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Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Titel: Bernsteinaugen und Zinnsoldaten
Autoren: Joan D. Vinge
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ich bin so glücklich!“
    „Ich auch.“
    „Aber meine Gedichte …“
    „Erinnerst du dich, was du mir einmal gesagt hast: ‚Hundertfach man alles sehen kann und sieht doch nie genug’?“
    Ein quecksilbernes Lächeln belohnte ihn. „Und das stimmt. Oh, Maris, das ist meine letzte Nacht! Und die muß ich mit ihnen verbringen und feiern.“
    „Ich weiß. Ich glaube, ich kann dich niemals für immer haben. Aber das macht nichts.“ Er grinste. „Alles in Ordnung. Was sind schon fünfundzwanzig Jahre, verglichen mit zweihundert?“
    „Es werden nur drei sein.“
    „Nein, fünfundzwanzig, aber so lange werde schon ich warten können …“
     
    Und er wartete fünfundzwanzig weitere Jahre und sah jedesmal erwartungsvoll von der Bar auf, wenn neue Stimmen und Gelächter in der Bar erklangen.
    „Soldat! Soldat, du bist immer noch …“
    „Du hast uns vielleicht gefehlt …“
    „ … zwei ganze Wochen für …“
    „… würde am liebsten einen ganzen Sack davon kaufen …“
    Die Mannschaft der DOM-428 drängte sich um ihn, ihre Finger stellten fest, daß er real war, ihre Lippen hauchten Küsse auf eine Wange, die nicht fühlen konnte, auf eine weitere, die durchaus fühlen konnte, lange, lose Haare glitten über die Theke aus Achat. Er umarmte vier gleichzeitig. „Aralea! Vlasa! Elsah! Was hast du bloß mit deinen Haaren angestellt? Und Ling-shan! Mein Gott, ihr seid schön wie immer. Cathe…“ Seine Erinnerungsspeicher vergaßen niemals eines der frisch gescheuerten Gesichter, nicht einmal nach siebenunddreißig Jahren. Ihre Augen glänzten, während er sie begrüßte, ihre Hände hinterließen liebevolle Fingerabdrücke auf der Achatbar.
    „ … hast immer noch deine Steintheke. Ich bin so froh, daß du sie nicht verkaufst …“
    „Und was ist an dir neu?“ keuchte Elsah, woraufhin ein ekstatisches Gelächter um ihn herum laut wurde.
    Er riß die Arme hoch, schüttelte den Kopf und lachte ebenfalls. „… etwa taub werden? Die erste Runde geht auf Kosten des Hauses, aber immer schön der Reihe nach, ja?“
    Elsah strich Strähnen hüftlangen, grüngefärbten Haares aus ihren grünen Augen. „Tut mir leid, Soldat, aber wir alle haben uns das wieder und wieder vorgesagt. Und außerdem haben wir dich seit vier Jahren nicht mehr gesehen!“ Ihr Gürtel warf blaugrüne Funken über ihren grünen Fluganzug.
    „Vier Jahre? Kam mir wie siebenunddreißig vor.“ Und sie lachten wieder anerkennend, denn es stimmte. „Herzlich willkommen im ‚Zinnsoldaten’. Mit welchen Freuden kann ich dienen?“
    „Mit deinen natürlich, Süßer“, sagte die schwarzhaarige Brigit blinzelnd.
    Sein Lächeln klang ein wenig nervös, doch er blinzelte zurück. „Nur die Getränke auf Kosten des Hauses, du Lose!“ Sein Lächeln wurde breiter und offener.
    Noch mehr Kichern.
    „Ach, welch ein Jammer!“ schmollte Brigit. Sie trug ein Diadem um den Hals, das wie die Milchstraße funkelte. „Na, dann werde ich wohl mit einem Olivenbier vorlieb nehmen müssen, ganz wie in alten Zeiten.“
    „Bring gleich zwei.“
    „Will jemand einen Krug?“
    „Klar, warum nicht?“
    „Komm, setz dich eine Weile zu uns, Soldat. Wir haben dir eine Menge zu erzählen!“
    Er stellte den klobigen Krug unter den Zapfhahn und drückte ihn nieder, während sie sich entfernten. Er sah zu, wie die bernsteinfarbene Flüssigkeit ins Glas schäumte.
    „He, Alta! Perfektes Timing! Wie läuft es auf der Alten Extra Sexy- 115 ?“
    „Oh, ganz gut. Was ist mit Chrysalis – hat es sich sehr verändert?“
    Schaum ergoß sich über seine Hände, er drehte den Hahn wieder zu, leckte sich die Finger und wischte sie an seiner Schürze ab.
    „Ist ganz schön wild geworden. Du solltest mal sehen, was man dort inzwischen für Kleider trägt! Du würdest es nicht glauben …“
    Er stellte den nassen Krug auf die Bar und verteilte achteckige Bierdeckel auf dem Tablett.
    „Aralea, hast du schon gehört, was mit der …“
    Er hob den Bierkrug zum Tablett.
    „… Wer hat sie- 709 passiert ist?“
    Der Krug zitterte.
    „Ihre Mactav hatte bei der Landung auf Sanalareta einen Nervenzusammenbruch. Branduin kam ums Leben, die Dichterin, diejenige, die …“
    Splitter und Schaum explodierten auf der Achatbar und ergossen sich klirrend und spritzend auf den Boden.
    Verblüffte, verständnislose Gesichter wandten sich Soldat zu, dessen Hände sich vergeblich in einer Pfütze rötlichen Schaumes bewegten. Er wischte alles auf den Boden, wobei er wie ein
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