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Berlin Fidschitown (German Edition)

Berlin Fidschitown (German Edition)

Titel: Berlin Fidschitown (German Edition)
Autoren: D B Blettenberg
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Schlittschuhkufen zerfurchte und zerkratzte Eisfläche lag vor ihm und erinnerte ihn an Heli. Die Ungewissheit über ihr Schicksal machte ihm Beine, und nur fünf Minuten später erreichte er das Ende des Mittelstreifens und trat aus dem Schatten der Kiefern.
    Das „Buddhistische Haus“, das Haller ihm als Orientierungspunkt benannt hatte, ragte vor ihm auf. Es lag inmitten alter Bäume auf einem Hügel und ähnelte mehr einer mit Efeu überwucherten Burg als einem Tempel. Von dem an der Straße gelegenen Portal mit den Elefantenfiguren führte eine langgezogene Treppe steil zum Hauptgebäude hinauf. Die Stufen wurden von vier Laternen beleuchtet, deren Ampeln an winzige Geisterhäuschen erinnerten. Die Informationen im Schaukasten neben dem Eingang waren im Halbdunkel kaum zu entziffern, verrieten aber, dass es sich um eine Stätte des Therawada-Buddhismus handelte, in dem Mönche aus Sri Lanka unterrichteten. Spenden wurden im Büro gegen Quittung entgegengenommen, und für Teilnehmer an den Meditationsgruppen betrug der Selbstkostenbeitrag vierzig Mark pro Tag.
    Gustav Torn hatte sich die Wohngegend nicht deshalb ausgesucht. In tiefer Andacht zu sich selbst zu finden, war nicht seine Art gewesen. Das hatte auch Khun Heinz betont. Der heilige Ort habe absolut nichts mit Torn zu tun, auch wenn dieser sich nicht selten mit der Nachbarschaft zu seiner Privatpagode gebrüstet habe. Das deckte sich mit der Aussage von Mönch Kramer, Torn sei bereits in Thailand jedem Tempel aus dem Weg gegangen, wie der Teufel, der das Weihwasser scheut.
    Er wandte sich nach rechts, nahm den Oppenheimer Weg, und wanderte vorsichtig die leichte Steigung hoch. Über ihm rauschten schwere Baumkronen im Wind. Er erkannte den Bungalow, den Haller beschrieben hatte, noch bevor die Hausnummer Gewissheit gab. Das Anwesen lag linkerhand im Hang und war der einzige Flachbau in der näheren Umgebung.
    Torn hatte sich bei der Sicherung seines Eigentums für die Billigvariante entschieden. Hinter den Fenstergittern waren alle Rollläden geschlossen und am Gartentor und noch einmal gut sichtbar an der Front des Hauses waren Schilder des Maklers befestigt, der das Anwesen zum Verkauf anbot. Farang umging das Grundstück, bis er auf der bewaldeten Seite des Hügels eine geeignete Stelle fand, um die Grenzmauer zu überwinden. Er rechnete nicht mit einer Alarmanlage. Torn hatte für die Zeit seiner so sorgsam geplanten Abwesenheit sicher alles vermieden, was öffentliches Aufsehen erregen konnte. Er erreichte die hintere Seite des Bungalows. Nach einigen Minuten hatte er die Schwachstelle gefunden, und es kostete ihn keine drei Minuten, bis er auf Gustav Torns Wohnzimmerteppich stand und nicht mehr Lampen als nötig anmachte.
    Nichts erinnerte an Asien. Nur modernstes Design. Kalt und geschmackvoll. Keine Pflanzen – bis auf den vertrockeneten Ball, der einsam und allein in einer Glasschale lag. Heli hatte ihm beigebracht, dass es eine Rose war. Diese hier war so groß wie ein Straußenei. Er ging in die Küche, um ein Glas Wasser zu holen, aber das Wasser war abgestellt. Der Kühlschrank war ebenfalls außer Betrieb, aber auf dem Schrank stand eine halbe Flasche Mineralwasser. Er nahm die Flasche und goss die Rose von Jericho. Vielleicht brachte sie ihm Glück.
    In den folgenden zehn Minuten konzentrierte er sich ganz auf die Suche nach dem Safe. Er fand ihn nicht. Frustriert blieb er auf dem Bett im Schlafzimmer sitzen und brütete eine Weile vor sich hin, bevor er erneut langsam und bedächtig das Haus durchstreifte. Er hatte bereits alle Hoffnung aufgegeben, als ihm der Kelim unter dem Glastisch im Wohnraum auffiel. Im ganzen Raum nur spiegelblankes Parkett, aber unter dem Wohnzimmertisch ein Teppich. Er ging in die Hocke und zog das Gewebe beiseite.
    Bingo!
    Da war er. In den Boden eingelassen. Vorsichtig schob er den Tisch zur Seite und musterte das flache Tastenfeld mit den magischen Zahlen. Kein Grund, den Unterarm frei zu machen. Er kannte die Kombination noch auswendig. Und doch würde es ihm nichts nützen, denn unter den Tasten war der schmale Spalt eines Schlüssellochs zu erkennen.
    Das war das Aus.
    Ohne den passenden Safeschlüssel nützte ihm die Zahlenspielerei gar nichts. So nah am Ziel, und doch so weit entfernt. Er erhob sich und ging im Raum auf und ab. Was tun? Er blieb stehen und wandte sich um, betrachtete die Rose von Jericho aus der Ferne. Wofür hatte er der Auferstehungspflanze Wasser gegeben, wenn sie ihm dann doch kein
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