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Die Terranauten TB 01 - Sternenstaub

Die Terranauten TB 01 - Sternenstaub

Titel: Die Terranauten TB 01 - Sternenstaub
Autoren: Rolf W. Liersch
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I
    Mayor blickte hoch. Die Bewegung bereitete ihm Schmerzen, weil er angeschnallt war. Die Riemen schnitten in sein Fleisch. Er blickte hoch und sah zur Uhr. Sie zeigte auf acht. Er wußte nicht, ob morgens oder abends. Eine sanfte Hand drückte ihn auf die harte Liege zurück.
    »Nicht«, sagte eine weibliche Stimme. »Du mußt ruhig bleiben.«
    Mayor sah nicht, woher die Stimme kam. Sie war sanft, aber er mißtraute allem Sanften.
    »Was habt ihr mit mir vor?« Seine Stimme war ein heiseres Krächzen.
    »Du bist verletzt«, sagte die sanfte Stimme. »Dir muß geholfen werden. Dafür sind wir da.«
    »Einen Dreck seid ihr!« sagte Mayor. »Schnallt mich los, und ich werde euch zeigen, wer bald Hilfe braucht.«
    Er konnte seinen Kopf nur begrenzt bewegen. Die Uhr sah er, sonst nur die Decke und weiße, glatte Kunststoffwände. Keine Gesichter. Keine Menschen. Keine Hände, die ihn berührten. Keine Instrumente.
    Aber er hörte ein nahes Atmen, das Scharren von Füßen, das Rascheln von Kleidungsstücken – und das Klappern von Instrumenten.
    »Was habt ihr mit mir vor?« wiederholte Mayor. »Verdammt noch mal, ihr könnt mich doch nicht abschlachten wie ein Vieh!«
    »Hier wird keiner geschlachtet«, sagte eine ruhige Stimme, diesmal die Stimme eines Mannes, aber es klang wie Hohn.
    Etwas Kaltes preßte sich gegen seine Schulter. Es war kein richtiger Schmerz, und es sollte sogar den Schmerz verhindern, aber die Injektion wirkte nicht.
    Mayor schloß die Augen.
    »Er schläft«, sagte die weibliche Stimme. Sanft.
    »Um so besser«, sagte die männliche Stimme – hart und geschäftsmäßig.
    »Ich schlafe nicht«, sagte Mayor mit klarer Stimme.
    Er fühlte die Überraschung der Umstehenden.
    »Dann war die Dosis wohl zu schwach. Schwester Jana, wir geben fünf Einheiten mehr.«
    Mayor bäumte sich in seinen Fesseln auf, und der kühle Druck wiederholte sich. Die Injektion war stärker, aber sie brachte nicht den gewünschten Erfolg.
    In all den Kriegen, die ich erlebte, wurde das Leid und der Schmerz um mich herum so unwichtig, daß das Leid und der Schmerz in mir nicht mehr betäubt werden kann.
    »Der Patient ist voll narkotisiert, mehr würde ihn umbringen«, meldete die sanfte Stimme der Schwester.
    Das war immerhin etwas, dachte Mayor. Man hatte also nicht vor, ihn umzubringen.
    Dann summte ein Apparat, und ein kreischender Schmerz schnitt durch seine rechte Hand.
    Mayor bäumte sich auf, unfähig, einen Laut hervorzubringen.
    »Tupfer, Klemme«, forderte die sachliche männliche Stimme.
    Glühende Nadeln fuhren durch seine Hand, seinen Arm, seinen ganzen Körper.
    »Trotz Narkose überstarke Reaktionen«, sagte die sanfte Stimme. »Sollten wir abbrechen …?«
    »Unsinn, Schwester, das ist normal bei den Söldnern, die halten eine Menge aus, sind sozusagen konditioniert. Tupfer. Na, los doch. Arterienklemme anziehen. Er verliert zuviel Blut!«
    Wolken von Schmerz, die jedes Denken lähmten. Und dann die wahnwitzige Gewißheit: Sie schnitten ihm die Hand ab!
    »Nerven versorgen, Schnittstellen aktiv halten, nicht absterben lassen. Sehnen herausziehen und zum Verschweißen auffasern. Muskeln nicht veröden lassen. Der Mann soll ja schließlich mal wieder ein Glas Bier trinken können! Einen heben, und zwar mit der rechten Hand!«
    Die Schmerzen wurden unerträglich.
    Mayor stieß einen Schrei aus, der nicht enden wollte. Es war der Schrei der geschundenen Kreatur, kein menschlicher Schrei. Der Inbegriff allen Schreiens. Schmerz lag darin, wahnwitziger Schmerz, Angst und Wut – und eine Kraft, die fast körperlich greifbar im Raum stand.
    Der Schrei brach durch die schallgeschützten Türen des Operationssaales, hallte die Gänge entlang, wogte die Treppen und Fahrstuhlschächte hinauf und hinab, verbreitete sich mächtig im ganzen großen MediCenter. Patienten richteten sich von ihren Lagern auf, stopften sich zitternd die Folien, mit denen sie bedeckt waren, in die Ohren. Selbst altgediente abgebrühte Schwestern wurden weiß wie die Wände, gegen die sie sich plötzlich lehnen mußten.
    Der Schrei drang weiter, bis in die Keller des Centers, wo die Teile-Depots lagen und wo die furchtbaren Ausgeburten der medizinischen Wissenschaft des 22. Jahrhunderts aus ihrem dunklen Dämmerschlaf erwachten.
    Es war ein mentaler Schrei. Die ganze ungeheure Kraft eines mit einem überhöhen PSI-Potential ausgestatteten Menschen.
    »Bringen Sie die … bringen Sie das Ding endlich raus, Schwester Jana!« brüllte der
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