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Betoerendes Trugbild

Betoerendes Trugbild

Titel: Betoerendes Trugbild
Autoren: Natalie Rabengut
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und liegt jetzt irgendwo verscharrt in einem Waldstück.“
    „Jammerschade, ich werde sie und unsere gemeinsame Zeit vermissen. Wahrscheinlich allerdings nicht so sehr wie Scott.“
    In diesem Augenblick wagte Sam es nicht einmal mehr zu atmen. Zachary drehte sich in der Tür um. „Du bist ganz sicher, dass sie nichts mitbekommen hat?“
    Ethan nickte inbrünstig. „Hundertprozentig sicher. Dafür ist Ketamin viel zu stark.“
    Alles in Samantha schrie danach, aus dem Schrank zu stürzen und den beiden ihre Gesichter zu zerkratzen. Vor ihrem inneren Auge hatte sich ein Bild zusammengesetzt, das sie noch lange verfolgen würde. So, wie es schien, hatten die Männer Carrie unter Drogen gesetzt und sich an ihr vergangen. Die Übelkeit stieg bis in ihre Kehle – zusammen mit dem Verlangen, zu bleiben und Michael mit der größten Freude dabei zu helfen, die Brüder zu ruinieren und Ethan am besten gleich mit.
    Sie schloss ihre Augen und zählte ihre Atemzüge – so lange, bis sie wieder vollkommen ruhig war. Die Küche war längst leer. Abschätzig betrachtete sie die Kaffeetasse. In diesem Haus würde sie ganz sicher nichts mehr zu sich nehmen.
    Michael! Sie musste unbedingt mit ihm sprechen. Er hatte zwar erwähnt, dass er Ethan nicht über den Weg traute, aber wie weit dieser zu gehen bereit war, ahnte er bestimmt nicht. Doch zuerst würde sie ein Taxi rufen, dann konnte sie Michael auch gleich überzeugen, mit ihr zu kommen.
    In ihrem Zimmer blieb sie wie angewurzelt stehen, der riesengroße Blumenstrauß war unter Garantie noch nicht da gewesen, als sie den Raum verlassen hatte. Ein panischer Blick hinter die Tür versicherte ihr, dass der Koffer noch unberührt an Ort und Stelle stand – genau wie ihre Handtasche, die darauf thronte. Die Verschlüsse des Koffers waren mit einem kleinen Vorhängeschloss gesichert, das eher dazu diente, festzustellen, ob jemand sich daran zu schaffen gemacht hatte als zum Schutz. Es sah unberührt aus.
    Dann sah Sam die Karte an den Blumen. Möglicherweise war es eine Nachricht von Michael. Sie lächelte und griff nach dem Strauß. Ihre Hand schloss sich darum.
    Plötzlich öffnete sich hinter ihr die Tür und Michael erschien im Türrahmen. Mit gerunzelter Miene sah Sam von dem Strauß in ihrer Hand zu Michael. „Ich muss mit dir reden!“, stieß sie atemlos hervor und umfasste die Blumen fester. Etwas stach in ihren Finger.
    „Warum bist du noch nicht weg, Sam?“ Hektik schwang in Michaels Stimme mit. „Du musst sofort verschwinden. Ich gebe dir die Schlüssel zu einem der Wagen.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich kann nicht gehen. Komm rein und mach die Tür zu.“ Als sie die Karte aus den Blumen nehmen wollte, sah sie den Blutstropfen auf ihrem Finger. Sie musste sich an einem Rosendorn gestochen haben. Schnell überflog sie die geschwungene Schrift. Der Strauß war von Zachary, der ihr mitteilte, dass er es nicht zu dem vereinbarten Abendessen schaffen würde. Achtlos warf sie die Karte weg. „Ich wollte mir gerade einen Kaffee machen, da hat sich die Gelegenheit ergeben, Zach und Ethan zu belauschen. Sie-“
    Mit einem Mal wurde ihr schwindelig und sie schaffte es nicht mehr, Michael mit dem Blick zu fixieren. Unsicher griff sie nach der Kommode und hob ihre zitternde Hand. Der rote Tropfen prangte noch immer auf ihrer Fingerkuppe, dann verschwamm er vor ihren Augen. Ihre Zunge wollte ihr nicht mehr gehorchen und fühlte sich merkwürdig groß an.
    „Sam, was ist los?“
    Unsicher sah sie ihn an und wollte antworten, doch es war, als hätte sie keine Kontrolle mehr über sich. Dann gaben ihre Knie nach. Michael reagierte sofort und fing sie auf. „Was zum Teufel ist los? Hast du etwas getrunken oder gegessen, das Scott oder Zachary dir gegeben haben?“
    Die patzige Antwort, dass sie kein Idiot war, lag auf ihrer Zunge, schaffte es aber nicht mehr aus ihrem Mund heraus. Schwach deutete sie auf den Blumenstrauß, doch mehr als ein unverständliches Lallen brachte sie nicht zustande.
    Langsam wurde es schwarz vor ihren Augen. Sie nahm nur noch wahr, dass Michael einen Arm um ihre Schultern legte, den anderen in ihre Kniekehlen schob und sie hochhob. Er stieß ihre Zimmertür auf, dann verlor Sam endgültig das Bewusstsein.

    ◆ Fortsetzung folgt ◆

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