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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar
Autoren: Charles W. Thayer
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in Kabul
Mittelpunkt des Interesses gewesen. Als besonders fesselnd waren natürlich die
Tricks angesehen worden, die sie bei der GPU gelernt hatte. Jedermann im
königlichen Palast wollte ein Junges von ihr. Da aber weit und breit kein
belgischer Schäferhundrüde aufzutreiben war, ließ ich mich zuletzt überreden,
sie dem in diesem Falle Zweitbesten zu vermählen: dem preisgekrönten deutschen
Schäferhund des Königs. Die Ehe wurde ein Riesenerfolg. Fünf Junge kamen lebend
zur Welt.
    Im Handumdrehen erhob sich nun die
Frage der Verteilung. Es schien, als ob jedem Prinzen der königlichen Familie
ein Welpe versprochen worden sei — entweder vom König oder von mir. Die Gemüter
erhitzten sich so beängstigend, daß König Sehir sich hilfeflehend an seinen
Onkel, den damaligen Kriegs- und späteren Premierminister Schah Mahmud Khan,
wandte und ihn um die Schiedsrichterrolle im Streit bat. Zu diesem Zwecke nun
wurde wiederum ich gebeten, in des Ministers großer Audienzhalle zum Tee zu
erscheinen und sämtliche Junghunde mitzubringen.
    Eine zusätzliche Schwierigkeit ergab
sich noch dadurch, daß ich Yang versprochen hatte, den Hund, der mir verbleiben
würde, ihm zu schenken. Von den fünf Welpen nun waren vier prächtige, schwarze,
wilde Kerle, doch der fünfte war ein trübseliger kleiner Kümmerling mit gelbem
Rücken und schwarzem Bauch, Ohren, die ihm jämmerlich vor die Augen kippten,
und einer langen, dürren Rute, die in keinem Zusammenhang mit dem übrigen
Körperchen zu stehen schien. Der Kümmerling war sich seiner Minderwertigkeit
offensichtlich bewußt, denn er spielte nie mit dem übrigen Wurf, sondern
drückte sich, Schwanz zwischen den Beinen, scheu in irgendwelchen Ecken herum.
    Als der Kriegsminister mich holen
ließ, kaufte ich eiligst im Bazar fünf Hundehalsbänder und stopfte Midget
mitsamt ihren Jungen sowie Yang in den Wagen. Yang sah schwarz bezüglich der
bevorstehenden Prozedur und prophezeite mir ein übers andere Mal, daß ich ihm
todsicher den Kümmerling zurückbringen würde. Ich bat ihn, sich zu beruhigen.
Sicher würde es mir gelingen, die Sache so zu drehen, daß er einen besseren
bekäme. Aber Yang war nicht zu überzeugen.
    Wir kamen vor dem Palast an, und die
Welpen stolperten aus dem Auto. Im selben Augenblick rissen alle fünf
neuerstandenen Hundehalsbänder zugleich, und fünf wilde kleine Hundeteufel
spritzten nach allen Himmelsrichtungen auseinander. Sofort machte sich die
Hälfte der afghanischen Armee an die Verfolgung. Unglücklicherweise stellte der
Garten um den Palast eine Art vergrößerter Fasanerie dar. Stolze, herrliche
Pfauen, schillernde Goldfasanen, Schwäne, hochbeinige Reiher und alle nur
denkbaren Arten von Luxusvögeln, an denen die königliche Familie sich erfreute,
schlenderten gemächlich durch den weiten Park — bis meine Welpen ausbrachen.
Als diese endlich umzingelt und notdürftig an den zerrissenen Leinen befestigt
waren, hatte mindestens ein Pfau sein Leben und ein Dutzend weitere ihre
Schwanzfedern gelassen.
    Mit Hilfe der Soldateska gelang es uns
schließlich, das Junghundrudel in die Audienzhalle zu befördern. Ich hatte dem
Kriegsminister feierlich versichert, sie seien allesamt stubenrein, doch hatten
sie nach der aufregenden Eskapade im Garten sämtliche Manieren vergessen.
Innerhalb weniger Minuten bedurften die kostbaren alten Buchara-Teppiche des
Palastes dringend der Säuberung.
    Doch Schah Mahmud machte gute Miene
zum bösen Spiel und schlürfte ungerührt seinen Tee, während die von einem
halben Dutzend mopbewehrten Lakaien gejagten Welpen sich höchst fragwürdig
benahmen.
    Gerade als sich die erregten
Hundegemüter zu beruhigen anfingen und Midget ihre Nachkommenschaft energisch
zur Ordnung rief, öffnete sich die Tür, und des Königs prachtvoller
Schäferhund, der stolze Vater dieses hoffnungsvollen Wurfes, fegte fröhlich
bellend herein. Nun sind aber Hundeväter bei ihren säugenden Gattinnen höchst
unbeliebt. König Sehirs Rüde bildete keine Ausnahme. Midget stürzte sich wie
eine Tigerin auf ihn, und innerhalb fünf Sekunden war die eben erst friedlicher
gewordene Audienzhalle Schauplatz eines wirbelnden, wütenden, keuchenden
Hundekampfes. Doch Schah Mahmud war nicht umsonst Kriegsminister. Ein
Händeklatschen, ein paar kurze Befehle — und wieder rückte die Kabuler Garnison
eiligst zu unserer Befreiung heran. Es kostete einige Eimer Wasser und ebenso
viele übel zerbissene Hände, aber dann waren die
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