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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar
Autoren: Charles W. Thayer
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morgige Tag eine harte und gefährliche Arbeit bringt. So haltet euch
heute vom Harem fern!« Sie grunzten zustimmend und verschwanden in der
Dunkelheit.
    Als sie fort waren, stellte ich meinen
Wecker und kroch für ein paar Stunden in meinen Schlafsack.
     
    Als der Wecker rasselte, stieg ich in
meine Stiefel, rührte etwas Büchsenkaffee an und kaute mechanisch an einem
Stück flachen, laffen, ungesäuerten Brotes herum. Neben mir schlief meine
»Leibwache« noch friedlich den Schlaf des Gerechten. Ich rüttelte ihn wach und
forderte ihn auf, sich gefälligst zu beeilen. Er sah mich ungläubig an:
    »Ich? Das gefährliche Gebirge
ersteigen? Teufel, nein! Ich warte hier unten auf Sie. Aber nehmen Sie sich
bitte in acht, denn wenn Ihnen was zustößt, läßt mich der Premierminister aus
‘ner Kanone zu Tode schießen!« Nachdem er dieserart seine Pflicht erfüllt
hatte, rollte er sich auf die andere Seite und schnarchte weiter.
    Drunten im Hof waren die Jäger schon
versammelt, als ich die Leiter hinabstieg. Wenige Minuten später stapften wir
schweigend über den Berghang auf das gewaltige dunkle Massiv zu, das sich aus
dem Sternenhimmel drohend auf uns zuzuneigen schien. Es war fast sechs Uhr, als
die Gruppe am Eingang einer breiten, felsigen Bergrinne anhielt, die ganz steil
auf den Gipfel hoch über uns zuführte. Meine Begleiter liefen ein paar
Augenblicke auf und ab und sammelten dürre Äste und trockene Dornenranken. Bald
schon saßen sie mit untergeschlagenen Beinen um ein hellflackerndes Feuer, das
ihre hageren dunklen Gesichter bizarr beleuchtete.
    »Wie lange noch bis zur
Dämmerung?»fragte mich einer. Nur ich hatte eine Uhr.
    »Vielleicht zehn Minuten«, sagte ich.
    Fünf
Minuten verstrichen langsam. Außer dem Knistern der trockenen Zweige und Dornen
war kein Laut zu hören. Dann sah mich mein Nachbar wieder an: »Sie haben gesagt
zehn Minuten — aber dreißig sind schon vergangen. Geht die Uhr da richtig?«
    Ich versicherte ihm, sie gehe ganz
genau, und es seien tatsächlich erst fünf Minuten vorbei. Doch die
Stammesbrüder glaubten mir augenscheinlich nicht und begannen seltsame Blicke
zu tauschen. Viertausendfünfhundert Meter über der Welt inmitten von elf wilden
Gebirglern zu sitzen war kein beneidenswerter Zustand. Ich muß gestehen, daß
mir ein etwas unangenehmes Gefühl den Rücken hochkroch. Tröstlich war nur der
Gedanke, daß es sie nicht nach meiner Uhr gelüstete.
    Und dann brach schließlich die
Dämmerung an. Wir warfen uns das Gewehr wieder über den Rücken und kletterten
die Rinne hoch. Der dämmernde Himmel war klar, und mir schien, wir würden einen
idealen Jagdtag bekommen. Die einheimischen Jäger aber zogen prüfend die Luft
ein und schüttelten mißmutig die Köpfe. »Schnee«, brummten sie.
    Zwei Stunden und länger arbeiteten wir
uns mühsam über Felsbrocken und lockeres Geröll hoch. Man konnte nur langsam
klettern, aber da wir keine Rastpausen einlegten, machten wir trotzdem ganz
beachtliche Fortschritte. Der Einstieg in die Schlucht unten war schon nicht
mehr zu erkennen, und die Siebentausendfünfhundert-Meter-Spitze kam sichtlich
näher. Zwischen ihr und uns lagen die flachen Hochebenen. Als wir sie mit dem
Feldstecher absuchten, entdeckten wir eine kleine Steinbockherde, die sich
langsam auf die nächste Rinne zubewegte. Und dann ertönte urplötzlich ein lauter
Donnerschlag, und einen Augenblick später begann es in dicken, schweren Klumpen
zu schneien. Der Anführer stoppte und wandte sich an mich:
    »Möchten Sie nicht lieber umkehren?
Diese Sorte Schnee ist gefährlich. Zudem werden Sie kein Wild mehr sehen.« Aber
wir waren schon so weit gegangen, und die Hochflächen mit ihren Steinböcken
schienen so nah vor unseren Blicken zu liegen, daß ich nicht das Herz hatte,
umzukehren. So kämpften wir uns also eine weitere halbe Stunde gegen das
stärker werdende Schneetreiben vorwärts. Mittlerweile waren wir so hoch
gestiegen, daß sich der Sauerstoffmangel empfindlich bemerkbar machte. Alle
halbe Dutzend Schritte mußte man stehenbleiben, um Luft zu schöpfen. Als ich
wieder einmal schweratmend dastand, wandte sich der Führer erneut an mich:
    »Sollen wir aufhören? Es gelingt Ihnen
jetzt doch nicht mehr.«
    Ich schlug vor, daß wir uns ein paar
Minuten unter einer überhängenden Felsplatte ausruhen und die Geschichte kurz
durchsprechen sollten.
    Irgendeiner fand sogar ein bißchen
trockenes Buschwerk unter dem Schnee, so daß wir ein winziges
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