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Betrügen lernen

Betrügen lernen

Titel: Betrügen lernen
Autoren: W Bartens
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auch für das strapazierte Grün in Freibädern tauglich wäre? Egal.
    Manchmal zog meine botanische Anmache, und die von mir Angebetete fing spielerisch eine Rauferei mit mir an – oder ich konnte die Grashalme vorsichtig wieder von ihrer zarten Bauchhaut entfernen und dabei ganz sachte und ganz kurz ihren weichen Körper berühren, was bei Frauen angeblich einen wohligen Schauer und Gänsehaut auslöst.
    Wenn das Mädchen neben mir nicht weiter reagierte, konnte ich das Thema weiterspinnen, also beispielsweise darauf hinweisen, dass man zwar liegend weitgehend davor geschützt war, von den Elefanten zertrampelt zu werden. Andererseits bestand natürlich die Gefahr, dass die Elefanten in der Wahl der Äste nicht zimperlich waren und einen mit derart massiven Stämmen bedeckten, dass das Ergebnis dasselbe war.
    So kam ich zwar das eine oder andere Mal zwanglos mit dem anderen Geschlecht in Kontakt. Aber lag es daran, dass aus Elefantensicht unser vermuteter Tod zwi schen uns stand, die Quetschung unter illegal geschlagenen Tropenhölzern drohte oder gar der frevelhafte Schmuggel von Elfenbein? Oder lag es an ihrem Heuschnupfen, der manch zarte Annährung in einem fein dosierten Nieselregen aus Pollen, Nasensekret und Viren zerstäuben ließ? Mehr wurde jedenfalls nie daraus, obwohl ich die Masche immer wieder versuchte.
    Aber immerhin war es fast jedes Mal ein Anfang, die Anbahnung gelang oft. Heute, mit so viel mehr Erfahrung und Gelassenheit, könnte sich die Strategie vielleicht immer noch als ganz tauglich erweisen, wer weiß. Ich liege also nicht weit von dem kleinen Heuschober entfernt, der um den Ofen herum mitten in der Sauna angebracht ist. Vorsichtig, sie soll ja nichts von meinen Plänen bemerken, robbe ich auf meinem Handtuch ein wenig vorwärts, ganz langsam, zentimeterweise.
    Wie ich da so schwitzend auf dem Bauch vorrutsche, habe ich Sorge, dass ich in den Holzritzen der Saunabank hängen bleibe. Aber das Handtuch hält stand und bewahrt mich vor etwaigen Splittern. Jetzt ist das Heu in greifbarer Nähe. Aber was mache ich, wenn es nicht nur so riecht, sondern es sich tatsächlich in dem Trog nicht nur um naturweiche Gräser handelt, sondern auch um Meerschweinchenstreu? Ich kann sie doch unmöglich mit diesen harten Bollen bewerfen, die fast die Konsistenz von Steinen haben.
    Ich liege jetzt ebenfalls auf der mittleren Saunabank, das Heizaggregat und die Heuvorräte sind etwas tiefer angebracht. Der Saunameister war gerade erst da für den letzten Aufguss. Die Zeichen stehen gut, dass wir eine Weile ungestört sein werden. Noch ist die Luft etwas neblig, sodass sie von meinem Vorhaben kaum etwas mitbekommen dürfte.
    Wie zufällig lasse ich meine linke Hand herunterbaumeln. Ich werde gleich ebenso zufällig in den Futtertrog mit dem aromatischen Heu greifen, werde ein paar Halme erhaschen und sie dann, ganz zufällig, in ihre Richtung werfen. Sie liegt auf der mittleren Bank im rechten Winkel zu mir. Sie hat sich umgedreht, liegt auf dem Rücken und starrt an die Decke. Ich werte das als ein Zeichen ihrer Offenheit. Langsam gleitet meine Hand hinab. Ich taste mich behutsam vorwärts und bin aufgeregt, ob das Manöver gelingen wird. Gleich, jetzt sind es nur noch wenige Zentimeter. Zum Heu, nicht zu ihr.
    »Aua, Mist!«
    Ich hatte in der dunstigen Atmosphäre übersehen, dass die Holzumrandung des Troges, der die Heuvorräte enthält, mit einer schmalen Metallleiste eingefasst ist. Meine zart tastende Hand ist an das fast glühende Metall geraten und scheint in Flammen zu stehen. Alles zieht sich in mir zusammen, wirklich alles.
    Ich hüpfe von der Saunabank hoch, als läge ich auf glühenden Kohlen. Das soll man zwar nicht tun, um den Kreislauf nicht zu überlasten und ohnmächtig zu kollabieren, aber das ist mir im Augenblick egal. Ich renne aus der Hitzekammer, ramme eine nackte Schöne, die gerade aus der Schlauchdusche kommt, und springe sofort in das Kaltwasserbad, ohne mir vorher Beine oder Arme kalt abzuduschen. Das ist gegen die Saunaregeln. Ich weiß nicht, ob es zischt, als ich eintauche, aber es dauert eine Weile, bis meine verwundete Hand und ich abgekühlt sind.
    Unter Schock verharre ich noch lange im eiskalten Wasser, sehr lange, zu lange. Ich bleibe dort, bis ich blau anlaufe, am ganzen Körper zittere und überall zusammengeschrumpelt bin. Als ich ein paar Minuten in der Kälte des Eiswassers gestanden bin und langsam unsicher werde, ob nicht besonders exponierte Teile von mir schon
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