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Ausgefressen

Ausgefressen

Titel: Ausgefressen
Autoren: Moritz Matthies
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wütenden Unterton.
    Ich merke, dass ich verkrampfe. Lange werde ich diese Position nicht mehr halten können. Wie schaffen Spinnen das eigentlich stundenlang?
    Constanze überlegt. »Wer garantiert mir, dass ich nie wieder etwas von Ihnen höre? Sie könnten mich ja auch bis zum Ende meiner Tage zu erpressen versuchen.«
    Bea reißt sich zusammen. Sie weiß, dass sie die Ruhe bewahren muss, um Constanze das Handwerk zu legen. »In Südamerika ist eine Million Euro mehr Geld, als man in einem Leben ausgeben kann. Außerdem, wer will Ihnen etwas nachweisen? Ich hingegen werde allein durch meine Flucht zur Hauptverdächtigen. Sagen wir also: Die Chance, dass ich Ihnen noch einmal in die Quere komme, ist sehr gering – zumal ich ja weiß, wozu Sie fähig sind.«
    Constanze nimmt mehrere Packen Geld aus dem Safe und legt sie auf den Schreibtisch. »Gut. Ich bin einverstanden mit unserem kleinen Geschäft.«
    Bea atmet auf, was Constanze als Zeichen für den gelungenen Abschluss der Verhandlungen betrachtet. Ein kleines, zufriedenes Lächeln huscht über ihr ansonsten ausdrucksloses Gesicht.
    Ich kann mich nicht mehr halten. Zuerst rutsche ich mit der Vorderklaue ab, dann hört man erneut dieses an einen Lufthauch erinnernde »Pfffssss«. Ich stürze kopfüber zu Boden, werde aber von den um meine Hinterläufe gebundenen Spinnenfäden zurückgezogen. Wie ein Bungeespringer baumele ich federnd zwischen Himmel und Erde und hoffe, dass die beiden verbliebenen Spinnenfäden halten werden.
    In diesem Moment fliegt die Tür auf, und Phil erscheint. »Okay. Das war’s, wir haben genug gehört.«
    Constanze wird schlagartig blass. »Wie bist
du
hier reingekommen?«
    Hinter Phil erscheint Hanno von Sieversdorf. »Mit mir.«
    Bea springt auf, läuft zu Hanno, fällt ihm in die Arme und bricht in Tränen aus. Die nervliche Anspannung fällt mit einem Mal von ihr ab. Constanze braucht einen Moment, um zu verstehen, was hier gerade passiert. Dann gibt sie sich geschlagen und lässt sich in ihren Sessel fallen. Phil und Constanze tauschen einen langen Blick. In seinen Augen lese ich: Schade, aus uns beiden hätte was werden können. Sie senkt den Blick zu Boden. Vielleicht bedauert sie, dass sie es niemals herausfinden wird.
    »Kobra eins, hier Spiderman. Hast du alles im Kasten?«
    Ich höre ein befreites Kichern. »Alles bestens, Spiderman. Schwing deinen Hintern in den Partyraum. Es gibt Skorpione, Raupen, Mäuse und ein Zeug namens Scotch. Geilomat.«
    Ich stutze. »Woher kommt denn das alles so plötzlich?«
    »Da ist eben ’ne SMS von Phil gekommen. Er hat heute früh ’ne Kühlbox im Gebüsch versteckt. Prophylaktisch.«
    »Sprich Erdmännisch mit mir, Rufus.«
    »Er hat gewusst, dass wir den Job wuppen würden, und deshalb schon mal ’n Büfett organisiert.«
    »Bin unterwegs«, sage ich. »Pepe! Worauf wartet Ihr noch? Zieht mich wieder hoch!«
    Während ich kopfüber und in Zeitlupe zur Decke schwebe, sehe ich zwei Polizisten den Raum betreten, die Constanze in ihre Mitte nehmen und abführen. Ein Kerl mit Glatze und Bauch schüttelt Phil die Hand. Heinz Lossow, wenn ich mich recht entsinne, leitender Ermittler im Fall der Leichen im Zoo. Während Lossow Phil die Hand schüttelt, wirft dieser mir einen kurzen Blick zu und nickt anerkennend. Ich hebe eine Pfote zum Gruß.
    Gute Arbeit, Partner.

Kapitel 20
    Ich mag es, morgens durch den Zoo zu schlendern. Das Getöse der Schulklassen ist noch fern, das Personal wurschtelt verschlafen vor sich hin, und man hat Zeit für den einen oder anderen Plausch durch die Gitterstäbe.
    Heute drehe ich meine Runde allein, weil sich gestern der gesamte Clan mit Scotch abgeschossen hat, Rufus inbegriffen. Ich hab zwar allen erklärt, dass das Zeug teuflisch ist, hat aber niemand auf mich hören wollen. Es wird also heute auf ein Langschläferfrühstück hinauslaufen, wobei die meisten sich gestern dermaßen mit Lebendfutter vollgestopft haben, dass der Clan auch gut ein paar Tage fasten könnte.
    »Hi, Ray!«
    Erstaunt wende ich den Kopf zum Elefantengehege. Kam der Gruß gerade von Heiner? Er hebt bestätigend den Rüssel und lächelt. Verwunderlich, immerhin haben wir in seinem Gehege einen Erdrutsch ausgelöst, bei dem Heiners Frau und Kind bis zum Ohransatz verschüttet wurden. Die beiden liegen eng aneinandergeschmiegt im hinteren Teil des Geheges und schlafen noch. Ich hätte geschworen, dass alle drei wegen des Malheurs nie wieder ein Wort mit mir wechseln würden.
    »Heiner!
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