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Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit
Autoren: Heinrich Steinfest
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die die Welt je gesehen hatte, hereingeeilt war und abgedrückt hatte.
    Fellberg hatte nicht einmal mehr »Verdammte Weiber!« oder sowas in der Art denken geschweige denn von sich geben können. Er stand da wie ausgeblasen. Wie die Kerze auf der Torte eines Einjährigen. Dann fiel er um.
    Wenn Elly Hillrod hier einen Fehler machte, dann eigentlich nur den, bloß einen Mann zu erschießen – anstatt nämlich zwei.
    Mit weiteren, nicht minder festen, aber nicht ganz so raschen Schritten erreichte sie den auf den Boden gesunkenen Fellberg und bekam mit einem Griff auf dessen Halsschlagader bestätigt, was das Loch in seiner Schläfe deutlich offenbarte. Dann trat sie hinüber zu Red, der reglos am Boden saß, mit dem Rücken gegen die Bettkante gestützt, und aus fünf Wunden blutete. Elly griff auch ihm an die Arterie.
    »Er lebt noch. Schnell, rufen Sie die Rettung«, wies Elly Cheng an, während sie ein Hemd vom Stuhl nahm, um es in Stücke zu reißen und Red die Arme und Beine abzubinden.
    Sie war nun vollends darauf konzentriert, Reds Glieder soweit zu präparieren, um den Blutverlust zu dämmen. Dann aber bemerkte sie das Schweigen Chengs. »Verdammt, was ist mit Ihnen?«
    Cheng war neben Fellberg in die Knie gegangen und hatte dessen Waffe aufgehoben.
    »Sie sollen nicht den Tatort sichern, sondern Hilfe holen!« rief Elly, die jetzt dachte, Cheng stehe unter Schock, bringe die Dinge durcheinander. Da er keine Anstalten machte, zum Telefon zu greifen, redete sie nicht weiter auf ihn ein, sondern faßte in ihre Tasche, um das eigene Handy hervorzuziehen.
    »Lassen Sie das!« befahl Cheng. Er hatte sich wieder aufgerichtet und hielt Fellbergs mit einem Schalldämpfer ausgestattete Pistole in seiner verbliebenen Rechten. Den Lauf auf Elly gerichtet.
    »Was …?«
    Cheng biß sich auf die Lippe. Er wollte diese Frau nicht töten. Nicht nur, weil sie ihm gerade erst das Leben gerettet hatte, nicht nur, weil er sie sympathisch fand, sondern natürlich vor allem, weil es nicht seine Art war, Frauen zu erschießen. Er gehörte zu den Guten.
    Nun, das stimmte leider nicht so ganz.
    Als er in diesen Raum getreten war, hinter Elly herschreitend, während sie Fellberg erledigt hatte, da war ihm mit der Plötzlichkeit, mit der ein Tuch von einer abgedeckten Skulptur gezogen wird, klar geworden, was und wer er war. Auf wessen Seite er stand, immer gestanden hatte, nur, daß es ihm solange nicht bewußt gewesen war.
    Er hätte nicht sagen können, wann genau es passiert war, daß er in diesen Mann, der den Namen Cheng trug, eingedrungen war, sich seiner bemächtigt hatte, ja, wann er selbst ganz und gar dieser Cheng geworden war. Mit einer derartigen Überzeugung geworden, daß ihm so lange Zeit verschlossen geblieben war, in welcher Funktion er in diese Welt getreten war: nämlich Jäger zu sein.
    Statt dessen hatte er das Leben eines Detektivs geführt, zuletzt das Leben eines liebenden Stiefvaters und liebenden Ehemanns. Wenn er in all den Jahren je die Vorstellung gehabt hatte, so etwas wie ein Engel zu sein, dann nur im übertragenen Sinne: als Schutzengel, als Bewahrer des Lebens.
    Doch die Wahrheit stand nicht nur mit einer erschlagenden Plötzlichkeit vor ihm, sondern ungetrübt von irgendeinem Zweifel. Er begriff, worin seine Aufgabe bestand, immer bestanden hatte. Er spürte die Herzlosigkeit, die seinesgleichen, die geschlechtlichen Engel, bestimmte. Die Hölle war ihnen nicht genug. Sie ertrugen die Zufriedenheit der Androgynen, der Einhäusigen nicht, die in einer lächerlichen Harmonie verschmolzen und zu einem geschlechtslosen, in Liebe aufgelösten Unding mutiert waren.
    Er mußte handeln. Darum war er hier.
    Er feuerte. Die Kugel trat durch die Mitte von Reds Stirn und machte aus Red nun einen endgültig toten Mann. Denn in der Tat hatte die ganze von Swedenborg in Auftrag gegebene Inszenierung mit den fünf Kugeln und den Briefmarken auf der Zunge nicht anderes bedeutet als eine Tarnung der tatsächlichen Verbrechen, die geschehen waren (nur die Bücher nicht, die hatten wohl eine Funktion besessen). Jedenfalls genügte es vollauf, den Menschen zu erschießen und ihn zusammen mit dem einsitzenden Engel ins Jenseits zu befördern.
    Red kippte zur Seite.
    Elly zuckte. Dann sah sie hinüber zu dem Tisch, auf dem sie ihre Waffe abgelegt hatte.
    »Lassen Sie das«, sagte Cheng. »Sie würden es nicht rechtzeitig schaffen.«
    »Sie erschießen mich sowieso«, prophezeite Elly.
    Nun, das war sicher richtig. Wollte
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