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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar
Autoren: Charles W. Thayer
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Feuerchen
anzünden konnten. Der Felsüberhang gewährte uns einigen Schutz, doch außerhalb
der Rinne brauste ein wilder Schneesturm den Abhang entlang. Während wir ihn
noch beobachteten, drang aus der Rinne unter uns ein dumpfes Poltern herauf.
Einen Augenblick später schwoll es zu donnerndem Getöse an. Die Jäger schienen
auf der Stelle anzufrieren. Einer sah den anderen an.
    »Lawine«, sagte endlich einer und trat
vorsichtig aus dem Schutz der Wand in den wirbelnden Schnee. Sofort kam er
zurück. »Ungefähr fünfhundert Meter unter uns«, meldete er knapp, »sie hat die
ganze Schlucht verstopft.«
    Ich sah den Anführer fragend an.
    »Gut«, meinte er achselzuckend, »jetzt
brauchen wir keine Entscheidungen mehr zu treffen. Wir werden weitergehen und
den Rücken da vor uns überqueren müssen, um in die nächste Rinne zu gelangen.
Da können wir dann absteigen, wenn sie nicht auch von einer Lawine verschüttet
ist.« Ohne länger Zeit zu verlieren, machten wir uns wieder auf den Weg.
Mittlerweile reichte uns der Schnee bis zu den Hüften. Bei jedem Schritt mußten
wir eine kleine Pause einlegen, ehe wir den Fuß vorzogen. Ich hatte einmal
gehört, daß Lawinen durch Geräusche verursacht werden können, und sowie nur
einer versuchte, den Mund aufzumachen, sah ich ihn wütend an.
    Eine weitere Stunde mühevollen
Stapfens brachte uns an den letzten Bergrücken, über den die Steinböcke
verschwunden waren. Auf der anderen Seite konnten wir, wie die Jäger erzählten,
mit dem Abstieg beginnen. Der vor uns liegende Abhang war nicht sehr hoch —
vielleicht zweihundert Meter — , aber er bildete einen Winkel von etwa
fünfundvierzig Grad, und der Schnee reichte uns schon bis über die Gürtel.
Jeder Schritt erforderte eine lange Pause, um in der dünnen Luft genügend
Sauerstoff einzuatmen. Schließlich hatten wir es fast geschafft. Als wir uns
dem Kamm näherten, forderte uns der Führer durch Gesten auf, uns zu bücken.
»Auf der anderen Seite werden die Steinböcke sein«, flüsterte er. So krochen
wir denn die letzten zehn Meter fast auf dem Bauch durch den nassen Schnee. Als
wir die Spitze erreichten und langsam die Köpfe hoben, um den Abhang
hinabzusehen, war er so leer wie ein blanker Tisch.
    Vier, fünf Stunden später waren wir
wieder unten am Fuß des Berges angelangt. Beim Schwinden des letzten
Tageslichtes erreichten wir das Dorf, von dem wir in der Nacht aufgebrochen
waren. Die Dorfältesten und fast die gesamte Bevölkerung eilten zu unserer
Begrüßung herbei. Sie waren offensichtlich enttäuscht, daß wir kein Wild
heimbrachten, und erstaunt, uns überhaupt wiederzusehen. Sie hatten die Lawine
bis hierher gehört, wie sie berichteten, und als wir am Nachmittag nicht wieder
zurück waren, vermutet, daß sie uns erwischt hätte. Am glücklichsten von allen
war über das Wiedersehen der Leibwächter des Premierministers. »Es war der
gräßlichste Nachmittag, den ich je erlebt habe«, sagte er.
    »Sie hätten eben doch mitkommen
sollen«, erwiderte ich.
     
    »Duschmani Man« war mein letztes Anti-Steinbock-Unternehmen.
Kurz nach meiner Rückkehr nach Kabul beorderte mich ein Telegramm aus
Washington schnellstens nach London, wo ich Sekretär des Sekretariates der
Europäischen Beratenden Kommission werden sollte. Es klang nicht gerade nach
einer sehr imponierenden Stellung, und London erschien mir nach dem Frieden und
der idyllischen Ruhe von Kabul nicht sehr verlockend, doch war ich andererseits
nach achtzehn Monaten hinter den Bergen auch wieder damit einverstanden, dem
Weltgeschehen etwas näherzurücken.
    Meine erste Sorge war, einen Platz im
Flugzeug für mich zu belegen. Ich telegrafierte an die Flugkartenstelle und
schickte ihr zugleich eine freie Wiedergabe meiner Order, die, wie alle
telegrafischen Anweisungen des State Department, »Hull« gezeichnet war. In
freilich sehr freier Wiedergabe machte ich daraus »Cordell«. Ob nun die
Flugkartenstelle daraufhin annahm, ich sei ein enger Freund des Außenministers,
weiß ich nicht, aber ich bekam eine Dringlichkeitsbescheinigung erster Ordnung
von Karatschi nach London (was ja auch der Zweck der Manipulation gewesen war).
    Die nächste Sorge galt meinem
Haushalt, der auch irgendwie auf den Weg geschickt werden mußte. Er umfaßte
damals Yang und eine Anzahl der verschiedensten Hunde. Midgets Junge hatten
immer wilde Diskussionen heraufbeschworen, doch der Kabuler Wurf war der
dramatischste. Vom Augenblick ihres Eintreffens an war die Hündin
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