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Sie und Allan

Sie und Allan

Titel: Sie und Allan
Autoren: Henry Rider Haggard
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Anmerkung des verstorbenen Mr. Allan Quatermain
     
     
    Mein Freund, in dessen Hände diese meine Manuskripte eines Tages übergeben werden, lassen Sie mich heute noch etwas zu diesen Aufzeichnungen sagen.
    Vor langer Zeit habe ich in diesen Schriften die Geschichte von Ereignissen festgehalten, und sie darin mehr oder weniger vollständig beschrieben. Ich tat dies zu meiner eigenen Befriedigung. Sie werden selbst festgestellt haben, wie die Erinnerung verblaßt, wenn man in die Jahre kommt; wir wissen noch genau, mit einer beinahe schmerzhaften Klarheit, was wir in unserer Jugend sahen und erlebten, doch die Ereignisse unserer Lebensmitte entgleiten uns oder werden undeutlich, wie eine tiefliegende Landschaft, die von grauen, ziehenden Nebeln verhüllt wird. Weit entfernt scheint noch immer die Sonne die Ebenen und Hügel der Jugend und der frühen Mannesjahre zu erhellen, so wie sie die flüchtigen Stunden unseres Alters erhellt, jenen Boden, auf dem wir jetzt stehen, doch das Tal, das dazwischen liegt, ist von Nebel erfüllt. Ja, selbst seine Erhebungen, welche die herausragenden Ereignisse der Vergangenheit symbolisieren, verschwinden oft in diesem verwirrenden Nebel.
    Es war die Erkenntnis dieser Wahrheit, die mich veranlaßte, die folgende Zusammenfassung (bei der natürlich vieles ausgelassen worden ist) von meiner kurzen Bekanntschaft mit jener seltsamen und wunderbaren Frau aufzuzeichnen, die ich unter dem Namen Ayesha , oder Hiya , oder Sie-die-befiehlt kennengelernt habe – keineswegs im Hinblick auf eine Veröffentlichung, sondern damit ich sie (bevor ich sie vergesse, und falls es mir gefallen sollte) noch einmal studieren kann, wenn ich in hohem Alter bin, das zu erreichen ich hoffe.
    In der Tat ist es nicht in meinem Sinne, wenn sie der Welt zugänglich gemacht werden, selbst nach meinem Tode, weil sie – oder jedenfalls große Teile davon – so ungewöhnlich sind, daß sie, wie ich befürchte, Lächeln hervorrufen und in gewisser Weise einen Schatten auf mein Andenken und auf meine Wahrhaftigkeit werfen könnten. Aus diesem Grund habe ich verfügt, daß sie, falls ich verabsäumen sollte, sie zu vernichten, dies von meinen Testamentsvollstreckern getan werden soll.
    Außerdem habe ich immer sehr sorgfältig vermieden, anderen irgendwelche Andeutungen darüber zu machen, sei es in Gesprächen oder in allem, was ich geschrieben habe, da es mein Wunsch ist, daß diese Seite meiner Lebensgeschichte absolut geheim bleiben soll und nur mir allein bekannt. Aus dem nämlichen Grund habe ich auch niemandem gegenüber auch nur eine Andeutung darüber gemacht, nicht einmal Ihnen, dem ich so viel anvertraut habe.
    Also gut, ich habe die wichtigen Ereignisse dieser Expedition und der daraus entstandenen Folgerungen so einfach und so genau aufgezeichnet, wie es mir möglich war, und sie beiseite gelegt. Ich will nicht behaupten, daß ich nie wieder an sie gedacht habe, da sich unter ihnen einige befanden, die sich zusammen mit den Problemen, die sie aufwarfen, als unvergeßlich erwiesen. Außerdem: wann immer einige von Ayeshas Worten und Geschichten, die auf diesen Seiten nicht festgehalten wurden, in meine Erinnerung zurückkommen, wie es von Zeit zu Zeit geschieht, habe ich sie aufgezeichnet und sie zusammen mit dem Manuskript beiseite gelegt. Dennoch sind die Einzelheiten jener bemerkenswerten Ereignisse mehr oder weniger verblaßt in meinem Gedächtnis, so wie das Bild auf einer unfixierten photographischen Platte verblaßt, bis nur noch Umrisse verbleiben, vage, und kaum noch wahrnehmbar.
    Um die Wahrheit zu sagen, war ich ziemlich beschämt über diese ganze Geschichte, in der ich eine so schlechte Figur machte. Rückblickend wird mir bewußt – obwohl die Ehrlichkeit mich zwang, alles genau so zu schildern, wie es wirklich geschah, ohne etwas hinzuzufügen oder wegzulassen, daß ich das Opfer eines schändlichen Betrugs geworden bin. Die seltsame Frau, die ich in den Ruinen eines Ortes traf, der Kôr genannt wurde, hat ohne jeden Zweifel einen Zauber über meine Sinne geworfen und ließ mich zu jener Zeit viel glauben, was absolut unglaublich war.
    Zum Beispiel erklärte sie mir, daß ihr Leben weit über die uns Sterblichen zugestandene Spanne hinaus verlängert worden sei, für Hunderte und Hunderte von Jahren, was Euklid für absurd erklärte, und hat mir gegenüber erklärt, übernatürliche Kräfte zu besitzen, was noch absurder ist. Außerdem hat sie mir durch die kluge Anwendung irgendeiner
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