Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Terranauten TB 01 - Sternenstaub

Die Terranauten TB 01 - Sternenstaub

Titel: Die Terranauten TB 01 - Sternenstaub
Autoren: Rolf W. Liersch
Vom Netzwerk:
seine amputierte Hand. Er ahnte die Zeitraffertechnik. Eben noch war da die verkrüppelte schwarze Hand gewesen. Dann war da der blutige Stumpf, und scheinbar Sekunden später hatte der Alte eine neue rechte Hand. Mayors Hand.
    Er bewegte sie, machte ein paar Fingerübungen, als wollte er in der leeren Luft ein imaginäres Musikinstrument spielen. Dann hob er die Hand zum Gruß, als winkte er routiniert und dennoch erfreut, einer großen Menschenmenge zu.
    Schließlich streckte er die Hand, Mayors Hand, segnend gen Himmel. Die Hand wirkte grandios, und der Alte wußte es. Deshalb hatte er diese Hand gesucht und auch gefunden. Aber es gab da noch andere Gründe.

II
    Der 3. Weltkrieg hatte längst stattgefunden, auch wenn es so recht keiner bemerkt hatte. Es war der Krieg der distributierten Kriege. Er begann kurz nach dem 2. Weltkrieg, Mitte des 20. Jahrhunderts.
    Kriege waren bis dahin überschaubar und in Geschichtsbüchern säuberlich notiert worden. Von … bis …! Generationen von Schülern waren Jahreszahlen und politische Verflechtungen eingetrichtert worden, nicht aber die Tatsache, daß Kriege, daß der Krieg an sich unmenschlich und wahnsinnig ist. Wobei nichts gegen Meinungsverschiedenheiten zwischen einzelnen Menschen zu sagen ist, auch wenn sie bis aufs Messer geführt werden, auch wenn sie zum Tode eines oder beider Menschen führen.
    Aber daß Menschen, von Fahnen und Musik, Führern und ideologischen Phantastereien, gelenkt, in Massen gegen andere Menschen aufbrechen, war und ist eine dem Menschen unwürdige Perversität. Eigentlich die einzige wirkliche Perversität der menschlichen Rasse.
    Nach dem 1. Weltkrieg (schade, daß man so spät damit begonnen hatte, Kriege durchzunumerieren) passierte eine ganze Weile gar nichts, bis die künstlich von Führern herbeigeführte Unzufriedenheit der Massen sie wieder aufnahmebereit machten, einen weiteren Krieg zu führen. Die eigenartigste Erscheinung hier war Hitler, wenn auch andere Führer ihm wenig nachstanden. Diese Leute nannten die Menschen teilweise nicht nur Führer, sondern auch Politiker, was sich etwas eleganter anhörte. Worte nutzen sich ab und müssen durch andere ersetzt werden, ohne daß sie ihren Bedeutungsinhalt einbüßen.
    Der 2. Weltkrieg brachte die Welt schon etwas mehr in Bewegung. Die Waffensysteme wurden ausgeklügelter, die Verluste an Menschen und Materialien auf allen Seiten höher. Das war eine durchaus beabsichtigte Wirkung derjenigen, die die Waffen herstellten.
    Macht, hieß das Zauberwort, aber nach dem 2. Weltkrieg, der ja unmittelbar in den 3. Weltkrieg überging, wurde die Macht anders gehandhabt. Nicht mehr von einzelnen Personen. Nicht mehr so offen.
    Natürlich, es gab die beiden großen Machtblöcke: Russen und Amerikaner standen sich in einem wahnwitzigen Wettrüsten feindlich gegenüber, und jeder zählte dem anderen buchhalterisch penibel vor, wieviel Atomraketen der andere hatte. Nur, der Krieg zwischen den beiden großen Machtblöcken wurde nicht geführt. Nicht im 3. Weltkrieg, der von ca. 1950 bis zum Jahre 1999 ging. Ein – wie gesagt – substituierter Krieg. Ein Krieg, der von Stellvertretern ausgeführt wurde. Historiker erinnern sich an Vietnam, Korea, Afghanistan, Iran, Israel, Chile, die beiden Teile Deutschlands, wobei diese Aufzählung nicht in den Rang einer vollständigen zu erheben ist.
    Und dann 1999.
    Irgendein Wahnsinniger drückte endlich doch noch auf den roten Knopf, und das seit langem eingespielte und hochgespielte Angriff- und Abwehrsystem wurde zum Selbstläufer.
    Es waren nicht mehr die konventionellen Waffen.
    Es kam zum Atomkrieg.
    Hiroshima und Nagasaki waren längst vergessen.
    Und die neuen Hiroshimas und Nagasakis lagen in Europa, Asien, Nordafrika, aber natürlich wurden auch Teile von Rußland und Amerika nicht verschont. Verschont wurde – wie immer – Australien. Man hatte es schlicht vergessen.
    Aber im Gegensatz zu den früheren 3 Kriegen, von denen der 3. Weltkrieg ja der längste war, dauerte der 4. Weltkrieg nur wenige Tage.
    Zwischendurch war etwas geschehen, was die Politiker wieder einmal verschlafen hatten. Sie waren ja wie gewohnt auf ihre eigene machtpolitische Nabelschau fixiert gewesen. Sie hatten das Erwachen der Massen verschlafen, das Aufbegehren der Jugend, die Emanzipation der Frauen, die Abkehr breitester Kreise von einer übertechnisierten, durchorganisierten und zwangsverwalteten Wasserkopfwelt. Sie hatten verschlafen, daß das Volk erwachsen geworden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher