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Betrügen lernen

Betrügen lernen

Titel: Betrügen lernen
Autoren: W Bartens
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Im Strudel der Gefühle
    In langsamen kreisenden Bewegungen massiert mein Zeigefinger die kleine Erhebung. Sie hat in etwa die Größe einer Erbse und ähnelt von der Konsistenz her einer Backpflaume. Dieses runde Etwas ist erst fest, aber dann scheint das Gewebe langsam nachzugeben, wird geschmeidiger und weicher. Kurz darauf fühlt es sich wieder spröde und störrisch an.
    Ich streichle von allen Seiten auf diese Erhebung zu, strahlenförmig zum Mittelpunkt – mein fleischgewordenes Karlsruhe. Karlsruhe wird die Fächerstadt genannt, weil alle Straßen der Innenstadt sternförmig auf das Zentrum zuführen wie bei einem Fächer. Das Zentrum, das mich im Moment interessiert, liegt allerdings ganz woanders. Ich habe es gerade ziemlich zärtlich im Griff. Manchmal fasse ich direkt auf den kleinen Hügel, der so unberechenbar ist und mal hart, mal weich, mal elastisch wird und ein kokettes Eigenleben zu führen scheint.
    Sie lacht. Wie schön sie ist! Sie lacht erneut, aber die Augen hat sie noch geschlossen. Ich sehe, wie sich ihr Oberkörper langsam rhythmisch auf und ab bewegt. Ihre Bewegungen sind elegant, sogar in dieser wogenden Lage. Die angefeuchteten Haarspitzen liegen in langen dunklen Locken auf ihren Schultern. Sehr entspannt sieht sie aus, wie sie so daliegt. Warm und wohlig muss sie sich gerade fühlen. Ihre hohen Wangenknochen ge ben ihr einen vornehmen, geradezu feierlichen Ausdruck. Auf ihrem Dekolleté glänzen ein paar Tropfen. Wie sie schimmert, wie sie strahlt!
    Jetzt wirft sie den Kopf nach hinten und rekelt sich auf dem Rücken hin und her. Es sieht so aus, als würde sie ein wenig mit den Schultern zucken. Eigentlich ist sie eher ein heller Typ, trotz der dunklen Haare, aber jetzt, in den letzten Strahlen der Abendsonne, glänzt ihr Körper fast bronzefarben. Am Übergang zwischen Schlüsselbein und Brustbein, dort, wo sich unten am Hals ein Grübchen einsenkt, wirkt ihre Haut besonders zart und verletzlich.
    Ich konzentriere mich weiter auf die behutsame Massage dieses kleinen runden Etwas, das sich immer wieder dem Zugriff meiner Finger entzieht. Keck bewegt sich das runde Teil hin und her, fast widerspenstig. Es lässt sich nicht richtig fassen, immer noch nicht, vielleicht ist es einfach zu feucht dazu. Ganz vorsichtig will ich schon die Fingernägel zu Hilfe nehmen, aber das wäre zu grob. Ich streichele und massiere beharrlich weiter.
    Sie liegt inzwischen wieder etwas ruhiger da. Wie be zaubernd sie ist! Majestätisch hebt und senkt sich ihr Brustkorb mit jedem Atemzug. Erfüllt und zufrieden sieht sie aus. Eine Frau, die nicht mehr auf der Suche ist, sondern angekommen – eins mit sich und der Welt. Sie hat die Augen immer noch geschlossen, genießt die Wärme, das Licht und den lauen Abend. Auf ihren Augenlidern glänzen ein paar Tropfen. Sie lässt sich treiben.
    Ich befinde mich mittlerweile ebenfalls in einem dämmrigen Zwischenzustand, tranceartig. Nicht richtig wach, sondern schläfrig – aber dennoch mit geschärften Sinnen. Es ist, als inhaliere ich jeden Reiz. Jede neue Geruchsnuance, jeden leichten Luftzug und erst recht jede Vibration sauge ich ein. Mein Finger ruht für einen Moment auf der runden Erhebung, die ich die ganze Zeit bearbeitet habe. Ich halte inne, ich habe es ja nicht eilig.
    Unerwartet bewegt sie sich. Das runde Ding ist auf einmal viel weicher, zarter als bisher und lässt sich plötzlich in alle Richtungen mühelos verschieben. Es ist so weit.
    Die dunkelhaarige Schöne bäumt sich auf, ihr Körper bebt. Sie macht den Rücken erst rund, als ob sie sich zusammenkauern wolle, dann überstreckt sie ihren Oberkörper langsam nach hinten. Es durchströmt sie. Sie reißt die Augen auf, dunkelbraun, tief und unergründlich sind sie, mit einem matten Schimmer wie ein frisch geöffnetes Glas Nutella, dessen Inhalt noch unberührt ist. Ich bin unter Spannung, elektrisiert, drücke deutlich fester zu und massiere den runden Punkt, sodass er fast zum wunden Punkt wird und auf und nieder hüpft. Sie kreischt kurz auf, zuckt. Wild sieht sie aus, unbändig und verwegen. Sie lacht. Dann atmet sie tief und ruhig weiter.
    Ich schrecke aus meinem tranceartigen Dämmer hoch, und es dauert sehr lange, bis ich die Lage erkenne. Nach und nach klärt sich die Situation: In den Liegemulden im Thermalbecken sind nach einer längeren Phase der Ruhe die Massagedüsen plötzlich wieder angesprungen. Der harte Strahl hat die dunkelhaarige Schöne am anderen Beckenrand, die ich die
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