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Ausgefressen

Ausgefressen

Titel: Ausgefressen
Autoren: Moritz Matthies
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es zappenduster. Genervt lasse ich mich wieder auf unseren Wachhügel sinken.
    »Rufus, deine ständigen Panikattacken gehen mir langsam aber sicher auf meine Erdmänncheneier.«
    »Wenigstens bringe ich nicht den gesamten Clan in Gefahr, nur weil ich supercool sein will«, erwidert Rufus.
    »Was glaubst du: Hätte der Clan als Chef lieber einen supercoolen Erdmann wie mich oder ein zähneklapperndes Erdmännlein wie dich?«
    »Ich hoffe, dass Pa eine vernunftgeleitete Entscheidung treffen wird. Ein Clanchef muss nicht stark sein, er muss vor allem klug und weitsichtig sein und …«
    »Träumt ihr immer noch davon, Clanchefs zu werden, ihr Penner?« Hinter uns dröhnt eine sonore Stimme aus dem Bau. Sie gehört unserem Bruder Rocky junior. Er kommt gerade herausgeschlendert und grinst breit, wie üblich.
    »Ah, der Erstgeborene«, spotte ich, »unser großes Vorbild. Was ist los, Rocky? Angst im Dunkeln? Soll Rufus dir noch eine Geschichte vorlesen, weil du nicht einschlafen kannst?«
    Rocky lässt seine bemerkenswerten Muskeln spielen und schnauft verächtlich. »Wenn ich erst mal Clanchef bin, dann wird dir das Lachen noch vergehen, Ray.«
    »Falls du überhaupt Clanchef wirst«, wendet Rufus vorwitzig ein.
    Betont langsam dreht Rocky sich zu ihm um. »Hast du mich gerade von hinten angequatscht, Leseratte?«
    Rufus muss trocken schlucken. Aber klein beigeben verbietet ihm sein Stolz. Sein Pech. »Erstens muss ich mich von dir nicht Ratte nennen lassen«, bringt er hervor. »Zweitens haben wir alle drei das gleiche Recht, uns als Clanchef zu bewerben. Und drittens habe ich dich …«
    Man hört einen dumpfen Schlag, gefolgt von einem kurzen, heftigen Keuchen. Dann fällt Rufus zu Boden wie ein nasser Sack.
    »Wird dir das nicht irgendwann langweilig?«, frage ich Rocky.
    Er schüttelt den Kopf. »Wüsste nicht, warum. Und jetzt seid gefälligst ein bisschen leiser.«
    »Wir dachten, du würdest sowieso noch mit unserer Schwester rummachen«, erwidere ich.
    »Vorsicht, Ray«, droht Rocky und geht gemächlich zum Bau zurück.
    Er könnte auch mir eine verpassen, aber das überlegt er sich lieber zweimal. Bei unserer letzten Prügelei habe ich mich derart fest in seinen Nacken verbissen, dass er tagelang den Kopf nicht bewegen konnte. Sah witzig aus. Seitdem hält Rocky Distanz.
    Rufus kommt wieder zu sich. »Was war denn los?«
    »Das Übliche«, erwidere ich. »Unser Bruder hat dir auf die Glocke gehauen. Wie lange willst du dir das eigentlich noch gefallen lassen?«
    »Bis er begreift, dass Gewalt keine Lösung ist«, doziert Rufus.
    »Für ihn ist Gewalt aber ganz offensichtlich eine Lösung«, gebe ich zu bedenken.
    »Nur kurzfristig«, erklärt Rufus. »Keine Hochkultur hat bislang …«
    Er unterbricht sich, streckt sich und schnüffelt. Mal was Neues.
    Diesmal bin ich es, der seufzt. »Nicht schon wieder, Rufus.«
    »Da war definitiv was«, sagt er. »Ich habe es genau gehört.«
    Er späht aufmerksam zum Flamingogehege hinüber. Gelangweilt folge ich seinem Blick. In diesem Moment durchzuckt ein Blitz die Nacht, gleichzeitig ist ein trockener Knall zu hören. Erschrocken springe ich auf. Dann starren wir gemeinsam in Richtung des Flamingogeheges. Es sind nur wenige Tiere aufgewacht. Die meisten lassen sich hier, mitten in der Stadt, durch nichts mehr aus dem Schlaf reißen.
    Gespannt warten Rufus und ich.
    Da! Wieder ein Blitz, wieder gefolgt von diesem Knall.
    »Ruhe da draußen!«, mault ein verschlafenes Gnu.
    Dann ist alles still. Eine Weile stehen wir einfach nur da und warten. Außer Rufus, der leise zittert, scheint alles ruhig zu sein.
    »Wir sollten Meldung machen«, sagt er wie in Trance.
    Ich nicke. »Kein Problem. Ich sag Bescheid.«
    Ich wende mich zum Bau. Nach wenigen Schritten kommt Rocky mir in Begleitung unserer Schwester Roxane und mehrerer Jungtiere entgegen.
    Ich hebe die Arme. »Okay, Leute! Alle wieder zurück! Beeilt euch! Zurück in den Bau! Wir haben hier einen Zwo-fünf.«
    Ich ernte erstaunte Gesichter.
    »Was ist ein Zwo-fünf?«, lispelt die kleine Marcia aus dem fünften Wurf.
    »Ein Zwo-fünf ist ein ungeklärtes Ereignis, das möglicherweise auf einen Angriff hindeutet«, erkläre ich freundlich. »In diesem Fall gilt Alarmstufe eins. Deshalb musst du jetzt ganz schnell zurück in den Bau, Marcia.«
    »Oh!«, erwidert Marcia und macht große Augen.
    »Findest du nicht, dass du ein bisschen dick aufträgst?«, fragt Rocky.
    »Im Falle eines Zwo-fünf ist den Anweisungen der
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