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Bélas Sünden

Bélas Sünden

Titel: Bélas Sünden
Autoren: Petra Hammesfahr
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sämtlichen Fenstern der Straßenfront brannte Licht.
    Sogar die Leuchtreklame über dem Eingang war eingeschaltet. Da hatte wohl jemand aus Versehen auf den Knopf gedrückt.
    »Bélas Musikstübchen«.
    Das
    »Stübchen« ist ein Lokal von zweihundert Quadratmetern Grundfläche. Aber es wirkt nicht wie ein Saal, es ist gemütlich. Die Innenaufteilung hatte Béla selbst entworfen, geschickt eingezogene Zwischenwände schaffen den Eindruck von mehreren kleinen Räumen, erlauben es jedoch auch, eine Hochzeitsgesellschaft von siebzig oder achtzig Personen so unterzubringen, dass sie glauben, sie säßen alle an einem Tisch.
    Unsere Wohnung im ersten Stock ist genauso groß. Wir haben zwei Zimmer, die wir nicht brauchen. Sie stehen seit unserem Einzug vor zwei Jahren leer. Der Wohnraum hat fast siebzig Quadratmeter und einen offenen Kamin.
    Eine große Küche, zwei Bäder, zwei Schlafzimmer, ein Gästezimmer, mein Arbeitszimmer, Bélas Arbeitszimmer.
    Irgendwie war uns alles zu groß geraten, hatten wir von allem zu viel. Zu viel Erfolg, zu viel Geld, zu viel Glück in den letzten beiden Jahren. Als ob das Leben einem noch einmal zeigen will, wie schön es sein kann, ehe man alles verliert.
    Die paar Meter vom Straßenrand bis zur Eingangstür waren eine Tortur. Ich wollte nicht ins Haus gehen, wollte lieber zurück nach München fahren. Ich hätte auch einfach umkehren können, glaube ich. Es hatte mich noch niemand bemerkt, obwohl da so viele Leute standen. An der Eingangstür hielt mich ein uniformierter Polizist auf.
    Als ich ihm sagte, wer ich war, ließ er mich durch.
    Sie saßen im Schankraum. Zwei fremde Gesichter und ein bekanntes, unser Nachbar, der alte Dussing. Der anfangs lauthals protestiert hatte, dass ausgerechnet neben seinem Grundstück ein Lokal eröffnet werden sollte, noch dazu eins mit Musik, der schon bald zu unseren Stammgästen und zu Bélas größten Bewunderern zählte.
    »Da kommt ja die Frau Szabo«, hörte ich ihn sagen, während ich den Raum nach Béla absuchte. Er war nicht da. Natürlich nicht. Etwas passiert! Ich konnte nicht durchatmen.
    Ein Mann kam auf mich zu. Er war in meinem Alter, mittelgroß und untersetzt, ordentlich frisiert mit Seitenscheitel. Es fiel mir auf, weil ich ihn anstarren musste. Er strahlte diese besondere Autorität aus, der man sich unwillkürlich beugt. Es war nicht zu übersehen, dass er das Kommando führte. Er hielt mir etwas entgegen, einen Dienstausweis vermutlich, ich habe nicht hingeschaut. Er stellte sich vor: Offermann, Kriminalpolizei.
    Was auch sonst?!
    Während ich im Zug saß, zwischen Koblenz und Bonn, hatte der alte Dussing vier Schüsse gehört. Beim ersten war er aufgeschreckt, beim zweiten und dritten hatte er überlegt, ob es sich vielleicht doch nur um Fehlzündungen eines Autos handeln könnte. Nach dem vierten hatte er sich endlich zum Telefon bemüht.
    Nur drei Minuten nach seinem Anruf war ein Streifenwagen gekommen. Sie waren in der Nähe gewesen, nur eine Querstraße weiter. Wie ich später erfuhr, hatte es beim Kino eine Schlägerei gegeben, an der ein rundes Dutzend Halbwüchsige beteiligt waren. Dahin waren sie mit drei Wagen unterwegs.
    Als der Durchruf von der Zentrale kam, bog einer zu unserem Haus ab. Zwei Beamte in Uniform versuchten, ins Haus zu gelangen. Das Lokal war geschlossen, der Donnerstag war unser Ruhetag. Auf das Klingeln an der Eingangstür reagierte niemand. Daraufhin gingen sie ums Haus herum und entdeckten die Treppe, die vom Garten hinauf zum Balkon führt.
    Bélas Idee.
    »Dann musst du nicht durchs ganze Haus laufen, Liska, wenn du dich in die Sonne legen möchtest.
    Du wirst dich doch in die Sonne legen?« Im vergangenen Jahr hatte ich das oft getan, am Nachmittag, zwischen zwei und fünf, wenn Béla das Lokal für eine ausgedehnte Mittagspause schloss. Dann hatte ich gewartet, dass er kam und sich zu mir legte. Er kam fast immer. Im vergangenen Jahr war zwischen uns noch alles in Ordnung gewesen. Wir hatten unsere Krisen gehabt und sie überstanden. Ich war überzeugt, es könne nichts mehr geschehen, was uns auseinander brachte.
    Die beiden Polizisten stiegen die Außentreppe hinauf. Sie war oben am Balkon mit einer kleinen Tür gesichert. Diese Tür stand offen, die Tür zum Wohnraum ebenfalls. Sie gingen hinein. Es brannte Licht, im Wohnraum, in der Diele, in meinem Schlafzimmer. Und da fanden sie den Toten – in meinem Schlafzimmer!
    Offermann verlangte, ich solle mit ihnen hinaufgehen und meinen Mann
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