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Bator, Joanna

Bator, Joanna

Titel: Bator, Joanna
Autoren: Sandberg
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sehr.
Stefan arbeitet im Bergbau, sein Leben ähnelt einem frisch ausgepackten
Geschenk, das beim Nikolaus oder bei Väterchen Frost bestellt worden ist oder
vielleicht auch bei beiden, des Guten kann man nie zu viel haben. Zumal man ja
auch nicht genau wissen kann, ob Väterchen Frost den Nikolaus verdrängt hat
oder ob sie als Duo die Geschenke verteilen und in ihrer Freizeit mit den
Schneeflöckchen polnischen Wodka trinken. Der Sprung übers Leder zum Abschluss
der Ausbildung in der Grundstufe der Bergbauschule war für Stefan ein
Siebenmeilensprung, und er landete aus solcher Höhe, dass er bis zu den Ohren
im Stolz steckenblieb. Das Bergmannsleder kriegte ja nicht jeder Rotzlöffel.
Mit dem Leder wurde man Bergmann und war kein Fuchs mehr. Dieses Leder, das war
ja nicht was x-Beliebiges, nicht bloß ein Stück Leder, das aussah wie eine
Schürze, sondern das war das Symbol der Bergmannswürde. Ein Bergmann, das ist
wer und nicht niemand, das schwarze Gold holt er herauf, im Fernsehen wird von
ihm geredet, und in der Zeitung schreiben sie über ihn. Stefan merkte sich
alles, was der Direktor der Bergbauschule bei seiner Aufnahme in den Bergmannsstand
sagte. Wenn der Bergmann eine Missetat verübte, Schande über die Knappschaft
brachte, dann wurde ihm das Leder entzogen, und dann kam die Grabesgruft. Ein
Bergmann ohne Leder ist ein Bergmann ohne Ehre, und das war etwas, wozu es Stefan
nie kommen lassen wollte. Als der Direktor seinen Namen aufrief, schritt Fuchs
Chmura Stefan auf etwas weichen O-Beinen in die Mitte der Aula.
    Nehmen wir den Fuchs Chmura in den
Bergmannsstand auf? fragte der Zeremonienmeister, und die übrigen antworteten:
Soll er zeigen, was er kann, der Fuchs Chmura! Trommelwirbel ertönten, und der
Chor fragte: Wer kommt dort zu uns herab? Wer kommt dort zu uns herab? Hej,
hej, zu uns herab? Der Fuchs Chmura Stefan! antwortete Stefan, und vor
Aufregung brannten ihm die Augen. Und was will der Fuchs? Nehmt mich in den
Bergmannsstand! Nehmt mich in den Bergmannsstand, nehmt mich in den
Bergmannsstand. Hej hej in den polnischen Bergmannsstand. Ist unsere Ordnung
ihm bekannt? Ist unsere Ordnung ihm bekannt? Hej hej - ist der polnischen
Bergleut Ordnung ihm auch gut bekannt? Der Chor ließ nicht locker. Ja, die
Ordnung ist ihm bekannt, erwiderte Stefan mit einem lauten Ruf, und das war
sein einziger Fehler, denn er hätte sagen müssen »mir« und nicht »ihm«. Kennt
er das Dunkel im Schacht? Kennt er das grause Dunkel im Schacht? Hej hej das
Dunkel im Schacht? Ich kenn das Dunkel und die Mühe im Schacht! Die Mühe will
ich auf mich nehmen wie heut das Lied mein ganzes Leben. Stolz die Mühe auf
mich nehmen. Hej hej, mit Stolz sie nehmen, bejahte Fuchs Chmura. Der Chor
befand, dass das jetzt reichte. Hej, unsre Ordnung ist ihm bekannt. Hej, unsre
Ordnung ist ihm bekannt. So trete Fuchs Chmura in den herrlichen Stand, in der
polnischen Bergleute Stand. Das ganze Orchester in Galauniformen mit roten
Federbuschen auf den Tschakos war auf seiner Seite. Trommelwirbel ertönten —
und was für prächtige Trommelwirbel! Stefan machte einen Satz in die Höhe, um
über das Leder zu springen. Wie katapultiert schoss er in die Luft, und die
ganze Aula zog die Köpfe ein, weil er die Decke durchschlug und wie eine
sowjetische Rakete zur Eroberung des Kosmos aufstieg. Ein Loch im Dach, Putz
rieselte, die liebe Sonne schien in die Turnhalle, die Vögel sangen, und von
Stefan keine Spur. Die Kameraden aus der Bergbauschule schauten zum Himmel und
warteten. Würde er zurückkehren oder nicht?
    Seit diesem Zeitpunkt spürt Stefan
dieses unablässige Kribbeln, als hätte er kosmische Luft mit Bläschen geschluckt,
die in seine Blutbahn geraten waren. Obwohl er mager ist, kriegt er einen
kleinen Bauch, in dem es dauernd gluckert und rumpelt. Beim Friseur schaut er
in den Spiegel und sagt wie ein richtiger Mann: Kurz bitte, Herr Arnos, aber
mit Koteletten. Ingenieur Waciak hat Koteletten, deshalb will er sich auch
welche stehen lassen und findet, dass sie ihm Männlichkeit und Ernst
verleihen. Antos schneidet, und er summt: Gib der Liebsten schnell den Kuss und
eil ins unterirdische Gnomenland, Arbeit unser dort wohl harrt, Glückauf
Glückauf, mit Gott Glückauf. Die Liebste, Jadzia, ist die Kirsche auf seinem
Dessert. Sollen sie alle ruhig wissen, wie es passiert ist, auch wenn Jadzia
ihn unterm Tisch vors Schienbein tritt und bittet: Hör doch auf mit diesen
Albernheiten, Stefek. Aber das soll mal einer
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