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Bei Anbruch des Tages

Bei Anbruch des Tages

Titel: Bei Anbruch des Tages
Autoren: Sveva Casati Modignani
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wollte.
    Â»Keine Widerrede! Ich bin Arzt und weiß, was ich sage.«
    Léonie gab nach. Sie setzte sich ans Steuer und folgte dem Wagen des Mannes. Nach wenigen Metern sah sie ein Schild, das auf die Abfahrt Varenna hinwies.
    Durch den halb verlassenen Ort fuhren sie zum See. Dort parkte sie ihren Lancia neben dem Sportwagen des Fremden. Dann liefen sie bei nach wie vor strömendem Regen eine Treppe hinunter und betraten die Lobby eines kleinen Hotels namens Hôtel du Lac .
    Während Léonie das klatschnasse Tuch abnahm, kam eine junge, üppige Blondine auf sie zu und begrüßte sie mit den Worten: »Sie sind ja schnell wieder zurückgekommen, Dottore.« Sie gab ihm den Zimmerschlüssel.
    Â»Der Schnee ist furchtbar. Ich habe einige Pisten ausprobiert und dann aufgegeben«, erklärte er und wechselte schnell das Thema. Mit einem Blick auf Léonie fuhr er fort: »Die Dame braucht ein Zimmer und ein Zimmermädchen, das ihre Sachen trocknet.«
    In diesem Moment merkte er, dass er sich Léonie noch gar nicht vorgestellt hatte.
    Â»Entschuldigen Sie bitte. Ich bin Roger Bastiani.«
    Ein gebürtiger Korse mit Marseiller Akzent, dachte sie und sagte: »Léonie Tardivaux.«
    Die Blondine sah im Belegungsplan nach und verkündete: »Tut mir leid, aber ich habe kein einziges freies Zimmer mehr.«
    Â»Aber wir wollen doch nicht, dass sich die Signora erkältet, oder?«, sagte der Arzt mit der Autorität, die Léonie bereits kannte.
    In diesem Moment kitzelte sie etwas in der Nase, und sie musste mehrmals niesen.
    Â»Gehen Sie sofort auf mein Zimmer!«, befahl er.
    Dann wandte er sich an die Frau an der Rezeption. »Bitte schicken Sie ein Zimmermädchen mit heißem Tee hinauf. Ich werde hier unten an der Bar auf die Dame warten.« Er gab Léonie den Schlüssel.
    Â»Ich will Ihnen keine Umstände …«, flüsterte sie, aber er hörte es gar nicht mehr, weil er bereits durch den Flur zur Bar lief.
    Â»Was für ein Kerl!«, bemerkte die üppige Blondine. »Ich kenne ihn schon seit drei Jahren und weiß, wovon ich rede.«

3
    L éonie betrat die Suite, in der es leicht nach Vetiver roch. Sieschlüpfte aus ihren Schuhen und versank genüsslich im weichen, warmen Teppich. Das Zimmermädchen, das ihr nachgeeilt war, nahm ihr die Schuhe ab und half ihr, den durchnässten Mantel auszuziehen.
    Â»Und was ist mit der Strickjacke?«, fragte die Frau.
    Â»Die ist zum Glück trocken geblieben«, erwiderte Léonie und knöpfte sie auf, um sicherzugehen. »Alles in Ordnung, danke«, schickte sie lächelnd hinterher.
    Â»Ich lasse Ihnen sofort Tee heraufbringen, so wie Dottor Bastiani es wünscht. Das Bad ist hier«, sagte das Zimmermädchen und öffnete die linke Tür. Dann ging sie und ließ sie allein.
    Léonie betrat den Salon, der mit einem Sofa, zwei Sesseln, einem Tischchen und einem Fernseher eingerichtet war. An den Wänden hingen Drucke mit Seeansichten, und die Balkontür führte auf eine Terrasse über dem See.
    Sie sah sich um. Die Tür zum Schlafzimmer stand halb offen. Ein gemachtes Bett mit einer blauen Tagesdecke fiel ihr ins Auge. Instinktiv schloss sie die Tür, so als wolle sie die Privatsphäre ihres Retters nicht stören.
    Auf dem Tischchen lag ein Stapel Unterlagen, auf denen stand: DRITTER INTERNATIONALER KONGRESS FÜR GYNÄKOLOGIE UND GEBURTSHILFE. Ihr Gastgeber war also Gynäkologe.
    Â»Was für ein seltsamer Mann!«, flüsterte sie.
    Sie setzte sich in den Sessel neben dem Couchtisch, auf dem ein Telefon stand. Sie nahm den Hörer ab, wählte die Null vor, um hin auszutelefonieren, und rief zu Hause an. Nesto ging beim zweiten Klingeln dran.
    Â»Bitte richten Sie aus, dass ich nicht zum Mittagessen komme. Ich habe eine Reifenpanne und …« Erneut musste sie mehrmals niesen.
    Â»Haben Sie sich erkältet, Signora?«, fragte der Hausdiener.
    Â»Ich fürchte, ja. Wie dem auch sei, jetzt ist wieder alles in Ordnung, und ich werde bald weiterfahren.«
    Es klopfte. Es war der Barkellner, der ein Tablett mit Tee, Keksen und Petits Fours brachte.
    Léonie bedankte sich und schloss sich im Bad ein, um sich auszuziehen.
    Die heiße Dusche tat ihr gut. Danach zog sie einen Frotteebade mantel an und föhnte sich schnell das Haar. Dabei musterte sie die Toilettenartikel auf der Waschbeckenkonsole: Rasierapparat, Zahnpasta und
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