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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar
Autoren: Charles W. Thayer
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Kämpfenden
auseinandergerissen, und der Friede zog wieder ein in die Audienzhalle.
    Mittlerweile freilich wiesen die
Perserteppiche deutliche Anzeichen der erlittenen Strapazen auf, und der
Kriegsminister entschloß sich, die Dinge nunmehr beschleunigt zu erledigen. Er
teilte mir mit, der König habe ihn beauftragt, den Wurf zwischen dem König
selber, dessen Vettern und mir aufzuteilen. Ehe er jedoch endgültige
Entschlüsse treffe, möchte ich ihm sagen, welchen der Hunde ich persönlich für
den besten halte. Ich wies begeistert auf den gelbrückigen Kümmerling und
äußerte die Überzeugung, daß er — trotz seines vorläufig noch wenig
einnehmenden Äußeren — vermutlich von allen der meistversprechende sei. Wenn
ich bedenke, was ich tatsächlich von der Töle hielt, fand ich meine Rede recht
überzeugend und war voll bester Hoffnung, den Köter einem der Prinzen angedreht
zu haben. Leider hatte ich die Rechnung ohne den Wirt (das heißt Freund Mahmud
Schahs afghanische Gerissenheit) gemacht. Er betrachtete den Kümmerling
sorgfältig und ließ dann die Blicke über den restlichen Wurf gleiten.
    »Ich stimme Ihnen völlig bei«, meinte
er schließlich wohlwollend, »der kleine Bursche sieht wirklich vielversprechend
aus! Es ist nicht mehr als billig, daß Sie, als Besitzer der Hündin, den besten
Jagdhund bekommen. Nehmen Sie ihn deshalb wieder mit! Als Gegengabe für die
anderen haben wir uns entschlossen, Ihnen ein Pärchen afghanischer
Windhundwelpen zu schenken.«
    Als ich mit dem Kümmerling unter dem
Arm die Audienzhalle wieder verließ, stand Yang schon wartend neben dem Auto.
Er warf einen Blick auf den Welpen und explodierte: »Was habe ich Ihnen
gesagt?« jammerte er anklagend und quetschte sich düsteren Blickes neben mich
in den Wagen. Doch der Kümmerling schlug uns ein Schnippchen. Er wuchs sich zu
einem kräftigen, intelligenten und bildhübschen Kerl aus.
    Als ich nun die Anweisung erhielt,
Kabul zu verlassen, hatte ich nicht die leiseste Vorstellung, was ich mit
meinem gesamten lebenden Inventar anfangen sollte. Zwar hatte mich der Tod
eines Falken und eines Pferdes beraubt, doch liefen im Zwinger immerhin noch
ein Dutzend Schäferhunde, Bastarde buntester Färbung und herrenlos gewesene
Terrier herum, die sich so oder so während meines langen Aufenthaltes um mich
gesammelt hatten. Ich verschenkte soviel wie möglich, vermachte den größeren
Rest meinem Nachfolger und behielt nur Midget, ihren Kümmerling-Sohn, der sich
zu einem Giganten ausgewachsen hatte, und die beiden Afghanen. Zusammen mit
Yang und meinem Gepäck verfrachtete ich sie in einen Lastwagen und schickte sie
quer über den Khaiber-Paß nach Peschawar.
    Am Abend nahm ich, mit schwerer Grippe
und über vierzig Grad Fieber, am Abschiedsessen teil, das mir der Hofminister
gab. Gegen Mitternacht wurde ich in etliche Schaffellmäntel gewickelt und in
Major Enders’ Jeep festgeschnallt. Dann ging’s auf die lange Reise über die
Berge nach Indien hinein. An die Fahrt kann ich mich nicht mehr erinnern, doch
weiß ich eines ganz genau: Als wir in Peschawar einfuhren, hatte ich auch nicht
die leiseste Spur Fieber mehr. Enders lieferte die Erklärung dafür, als er
strahlend verkündete, daß wir mit unseren sechs Stunden Fahrtdauer einen neuen
Rekord aufgestellt hatten für eine Strecke, die von den britischen Truppen
gewöhnlich in wochenlangem Marsch überwunden wurde, wenn sie in einen ihrer
zahlreichen Afghanenkriege verwickelt waren. Aber Enders hatte auch einen Jeep,
keine Kamelkarawane.
    In Peschawar wurden Yang und ich und
die vier Hunde in ein paar Abteile des Karatschi-Expreß verfrachtet. Nach zwei
miserablen staubigen Tagen, von denen einer ausgerechnet Weihnachten war, kamen
wir in Karatschi an. Jeder, der einmal in Karatschi gewesen ist, weiß, daß es
zu jeder Jahreszeit ein heißer, bizarrer Ort ist. Wir aber kamen geradewegs aus
dem Winter im Hindukusch und waren entsprechend gekleidet. Als ich meine
Streitkräfte draußen um mich versammelte, hatten die einheimischen Wartenden
auf dem Bahnsteig allen Grund zum Hinüberstarren. Yang, der die Prozession
anführte, trug einen Pelzmantel mit breitem Pelzkragen und einen riesigen
spitzen Kosakenpelzhut, den er in Rußland erstanden hatte. In beiden Händen
hielt er die Leinen der vier Hunde, die nach zwei Tagen Bahnfahrt mit aller
Gewalt zogen und zerrten. Hinter Yang kamen zwei hohe Karrenladungen Gepäck.
Ich selber — ebenfalls in Pelzmantel und Biberkappe —
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