Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aussortiert

Aussortiert

Titel: Aussortiert
Autoren: Helmut Krausser
Vom Netzwerk:
hinter der
     Austauschaktion?«
    »Ja, hab ich das nicht
     erwähnt? Von da an lieferte er das Koks, aber nicht mehr so gutes,
     auch nicht so preiswert. Die Kunden, die ja alle sehr heikel, sehr
     anspruchsvoll waren, störte das. Den Rest kann ich nur vermuten, ich
     war bereits raus aus dem Spiel. Ich glaube, daß Anita beschloß,
     die Partysaison zu beenden. Kistner war zum Risikofaktor geworden. Aber
     sie hatte wohl die Idee, das ganze Prinzip auf höherer Ebene
     anzuwenden. Europaweit sozusagen. Guter Stoff für erlesene Kunden der
     Edelbordelle.«
    »Das hat mir König
     angedeutet.«
    »Oh, er war gut!
     Verdammt gut. Deshalb mußte er sterben, er wußte, oder
     wenigstens ahnte er bereits zuviel. Ich nehme an, das ist auch der Grund,
     warum man jetzt hinter mir her ist, die denken, ich sei immer noch für
     die Drogenfahndung tätig. Bin ich ja auch. Quasi.«
    »Wer ist hinter Ihnen
     her? Dschanow?«
    »Nein, naja, der
     vielleicht auch, nein, Ümal will mich loswerden. Für ihn, dessen
     Absatzmarkt bisher auf Berlin beschränkt ist, wird das ein
     Riesengeschäft. Nur, der alte Tschutschelow war zu konservativ, um
     sich auf Drogen einzulassen. Deshalb haben sie ihn hopsgehen lassen. Wie
     Sie sagen, Nabel, es liegt auf der Hand.«
    »Was wußte König
     über die Serie Lila?«
    »Nichts. Glaub ich.
     Aber er fand eine Verknüpfung, den Heizungsbauer Nentwig. Der Rest wäre
     bei seiner Kombinationsgabe ein Klacks gewesen. König besaß ein
     ungeheuerliches Namensgedächtnis und kam der Sache auf die Spur, das
     bedeutete sein Todesurteil.«       
    »War Zisska ein
     Zufallsopfer? Oder der Schwarze? Oder der Banker?«
    »Keine Ahnung, ich habe
     mit den Morden nichts, aber auch gar nichts zu tun.«
    »Wer hat sie Ihrer
     Meinung nach begangen?«
    »Sicher nicht Dschanow
     selbst, der hat für alle Termine ein Alibi, hundertprozentig. Ich
     meine, er hat schließlich Leute für sowas. Die Idee mit der
     lila Tinte trau ich Anita zu, die Frau ist böse, richtig böse.
     Dschanow besitzt immerhin eine ganz pragmatische Ader, ist auf seine Weise
     im Grunde vernünftig. Vermutlich war er einfach gezwungen, alle
     Spuren zu beseitigen, die die verrückte Anita hinterlassen hatte.«
    »Bevor es zur
     Elefantenhochzeit kommt.«
    »Ja.«
    Nabel fühlte sich
     besser. Viel besser, als er es sich vor Stunden in den kühnsten Träumen
     hätte vorstellen können.
    In der Aufdeckung des
     Verbrechens lag bereits ein Großteil der Befriedigung, die jemand
     wie er aus seinem Beruf ziehen konnte. Die nachfolgende Sühne, die ja
     nichts je ungeschehen macht und genaugenommen pro forma verhängt
     wird, ist Sache der Gerichte.
    Auch Pfeifer schien sich nach
     der langen Beichte besser zu fühlen, zumindest gab er sich weniger
     hysterisch, saß erschlafft und zusammengesunken auf dem Küchenstuhl,
     die Pistole im Schoß.
    Was würde er als
     Kronzeuge taugen? Nichts. Keine Staatsanwaltschaft der Welt hätte ihn
     als vertrauenswürdig eingestuft. Für die Sache mit dem
     ausgetauschten Koks, selbst wenn man ihm nur eine Rolle als Mittelsmann
     zugestehen würde, säße er acht bis zehn Jahre ab.
    Nabel mußte dennoch
     handeln. Was konnten die beiden Schwestern dieses windelweichen Idioten für
     die Selbstüberschätzung ihres Bruders?
    »Hören Sie, David!
     Wir machen jetzt erstmal folgendes, ganz unabhängig von Ihren persönlichen
     Plänen. Sie nennen mir die Adressen Ihrer Schwestern, ich schicke die
     Kavallerie, die nimmt beide in Gewahrsam. Ich bin sicher, daß Ümal
     nur blufft. Er würde den beiden zum jetzigen Zeitpunkt nichts tun.«
    Pfeifer sah ihn merkwürdig
     an, fast pikiert. »Was macht Sie da so sicher?«
    »Ihre Unwichtigkeit,
     David. Ümal will Sie nur einschüchtern. Warum läßt er
     sonst die beiden korrupten Chemiker leben, diesen Fischer und diesen
     Wolkov?«
    »Sie haben recht. Ich
     bin völlig unwichtig. Ich bin einer aus dem Niemandsland. Deshalb bin
     ich jetzt vogelfrei. Fischer und Wolkov, was sollten die aussagen? Die wußten
     ja nicht einmal, von wem sie unter Druck gesetzt wurden, die haben den
     Namen Ümal nie gehört. Nur ich bin der Arsch, der irgendwie von
     allem ein bißchen gehört hat, bei dem die Fäden
     zusammenkommen. Und was wollen Sie mit meinen Schwestern machen, Nabel?
     Zehn Jahre Schutzhaft? Das ist doch naiv. Idiotisch.«
    »Sie gehen mir auf den
     Sack mit Ihrem Selbstmitleid. Und Ihrer ungebrochenen Selbstüberschätzung.
     Wissen Sie, was
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher