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Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert
Autoren: Helmut Krausser
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Geräusch
     der Kugel, die sich durch Anitas Kopf und ins darunterliegende Kissen wühlte.
    »– stehen wieder
     vier große Kerle um Sie rum. Carpe diem! Es gäbe viele Fragen,
     die ich Ihnen gern noch stellen würde. Alles kann man nicht haben.
     Tut mir leid.«
    Dschanow rannte auf ihn zu.
     Nabel schoß erneut, traf den Heranstürzenden zwischen die
     Augen, der fiel vor ihm zu Boden wie ein Sack, zuckte ein paar Sekunden
     lang. Dann war das erledigt. So einfach. Gar nicht wie im Film, wo man
     sich erst noch mit ihm auf dem Boden hätte herumwälzen müssen.
     Nabel riß sich den angeklebten Bart vom Mund, spülte ihn die
     Toilette hinunter. Pfeifers Pistole warf er unters Bett. Danach lief er
     ins Treppenhaus des Hotels, schob sich die hochgegelten Haare ins Gesicht
     zurück und zog das grüne Poloshirt aus, unter dem er ein
     kragenloses weißes Hemd trug. Halt. Die Handschuhe. Polohemd und
     Handschuhe mußte er loswerden? Wo? Wie? Das Klo hätten die
     Teile vielleicht verstopft, es mußte eine improvisierte Lösung
     gefunden werden. Ruhig, ganz ruhig. Jemand kam ihm von unten entgegen,
     Nabel schob sich in den Flur des dritten Stocks. Ein Schuhputzautomat.
     Besseres fiel ihm gerade nicht ein, er stopfte die Kleidungsstücke
     hinter den Schuhputzautomaten. Das würde schon gehen. Wenn man sie
     finden würde, dann hatte eben Pfeifer sie dorthin befördert.
    Nun erst kam es zum
     eigentlich interessanten Teil des Experiments. Im Erdgeschoß
     angekommen, lief Nabel durch den Seiteneingang hinaus ins Freie und von
     dort durchs Hauptportal zur Rezeption. Diesmal, mit unverstellter, tiefer
     Stimme, verlangte er von der Dame hinter dem Schalter die Auskunft, ob im
     Hotel ein gewisser Dschanow wohne oder eine Frau von Schönfels.
    Die Frau, die eben ihre
     Ausbildung hinter sich gebracht hatte, wirkte verunsichert.
    »Komisch, das hat mich
     vor einer Viertelstunde schon jemand gefragt.«
    »Ach du Scheiße!
     Nabel. Kriminalpolizei!« Er zeigte seine Marke. »Beeilen Sie
     sich!«
    Als die konfuse Dame später
     gefragt wurde, woran sie sich erinnere, sagte sie aus, der erste Mann habe
     einen Mexikanerbart getragen, irgendwas Grünes und nach hinten gekämmtes
     Haar. Und eine Polizeimarke. Ihn näher zu beschreiben war ihr nicht möglich.
     Irgendwie hatte ihr Gedächtnis die beiden Männer vermischt und
     sah sich nicht mehr imstande, deren Gesichter klar auseinanderzuhalten.
     Ein nicht selten auftretendes Phänomen.
    Nabel fuhr mit dem Lift in
     den vierten Stock, trat die Tür auf, telefonierte mit Lidia, gab sich
     danach sehr zerknirscht, befahl einem Pagen, die Präsidentensuite zu
     bewachen und verhörte die Dame an der Rezeption in Stakkatosätzen.
     Wie unter Dampf, ließ er sich den mutmaßlichen Attentäter
     beschreiben.
    »War der Kerl dünner
     als ich?«
    »Nein.«
    »Dicker?«
    »Nein, auch nicht.«
    »Größer oder
     kleiner als ich?«
    »Ich hab nicht genau
     hingesehen …«
    »In Ihrem Job muß
     man sich doch Details zu jedem Gast merken können! Geben Sie sich gefälligst
     Mühe!«
    »Er … er
     … war ja kein Gast …«
    »Soll das komisch sein?«
     Nabel setzte die Dame unter Druck, bis ihr Erinnerungsvermögen vor
     Aufregung vollends kapitulierte. Sie hielt sich beide Handteller an die
     Schläfen.
    »Irgendwie sah er Ihnen
     ähnlich.«
    »Nannte er sich
     Pfeifer?«
    »Kann sein … Ja,
     ich glaube, das sagte er.«
    Nabel zeigte ihr ein Photo.
     »Das ist Pfeifer! Stimmts?«
    »Ja … Jaja,
     genau!«
    Der Hotelmanager legte einen
     Arm um die aufgelöste, deutlich zitternde Empfangsdame und bat darum,
     das alles nicht hier in der Halle, in der Öffentlichkeit zu
     besprechen, bitte …
    Worum es auch gehe. Worum
     gehe es eigentlich?
    Durch die Schwingtür zur
     Empfangshalle traten Lidia, Seidel und einige Mitglieder der Soko.
     Dahinter der Trupp von der Spurensicherung, einige winkten Nabel
     freundlich zu, wie zwei sich begegnende Busfahrer im Straßenverkehr
     grüßen.
    »Wohin?« fragte
     Lidia, ohne stehenzubleiben.
    »Vierter Stock. Präsidentensuite.
     Ich hab einen Pagen davor abgestellt.«
    Der Hotelmanager hob den
     Zeigefinger der rechten Hand, wollte sich irgendwem gegenüber
     bemerkbar machen. »Entschuldigung, aber was …?«
    Was hier verdammt nochmal los
     sei, fragte Seidel und ignorierte den Manager schlicht, der seinen
     Zeigefinger eingeschüchtert in einer laschen Faust verschwinden ließ
     und die beiden Kriminaler mit kurzen,
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