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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit
Autoren: Heinrich Steinfest
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hatte. Ohne Frau, ohne Kind, ohne Kontrahenten, ohne Reibung, dafür mit einer famosen Architektur ausgestattet, in die Batman nicht zuletzt die Leichen der verstorbenen Verwandtschaft integriert hatte. Batmans Grandezza, seine Eleganz, sein schloßherrenhaftes Gehabe, sein Genie, dies alles nährte sich aus dem Umstand, der letzte seiner Art zu sein. Und bedeutete sein Unglück. Er war wie ein edler Ritter, der alle abgestochen hatte, und jetzt war niemand mehr da, den er hätte retten können. Ja nicht einmal einer, der zu unterjochen gewesen wäre. Bloß noch Publikum, das sich aus der Anwesenheit Chengs ergab, welcher alles beobachtet hatte: verwirrt, betört, erschreckt. − Es besteht eine Schönheit, die sich nur dann ergibt, wenn das Objekt alleine ist, etwa die Schönheit einer heiligen Jungfrau, die natürlich keine weiteren heiligen Jungfrauen neben sich verträgt. Auf der anderen Seite des Spektrums verfügen auch viele Monster über diese Schönheit, diesen Reiz des Unverwechselbaren. Monster und Heilige werden gerne als einsam beschrieben. Es ist wesentlicher Teil ihrer Anmut.
    Als wollte er eben diese Anmut in Frage stellen, sprach Cheng mit einer plötzlichen Heftigkeit: »Verteufelter Bastard!«
    Wen meinte er damit? Batman? Oder eher den Mann, dem er und Straka ihr Schicksal verdankten? Oder meinte er vielleicht den Autor der Cheng-Reihe, der, sollte er je von diesen Ereignissen erfahren, selbige ganz sicher ausschlachten würde?
    Wem auch immer Markus Cheng diesen Ausruf zueignete, seine impulsive Regung holte ihn aus dem lethargischen Zustand sanften Streichelns und beinahe bewußtlosen Erzählens heraus. Er war jetzt hellwach. Er meinte sogar ein wenig im Dunkeln sehen zu können, als habe die bereits vor Stunden erloschene Streichholzflamme eine Form von Restlicht zurückgelassen, ein Lichtfossil. Vor allem aber – nicht vergessen!, Cheng war ein Luchs, und es wird ja oft gesagt, jemand habe Ohren wie ein Luchs – vernahm er nun inmitten der Wasser- und Pumpengeräusche noch etwas anderes. Stimmen? Ein Klopfen? So klar und eindeutig drang es nicht nach unten, um es wirklich benennen zu können, aber es war vergleichbar einer Türglocke, die sich durch den Lärm eines auf volle Lautstärke gedrehten Radios hindurchwindet und ein bestimmtes Ohr erreicht. Weil das nun mal die Natur von Türglocken ist, Ohren anzusteuern.
    Cheng rief. Dann begann er zu schreien. Er war jetzt überzeugt, daß da jemand über ihm war, nicht nur eine einzelne Person, nicht Fellberg, sondern die anderen, die Männer, die von Elly Hillrod mit verzweifelter Konsequenz angetrieben wurden, zu suchen, bis man gefunden hatte, was gefunden werden mußte.
    Es war nun aber leider wie mit diesen Schiffen, die der auf einer Insel Gestrandete am Horizont erkennt und sodann zusehen muß, wie selbige Schiffe wieder verschwinden. Cheng stellte fest, daß sich die Geräusche der Retter entfernten. Sterbende Türglocken. Offenkundig hatte man seine Schreie nicht gehört. Also mußte er augenblicklich etwas unternehmen, etwas, das über die Kraft seines Organs hinausging.
    Er schob den Kopf des bewußtlosen Straka von sich herunter und tastete eilig den Boden ab, auf der Suche nach der Polizeiwaffe, die er zuvor frustriert in eine Ecke geworfen hatte. Endlich fand er sie, rückte zur Mitte hin, nahm eine liegende Position ein und richtete die Pistole gegen die steinerne Decke.
    Chengs Vermutung war einfach die, daß man ihn viel eher hören würde, wenn er nach oben schoß als zur Seite hin. Was ja stimmte. Woran er in diesem Moment ebenfalls dachte, aber eben nur halb dachte – wie man bei Sushi an den Fisch denkt und nicht an die Bakterien auf dem Fisch −, war das Faktum, sich unterhalb eines künstlichen Teichs zu befinden. Egal, er feuerte los. Und zwar wie wild, durchaus in der Art derer, die sich den Weg freischießen. Genau das tat er ja auch. Das Mündungsfeuer erleuchtete die Nacht, Steinsplitter flogen, faustgroße Stücke des an dieser Stelle nicht nur alten, sondern auch recht dünnen Gemäuers verloren ihren Halt, und noch während er dabei war, das Magazin vollends zu leeren, trafen die Projektile schon nicht mehr auf das Mauerwerk, sondern auf das eindringende Wasser.
    Wenn sich da oben jemand befand und nicht unglücklicherweise von einer der letzten, nach draußen geflogenen Kugeln getroffen worden war, dann wußte er jetzt ganz sicher, wo er suchen mußte.
    Eine Weile verblieb Cheng in dem kleinen Wasserfall, hielt
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