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Betoerendes Trugbild

Betoerendes Trugbild

Titel: Betoerendes Trugbild
Autoren: Natalie Rabengut
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sagen sollte, wenn es so weit war. Gerade, als sie eine Tasse bereitgestellt und Kaffeebohnen in den Automaten geschüttet hatte, hörte sie Schritte. Mit angehaltenem Atem lauschte sie in den Flur und fragte sich, wer dort wohl kam. Sie wollte nicht schon wieder mit Zachary in der Bibliothek landen. Noch zögerte sie, obwohl die Schritte immer näher kamen.
    Dann ertönte Scotts Stimme. „Ethan, da bist du ja. Ich schicke Zachary zu dir.“
    Obwohl Ethan näher an der Küche zu stehen schien als Scott, konnte Sam seine Antwort nicht verstehen. Scott lachte nun bitter auf. „Wenn ich das nur wüsste, Kumpel. Wenn ich das nur wüsste.“
    Das war ihr Stichwort. Lautlos glitt Sam in die Besenkammer, die ihr mittlerweile schon bestens vertraut war und ließ die Tür einen winzigen Spalt weit auf. Ethan blieb vor dem Fenster stehen und starrte hinaus, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Es dauerte nicht lang, bis Zachary ebenfalls auftauchte.
    „Ethan.“ Mehr sagte er nicht zur Begrüßung. Sein Tonfalls war allenfalls als neutral zu bezeichnen. Gespannt beobachtete Samantha die beiden Männer. Offensichtlich wartete Zachary darauf, dass der Biologe Bericht erstattete. Als Ethan sich zu ihm drehte, konnte sie einen kurzen Blick auf sein Gesicht erhaschen und zuckte zurück. Er hatte praktisch keine Ähnlichkeit mehr mit dem Mann, den sie im Garten kennengelernt hatte. Die höfliche Zurückhaltung, die immer in seiner Miene gelegen hatte, war einer brutalen, berechnenden Ausstrahlung gewichen.
    „Die eine Frau konnte sich an nichts mehr erinnern, die andere musste ich verschwinden lassen.“
    Entsetzt schlug Sam die Hand vor den Mund. Um Himmels willen! Sprach er etwa von Susan und Eve? Sie begann zu beten, dass sie ihn nur falsch verstanden hatte. Zachary nickte nur finster. „Hat Schäfer dir geholfen?“
    „Ja. Er war nicht erfreut darüber. Wir müssen herausfinden, wer Scott die Drogen besorgt hat und ihm eine Nachricht zukommen lassen. Es ist besser, wenn er seinen Stoff nur von mir bekommt. Sonst wird er einfach zu unkontrollierbar.“
    Ihre Kopfhaut prickelte, während sie dem Gespräch atemlos lauschte. Zachary seufzte. „Hat unserer besonderer Gast vielleicht etwas damit zu tun?“, wollte er von Ethan wissen. Eine kalte Hand umschloss ihr Herz und die Sorge um Michael wogte in ihr auf.
    „Samantha? Das glaube ich nicht. Sie wirkt zu organisiert, um Interesse an Drogen zu haben. Aber du solltest sie trotzdem im Augen behalten. Ich habe mittlerweile jeden Stein zweimal umgedreht und den Kommandanten um einen Backgroundcheck gebeten – ich bin mir mittlerweile sicher, dass ihre Identität erfunden ist. Die Frage ist nur, warum.“
    Wie gelähmt stand Samantha in der Besenkammer. Michael hatte recht gehabt, sie musste verschwinden. Obwohl sie es gerade mit ihren eigenen Ohren gehört hatte, konnte sie kaum glauben, wie nüchtern Ethan über sie redete und dass er offenbar eine Frau hatte „verschwinden“ lassen.
    „Du denkst nicht, dass sie einfach nur hinter Scotts Geld her ist?“
    „Nein, und genau das macht mich so stutzig. Jede andere Frau hätte schon am zweiten Abend die Flucht ergriffen, als Scott so high war. Samantha ist jedoch vollkommen ruhig geblieben. Irgendetwas muss sie vorhaben.“
    Zachary antwortete mit einem dreckigen Lachen, bei dem sich die feinen Härchen in Sams Nacken aufstellten. „Keine Sorge, ich habe vor, Samantha im Augen zu behalten. Sehr genau im Auge zu behalten.“
    Ethan grinste ihn schief an. „Vergiss mich nicht, mein Freund.“ Damit legte er ein kleines Päckchen auf den Küchentresen. Zachary betrachtete es wohlwollend und antwortete: „Natürlich nicht. Wir teilen gerecht wie immer.“ Das kleine Päckchen steckte er ein.
    Mit größter Mühe konnte Sam ihren rebellierenden Magen beruhigen und sich davon abhalten, sich an Ort und Stelle zu übergeben. Sie war sich ziemlich sicher, die alles andere als dezente Andeutung der Männer richtig verstanden zu haben – sie vermied es aber, darüber nachzudenken.
    „Schreib Scott eine Rechnung für den Gefallen“, forderte Zachary den anderen Mann auf. Das Wort Gefallen umschrieb er mit Anführungszeichen in der Luft. Er wollte gerade gehen, da legte Ethan eine Hand auf seine Schulter. „Gibt irgendetwas Neues von Carrie?“
    Zacharys Schultern sanken für einen Moment nach unten, dann straffte sich sein Körper wieder. „Nein. Schäfer meint, wenn wir Glück haben, ist sie tatsächlich entführt worden
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