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Bad Moon Rising

Bad Moon Rising

Titel: Bad Moon Rising
Autoren: Glen Duncan
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Ich erhaschte kurze Blicke: ein kleiner Becher aus Lapislazuli; ein verzierter, von der Sonne durchwärmter Ledersattel; eine eingeölte Männerschulter, Haut von der Farbe einfacher Schokolade. ›Ich kann nicht‹, dachte ich. ›Ich kann nicht.‹ Ich wusste nicht, was es war, dass ich nicht konnte. Ich war aufgeregt und mir war schlecht.
    »In Ägypten?«
    »Ich war nicht in Ägypten, als ich es schrieb. Ich war in China.«
    »Und du hast geschlafen?«
    »Ja, aber ich bin schon seit einiger Zeit vor deiner Geburt wieder wach. Jake und du seid an meinem Haus in Big Sur vorbeigefahren.«
    »Was?«
    »Muster finden sich überall. Geschichten. Das ist mein Fluch.«
    »Warte. Bitte. Eins nach dem anderen.«
    »Entschuldigung. Also los.«
    Ich sah nach den Zwillingen. Sie waren eingeschlafen, Zoë hatte einen Arm über ihren Bruder gelegt. Ein distanzierter Teil von mir war sich bewusst, dass ich Angst hätte haben sollen, dass ich Pläne schmieden und herausfinden müsse, ob ich an etwas Scharfes, Hölzernes kommen könnte. Ich war mir dessen bewusst, steckte aber in einem Zustand lähmend kranker Aufregung fest, war voller nutzloser Energie.
    »Hast du Antworten?«, fragte ich. »Hat das alles etwas zu bedeuten?«
    »Ich habe die Antwort, welches Verb fehlt.«
    »Also nein.«
    »Gott segne Manhattan dafür, die ungeduldigsten Menschen der Welt hervorzubringen! New Yorker Ungeduld spart der Welt Jahrzehnte, die ansonsten damit vergeudet werden, nicht auf den Punkt zu kommen.«
    »Hör mal, wenn du wirklich-«
    »Schsch! Das ist Walker.«
    Schritte oben. Walker rief: »Talulla?«
    Der Vampir war leise aufgestanden. »Ich muss los. Bringt keinem von uns etwas, wenn er herunterkommt, und ich bin hier.«
    »Warum sagst du das?«
    »Ich glaube, das weißt du.«
    »Nein, weiß ich nicht.«
    »Er hat das fehlende Verb erraten.«
    Und mit plötzlich peinlicher Berührtheit, wie ein irrer Sturz einer Achterbahn, hatte ich es ebenfalls.
    » Vor klez mych va gargim din gammou-jhi . ›Wenn er das Blut des Werwolfs trinkt.‹ Es heißt nicht mych . Hat es noch nie geheißen. Es heißt fanim . Gegenwartsform des unschuldigen kleinen Verbs fan , ›verbinden‹. Vor klez fanim va gargim din gammou-jhi . ›Wenn er sich mit dem Blut des Werwolfs verbindet.‹ Wir sehen uns ein andermal wieder.«
    Walker war auf den Beinen und bewegte sich zielstrebig. Ich sah, was er sah: Ich war weg, und die Kinder auch. Ich konnte spürten, wie er ahnte, dass das Haus ein Geheimnis barg. Ich sah zu den Zwillingen hinab. Die beiden schlugen gleichzeitig die Augen auf.
    »Du hast mir noch gar nichts erzählt«, sagte ich und blickte auf – aber ich redete nur mit mir selbst. Der Vampir war verschwunden.

Epilog
    Talulla Victrix
    »Ich hab dir doch schon gesagt, Daddy, das ist alter Familienreichtum«, sage ich leise. »Die Familie seines Vaters stammt ursprünglich aus England. Mikroelektronik, davor Stahl, davor Kohle, davor Baumwolle, davor Kautschuk. So die offizielle Familiengeschichte, aber wenn du Walker fragst, wird er dir sagen, dass alles in Wahrheit damit angefangen hat, indisches Opium an die Chinesen zu verscherbeln.«
    »Ach herrje, das werde ich ihn bestimmt nicht fragen.«
    »Na, dann hör auf, mich damit zu löchern, okay?«
    Wir haben es uns auf Liegen am Pool einer Luxusvilla im Napa Valley bequem gemacht, gleich nördlich von Calistoga (südlich des Robert Louis Stevenson State Park – Jake hätte das gefallen); es ist ein heißer, statisch aufgeladener, wolkenloser Tag Mitte August. Sonne auf dem Wasser. Der Geruch von sauberem Beton, Lavendel, Fichten. Wir trinken; ich habe einen Hendricks mit Limone auf Eis, Daddy einen Bushmill’s mit Soda. Zoë und Lorcan sitzen in einem großen, überschatteten Laufstall, Zoë konzentriert sich stirnrunzelnd und schiebt verschiedene gelbe geometrische Klötze durch die dazu passenden Löcher in einer roten Kugel, Lorcan sitzt im Schneidersitz und lutscht kleckernd an einem Schnitz Mango. In zwei Monaten feiern sie ihren ersten Geburtstag.
    Walker ist im Haus und holt Tacos und Salsa, denn wir befinden uns genau zwischen den Zyklen und essen wie ganz normale Menschen. Ich habe einen Kalender darum herum ausgeklügelt, damit wir wissen, wann mein Dad uns besuchen kann.
    »Hör mal, du kannst doch nicht erwarten, dass ich das einfach so hinnehme … Du kannst doch nicht erwarten, dass ich nicht neugierig bin.«
    »Ich weiß, Dad. Schon kapiert. Aber das geht jetzt schon seit Monaten so.
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