lust ist es völlig egal, ob man sich vorher die Uhr gestellt hat. Sie hat es sogar manchmal lieber pünktlich und eilig, die Lust, und wenn wenig Zeit ist, stimuliert das manche Menschen besonders, und die Lust macht Freudensprünge.
    Clara will trotzdem nicht. Oder jedenfalls sehr selten.

Heiße Liebe
    Bevor ich wieder von meiner Vortragsreise nach Hause fahre, werde ich noch in die Sauna gehen. Ich habe zwar im Schwimmbad vor ein paar Tagen eine herbe Niederlage erlitten, aber da muss ich jetzt durch und mich sofort wieder ins Getümmel stürzen. Es ist wie bei Reitern, die vom Pferd gefallen sind, oder bei gestürzten Trapezkünstlern im Zirkus, die sollten auch gleich wieder aufsteigen und es erneut versuchen, damit sie erst gar keine Zeit haben, zu verzagen und Ängste zu entwickeln. Konfrontationstherapie ist angesagt, und zwar so schnell wie möglich.
    Außerdem ist tagsüber nicht so viel los in den Schwitzkammern. Ich werde dort abschalten und auf andere Gedanken kommen. Die Sauna ist zudem ein gänzlich unerotischer Ort. Dort laufen zwar nur Nackte herum, aber es ist völlig tabu, jemanden in der Sauna kennenzulernen. Das geht so was von überhaupt nicht, no way. In der Sauna wollen Frauen ungestört entspannen und schwitzen und nicht begafft und erst recht nicht dumm angemacht werden. Selbst für den Fall, dass sie nicht abgeneigt sein sollten, eine neue Bekanntschaft zu schließen, darf die Kontaktaufnahme bitte schön nicht in der Saunakabine stattfinden. Das wäre zu wenig subtil.
    »Du schwitzt ja ganz schön«, will eine Frau dort ebenso wenig hören wie »Wahnsinn, du schwitzt ja kaum«. Und der offensive Satz »Hilf mir, ich komm gerade nicht drauf, aber irgendwo habe ich deine Brüste schon mal gesehen« eignet sich vielleicht für die Reportagen des Privatfernsehens über Swingerclubs in der Provinz, aber nicht für ernst gemeinte Zuneigungsbekundungen in der Sauna.
    Für die Sauna gilt: ein paar verstohlene, diskrete Blicke, höchstens. Ein kurzes Zublinzeln, allerhöchstens. Vielleicht klappt es dann hinterher, draußen. Entweder ganz draußen, wenn man wieder angezogen ist und sich an der Kasse trifft, an der man die überzogenen Stunden nachlösen muss. Oder an diesen karibisch verunstalteten Saftbars, an denen alle in den gleichen weißen Frotteebademänteln und Badelatschen im Kreis herumsitzen. Die einen trinken frisch gepressten Obstsaft und die anderen Weißbier, und beide sagen, dass sie ihren Mineralhaushalt wieder in Ordnung bringen müssen (die einen sind die Frauen, die anderen die Männer). Und immer trifft man dort einen viel zu lauten, viel zu peinlichen, längst zu Recht vergessenen
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