Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Batmans Schoenheit

Batmans Schoenheit

Titel: Batmans Schoenheit
Autoren: Heinrich Steinfest
Vom Netzwerk:
getauft. Ein winziges Ding in einem winzigen Aquarium. – Ich dachte, Sie haben ihn vielleicht gesehen, als Sie Chengs Wohnung durchsucht haben.«
    Elly dachte nach. »Na ja, da war so ein Becher mit Wasser, verdrecktem Wasser. Darin Algen und irgendwelche Fusseln. Aber sonst leer.«
    »Er hat sich versteckt«, sagte Straka.
    »Wer?«
    »Der Krebs. Der Krebs im Wasser und Cheng in Rom.«
    »Ich verstehe nicht ganz.«
    »Vergessen Sie ’s«, sagte Straka. »Es hat nichts zu bedeuten. Wir beide schauen jetzt zu, daß wir wieder heil werden, nicht wahr? Und danach reformieren wir die Polizei, einverstanden?«
    Elly nickte, beinahe schüchtern, als wäre es kein Witz gewesen, sondern ein Antrag.

Ausgang
    – Werde ich träumen?
    – Sicher wirst du träumen. Alle intelligenten
    Wesen träumen. Niemand weiß, warum.
    Vielleicht wirst du von HAL träumen. So, wie ich es oft tue.
    (Bob Balaban als Dr. Chandra im Gespräch mit dem SAL-9000-Computer in Peter Hyams Film 2010: Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen )

i
    Cheng schlug die Augen auf. Um ihn die Nacht. Er stierte in das Schwarz, auf der Suche nach dem schmalen Spalt zwischen den Vorhängen, durch den das Licht der Straßenlaternen zu dringen pflegte. Wenn nicht ohnehin einer freier, großer Mond den Stoff zum Leuchten brachte. Aber da war nirgends ein Mond und auch kein Spalt. Und als er neben sich griff, war da auch keine Ginette. Er lag in keinem Bett, er atmete nicht das Parfüm seiner Frau, er vernahm nicht die Geräusche der Lerchenfelder Straße: die ersten Straßenbahnen, das Bellen erster Hunde, Schritte, Husten, Vögel, das Klappern alter Fenster. Doch alleine war er nicht. Er spürte den Körper des anderen: Straka. Cheng neigte seinen Kopf zur Seite und legte sein Ohr auf Strakas Brust. Von sehr fern das Schlagen eines Herzens, wie jemand, der müde meint: Laß mich!
    Cheng richtete sich halb auf und hob den Arm. Kalter, feuchter Stein. Sein Hand fühlte sich steif an, ein bloßer Rest von Gefühl, ähnlich einem sinnlosen gesetzlichen Scheidungsjahr, nur noch halb bei Bewußtsein, mehr ein Klotz als ein Körperteil. Die Hand hingegen, die zu seinem fehlenden linken Arm gehörte, kam ihm vor wie nie gestorben, so deutlich spürte er jeden einzelnen Finger, jedes Glied, eins am anderen hängend gleich einer Gruppe fröhlich tanzender Kinder. Diese Hand war eindeutig das Lebendigste an ihm. Freilich war er weder mit dieser noch der anderen Hand imstande, das vorletzte oder gar letzte Streichholz zu entzünden. Aber er wußte ja ohnedies, wo er sich befand. Er brauchte den unglücklichen Umstand nicht auch noch zu schauen.
    Dennoch fühlte er sich erleichtert. Und wie! Er hockte also noch immer unter dem steinernen Becken, war noch immer gefangen, war niemals befreit worden und folglich auch nicht mit Elly Hillrod ins Hotel Kaiserin Elisabeth gefahren, um dort Red zu erschießen, weil dieser ein androgyner Engel war, und er selbst, Cheng, ein geschlechtlicher. Das alles war nie …
    Doch dann begriff er. Er war geheilt. Auf eine schreckliche Weise geheilt. Wiederauferstanden von den Traumtoten. Denn das hier war ein Traum, richtig! Und nicht etwa, Red erschossen zu haben. Dies war wirklich geschehen. Nein, er träumte bloß davon, noch immer mit Straka unter einem alten steinernen Wasserbecken eingeschlossen zu sein.
    Indem er sich bewußt geworden war, ein Engel zu sein, ein Engel in der Haut eines Detektivs, war ihm scheinbar die Fähigkeit zurückgegeben worden, zu träumen. Denn auch Engel taten dies. Erst recht in der Hülle von Menschen.
    Cheng erinnerte sich, einmal gelesen zu haben, Träume seien nichts anderes als Müll, der eben auf diese träumende Weise entsorgt werde. Müll der Gedanken und Empfindungen, die uns ansonsten immer weiter verfolgen und quälen würden. Diese Vorstellung hatte ihm gefallen, im Schlaf zu verbrennen, was verbrannt gehört, das ganze vergiftete oder wenigstens ungesunde Zeug. Kein Wunder, daß die Menschen mitunter völlig ermattet erwachten, eine Müllverbrennungsanlage ihrer selbst. Schade, daß man nicht über zwei Körper verfügte, einen zum Schlafen und einen zum Träumen.
    Cheng dachte nach. War es vielleicht möglich, daß es nicht nur geträumte Träume gab, sondern auch erdachte, etwas, das man Literatur nennt? Nicht, daß er meinte, Literatur sei Müll. Denn zum Spaßen oder zur Polemik war ihm wahrlich nicht zumute. Nein, er stellte sich vor, daß die Leute, welche Bücher schrieben, den Müll
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher