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Bélas Sünden

Bélas Sünden

Titel: Bélas Sünden
Autoren: Petra Hammesfahr
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unsere Wohnung, um das Paket aus der Reinigung abzuliefern. Béla steht am Telefon und spricht 321 gerade mit mir. Marion hört die letzten Sätze. Béla will sich hinlegen und den Wecker stellen. Sie schlingt die Arme um seinen Nacken, presst sich gegen ihn. Ihre Kleidung reibt sich an seiner, ein leises Rascheln ist zu hören. Einmal hat er mit ihr geschlafen, auf einem Tisch im Lokal, nur weil er ihr zeigen wollte, dass Liebe etwas Schönes ist. Danach hat er sie jedes Mal abgewiesen. Das kann sie nicht hinnehmen. Es verletzt ihren Stolz, sie ist jung, sie ist schön, sie weiß, dass sie Macht hat über Männer, und sie will ihn.»Lisa kommt wohl sehr spät«, sagt sie, nachdem er den Hörer aufgelegt hat. Sie will ihn küssen. Er schiebt sie weg.»Sehr spät«, sagt er. Er weiß, dass sie ihm keine Ruhe lassen wird, wenn er bleibt, deshalb erklärt er:»Ich fahre zu Andreas.«
    Dann wirft er sie aus der Wohnung, räumt noch rasch die Sachen in die Schränke und holt seine Jacke. Marion trödelt auf der Treppe und hört noch, dass das Telefon klingelt, aber wer ihn anruft, interessiert sie nicht. Sie ist wütend und wird noch wütender, als Béla kommt und sie aus der Haustür schubst. Langsam geht sie die Straße hinunter. Béla fährt weg. Er hat es sehr eilig, das steigert ihre Wut noch. Sie geht zurück zur Wohnung, setzt sich an meinen Computer. Warum? Vielleicht zuerst nur aus Wut. Sie will etwas kaputtmachen, mir einen Hinweis geben oder Béla einen Denkzettel verpassen. Sie öffnet die Romandatei. Und dann liest sie etwas, was sie völlig aus der Fassung bringt. Ich bin da auf ein weiteres Stück Text gestoßen, von dem ich genau weiß, dass ich es nicht geschrieben habe. 322 Ich wollte es tun, aber Dierk riet davon ab, weil es die Handlung kompliziert hätte. Ich habe mich immer an das gehalten, was Dierk riet. Es ist die Szene, in der die ehemalige Krankenschwester ihrem Mann gesteht, dass sie ein Verhältnis mit ihrem Vater hat und ein Kind. Und jetzt steht da, es sind zwei Kinder. Es war alles nur ein Irrtum, steht da. Die Krankenschwester glaubte sich schwanger, geriet in Panik bei dem Gedanken, ihr Vater könne bestraft werden, wenn irgendwann jemand dahinter käme, dass dieses Kind sein Kind ist. In ihrer Panik gibt sie dem Werben des jungen Mannes nach. Sie schläft mit ihm, heiratet ihn, stellt danach erst fest, sie ist gar nicht schwanger. Aber sie wird es kurz darauf. Als sie ihm Jahre später ihren Hass ins Gesicht schleudert, den Hass auf ihn und die älteste Tochter, als er sie fassungslos anstarrt, nicht begreift, was sie sagt, als er tonlos fragt:»Sie ist nicht meine Tochter?«
    Da schreit sie ihn an:»Doch, die erste schon. Aber die anderen beiden nicht.«
    Es gibt nur eine, die das geschrieben haben kann. Marion. Und sie muss es am Donnerstagabend geschrieben haben. Die Datei wurde an dem Abend um Viertel vor acht abgespeichert. Danach wurde sie zwar noch zweimal geöffnet, aber niemand hat mehr auf die Speichertaste gedrückt. Marion wollte nicht glauben, was ich geschrieben hatte. Es ist wichtig für sie, dass Heinz ihr Vater ist. Das macht ihn zu einem Stück Wachs in ihren Händen, weich und zerbrechlich. Sie ruft ihn an. Dass Heinz die Wohnung nach einem Anruf verlassen 323 hat, davon hat Meta der Polizei nichts erzählt. Deshalb ist Offermann auch nicht auf die Idee gekommen, unsere Telefonrechnung zu überprüfen. Ich habe den Anruf bei den Gesprächsnachweisen gefunden. Viertel vor acht.»Ich bin allein in Lisas Wohnung«, sagt sie. Heinz freut sich, ist glücklich, verspricht, sofort zu kommen. Vielleicht schläft sie mit ihm, lässt ihm danach noch die Zeit, sich wieder anzuziehen. Dann erzählt sie ihm, worauf sie in meinem Computer gestoßen ist. Sie fragt:»Das ist nicht wahr, oder? Du bist doch mein richtiger Vater.«
    Und er, ein wenig erleichtert und nicht begreifend, wie wichtig es für sie ist, ihn zum Vater zu haben, ihn und sonst keinen, er schüttelt den Kopf und sagt:»Doch, es ist wahr. Du bist nicht meine Tochter. Wenn du das wärst, hätte ich niemals mit dir schlafen können. Das wäre doch ein Verbrechen gewesen.«
    Sie ist verletzt auf eine Art, die er nicht versteht. Sie hat ihre Macht über ihn verloren. Zwei Jahre lang hat sie geglaubt, ihn in der Hand zu haben, ihn unter Druck setzen zu können. Damit er weggeht mit ihr. Nach Amerika. Wo sie ohne Zwänge leben und sich lieben können ohne Heimlichkeiten. Jetzt will sie verletzen, erzählt ihm von Béla.
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