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Zeit des Zorn

Zeit des Zorn

Titel: Zeit des Zorn
Autoren: Don Winslow
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DON WINSLOW
     
    ZEIT DES ZORNS
     
    Für
Thorn Walla.
     
    Auf
dem Eis oder nicht.
     
    »Going back to California,
So many good things around. Don't want to leave California, The sun seems to
never go down.«
    John
Mayall, »California«
     
     
    Fickt euch.
     
    Das
ist heutzutage mehr oder weniger Chons Einstellung.
    Ophelia meint, Chon hat
keine attitude, er hat baditude.
    »Macht seinen Charme
aus«, sagt O.
    Worauf Chon entgegnet,
dass es nur ein muy verstrahlter Daddy fertig
bringt, seine Tochter nach einer durchgeknallten Braut zu benennen, die sich
ertränkt hat. Ganz schön verkorkstes Wunschdenken.
    Das war nicht ihr Dad, klärt O ihn
auf, sondern ihre Mom. Chuck hatte keinen blassen Schimmer, dass sie überhaupt
geboren war, deshalb hat Paku gemacht, was sie wollte, und dem kleinen Mädchen
den Namen »Ophelia« gegeben. Os Mutter Paku ist keine Indianerin oder so, O nennt
sie einfach bloß »Paku«.
    »Ist eine Abkürzung«,
erklärt sie.
    P.A.K.U.
    Passiv Aggressive Königin
des Universums.
    »Hat deine Mutter dich
gehasst?«, hat Chon sie mal gefragt.
    »Sie hat mich nicht
gehasst«, erwiderte O. »Sie hat's bloß gehasst, mit mir schwanger zu sein, weil
sie dabei total fett geworden ist - bei Paku heißt das, sie hat fünf Pfund
zugelegt. Sie hat mich rausgepresst und auf dem Heimweg vom Krankenhaus ein
Laufband gekauft.«
    Ja, ja, ja, weil Paku
total SOC R&B ist.
    South Orange County Rich and Beautiful.
    Blonde
Haare, blaue Augen, fein geschnittenes Naschen und dazu DBGT - die besten
gekauften Titten (wenn man die Vorwahl 949 und echte Brüste hat, wird man für eine
von den Amish People oder so was gehalten) -, der Rettungsring blieb nicht
lange auf ihren Hüften. Paku fuhr nach Hause in ihre
Drei-Millionen-Dollar-Hütte in Emerald Bay, schnallte sich die kleine Ophelia
in einer Babytrage auf den Rücken und stellte sich aufs Band.
    Marschierte zweitausend
Meilen und kam trotzdem nirgends an.
    »Die Symbolkraft ist der
Hammer, oder?«, fragt O, als sie mit der Geschichte fertig ist. Sie glaubt,
dass daher ihre Vorliebe für Elektrowerkzeug rührt. »Als hätte es diesen einschneidenden,
unterschwelligen Einfluss gebraucht. Ich meine, ich war noch ein Baby, und da
war das ständige rhythmische Summen und Brummen, die blinkenden Lichter und
der ganze Scheiß? Also bitte.«
    Als sie alt genug war und
kapierte, dass Ophelia Hamlets bipolar gestörte kleine Borderline-Freundin war,
die ohne Rückfahrkarte schwimmen ging, bestand sie darauf, von ihren Freunden
nur noch »O« genannt zu werden. Die zeigten sich durchaus kooperativ, wobei es
aber nicht ganz unriskant war, sich den Spitznamen »O« zu verpassen, wenn man
für ohrenbetäubend laute Orgasmen bekannt war. Einmal ging O auf
einer Party mit einem Kerl nach oben. Und fing vor lauter Glück an
loszuschreien. Trotz der Musik und allem konnte man sie bis unten hören. Der
Techno stampfte, aber O übertönte ihn mühelos fünf
Oktaven höher. Ihre Freunde lachten. Sie waren alle schon bei Pyjama-Partys
gewesen, auf denen O ihren
Hochleistungs-Häschenvibrator mit den vielen beweglichen Teilen ausgepackt
hatte, und sie kannten den Refrain.
    »Ist die Katze gesund,
freut sich der Mensch«, flötete ihre Freundin Ashley.
    O war das nicht peinlich. Sie kam total entspannt und glücklich wieder runter,
zuckte mit den Schultern und meinte: »Was soll ich sagen? Ich komme halt
gern.«
    Ihre Freunde kannten sie
also als »O«, aber ihre Freundinnen nannten sie »Multiple O«. Hätte schlimmer
kommen können, hätte »Big O« sein können, aber sie ist so ein zierliches
Mädchen. Einsvierundsechzig und spindeldürr. Nicht bulimisch oder magersüchtig
wie Dreiviertel der Frauen in Laguna, sie hat einfach einen
Stoffwechsel wie ein Düsentriebwerk. Verbrennt Treibstoff wie blöde. Das
Mädchen kann essen, aber kotzen liegt ihr nicht.
    »Ich bin wie eine Elfe«,
würde sie sagen. »Knabenhaft.«
    Na ja, nicht ganz.
    Ein Knabe mit knallbunten
Tattoos vom Hals an über die linke Schulter und den ganzen Arm runter -
silbrige Delphine tanzen mit goldenen Meeresnymphen durchs Wasser, hohe blaue
Wellen brechen, und grellgrüne Schlingpflanzen ranken sich drum herum. Ihr
einst blondes Haar ist jetzt blond und blau mit zinnoberroten Strähnchen, und
sie trägt einen Stecker im rechten Nasenflügel. Womit sie sagen will...
    Fick dich, Paku.
     
    Ein
wunderschöner Tag in Laguna.
    Aber sind hier nicht alle
Tage schön?
    Denkt Chon, als er einem
weiteren Sonnentag
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