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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising
Autoren: Glen Duncan
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Du kleckerst, du kleckerst – warte.« Er kann nicht aufhören, mit der Liege herumzuspielen, doch sein letzter Umbau hat ihn den halben Drink gekostet. »Warte. Lass mich. Gut. Okay?«
    Cloquet habe ich auf eine einmonatige All-Inclusive-Karibikkreuzfahrt geschickt. (»Du brauchst mich nicht mehr«, hatte er nach Kreta gesagt, als offenkundig war, dass Walker mehr war als nur ein Abenteuer. »Ich suche mir was anderes. Schon in Ordnung. Ich habe verstanden.« »Blödsinn«, hatte ich erwidert, und mein unverstocktes Pharaonenherz war in sentimentale Verwirrung geraten. »Geh, wenn du willst, aber nicht, weil du denkst, ich brauche dich nicht. Ich werde dich immer brauchen. Immer.« Ich legte meine Arme um ihn. Wir weinten beide. Es war lächerlich. Also blieb er bei mir. Praktisch hat sich eigentlich nicht viel geändert: Walker und ich leben nicht zusammen, und wir sind, mal abgesehen von Vögeln Töten Fressen, auch nicht sexuell monogam, auch wenn mir es miteinander erheblich öfter tun als mit anderen. Cloquets Rolle ist also im Grunde dieselbe geblieben, Vertrauter, Logistiker, Babysitter, Freund. Die Kinder himmeln ihn an.) Madeline (die mir erzählt hatte, dass der Sex mit Cloquet »um ehrlich zu sein, verfickt gut« war und die ab und zu auftaucht, ihn um den Verstand vögelt und wieder verschwindet), wird ihm in Barbuda ›über den Weg laufen.‹ Geplant, natürlich.
    »Ich weiß nicht, warum du überhaupt so von Geld besessen bist«, sage ich zu meinem Dad. »Freu dich doch einfach nur, dass wir es haben.« Da Jakes finanzielle Geschichte recht knapp war, habe ich sie zu Walkers gemacht. Meinem Mann. Dem Vater meiner Kinder. Lügen, Lügen und noch mehr Lügen, aber der alte Herr braucht ein sicheres, gefahrloses und vernünftiges Bild. Vor allem nach dem Schock, als ich ihn vor acht Monaten mit Zwillingsenkeln überfallen habe. »Als wir genug hatten, hast du dir um Geld Sorgen gemacht«, fahre ich fort. »Jetzt haben wir mehr als genug, und du machst dir immer noch Sorgen. Das ist deprimierend.«
    »Schon gut, schon gut, in Ordnung. Himmel. Hast du wenigstens einen Ehevertrag geschlossen?«
    »Dad, um Himmels willen, ja. Ja. Lassen wir uns scheiden, kriege ich einen Haufen. Glaub mir, mehr, als ich jemals brauchen werde.«
    Walker, braun, schlank, wolfsfit, kommt in Bermudas aus dem Haus und trägt Tacos und Salsa auf einem Tablett zu uns. »Nikolai, sieht ganz so aus, als müsste ich dein Glas auffüllen. Gib mal her.«
    Die Verwunderung meines Dads über Walkers angebliches Vermögen schließt immer wieder seine grundlegenden gesellschaftlichen Umgangsformen kurz, und dann sitzt er da wie jetzt und gafft ihn an, so als würde er damit rechnen, dass ihm die Fünfziger und Hunderter aus dem Kopf sprießen.
    »Dad!«, sage ich. »Möchtest du noch einen Drink?«
    »Was? Oh, sicher, sicher. Danke, Robert.«
    »Miss D?«
    »Ach zum Teufel, klar.«
    Der Nachmittag schmilzt in Hitze, Sonne, Alkohol und zunehmend offener und freier Unterhaltung dahin. Der Satz, den ich in der letzten Nacht in mein Tagebuch geschrieben habe, nagt an meinem Hirn: ›Talulla Demetriou, du warst ein sehr (Pause) böses (Pause) Mädchen.‹ Mein Dad, leicht angesäuselt, kocht: Lamm mit rotem und grünem Paprika in einer kräftigen Tomatensauce – arni kokkinisto  – mein Lieblingsessen seit Kindertagen. Sein leicht dickbäuchiges, grauhaariges, langwimpriges Profil zu sehen, wie er mit einem Hemdzipfel aus der Hose am Ofen steht und kocht, seelenruhig wie Gott, bereitet mir tiefstes Vergnügen. Es ist riskant, Kontakt zu ihm zu haben. Die WOKOP (oder SLOW COP, wir wir sie jetzt nennen) weiß seit neuestem von der Existenz einer neuen Generation von Werwölfen (nach letzten Zählungen mehr als fünfzig: Fergus hat das mit dem Knutschfleck herausgefunden, und irgendwo da draußen rennt Devaz Amok), und das Projekt Helios ist weiterhin damit beschäftigt, das Rätsel der Tageslichtunempfindlichkeit des lykanthropischen Gens zu entschlüsseln. Beide Organisationen könnten mich über meinen alten Herrn aufspüren. Aber ich weiß, wenn ich ihn vor die Wahl stellen würde, dann würde er mich und die Kinder sehen wollen. Also habe ich diese Wahl für ihn getroffen. Wir müssen einfach nur vorsichtig sein. Sehr vorsichtig. Jacqueline Delon hat Gerüchten zufolge den Angriff auf das Kloster überlebt, doch nachdem die Fünfzig Familien einen Preis auf ihren Kopf ausgesetzt haben, ist sie sehr vorsichtig in der Wahl ihrer Freunde.
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