Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz
Autoren: Nina Blazon
Vom Netzwerk:
Handfläche auf ihr Brustbein legte. Seine Hand war warm und sie wünschte sich so sehr, ihn einfach zu umarmen. Doch in Anbetracht dessen, was sie ihm sagen musste, fühlte sie eine seltsame Scheu davor. »Hier ist dein Herz, Loved«, sagte sie leise. »Ich … habe es nicht verbrannt. Sondern es hier, bei mir, versteckt.« Sie wunderte sich, wie viel Mut es sie kostete, ihm die ganze Wahrheit zu erzählen. »Vielleicht wollte ich es dir damals wiedergeben. Ich weiß es nicht mehr. Aber jetzt kann ich es dir nicht mehr zurückgeben. Ich habe mein Leben als Zorya gestern verloren, und wenn ich auch noch dein Menschenherz verliere, dann sterbe ich zum zweiten und zum letzten Mal.«

    Loved schwieg. Sie hätte so gerne gewusst, was er dachte, aber seine Miene war ebenso verschlossen wie vorhin. Und zu ihrer Enttäuschung zog er die Hand zurück und vergrub sie tief in der Tasche seines Mantels. »Dann lebst du also noch, weil ich lebe?«
    »Für die Zorya bin ich erloschen. Und das heißt: Wir sind frei, Loved. Du und ich.«
    »Frei?«, stieß er mit einem zornigen Lachen hervor. »Du hast Lady Tod betrogen. Schon wieder! Wenn ich mich richtig erinnere, war das schon beim ersten Mal ein Todesurteil.«
    Endlich sah sie wieder den Loved, den sie kannte. Den Mann, der sie so sehr liebte, dass er sie eher von sich stoßen, als sie verlieren wollte.
    »Ich habe sie betrogen, ja. Um einige Jahre, um ein Leben. Hast du etwas anderes erwartet von einer Frau, die so gut lügen kann wie ich?«
    Er reagierte nicht auf diesen zaghaften Versuch eines Scherzes. Aber immerhin hörte sich das Schweigen diesmal nicht mehr so an, als würde er am liebsten davonlaufen. Sie trat noch näher an ihn heran und umschloss sein Gesicht mit ihren Händen. Er wollte unwillig den Kopf abwenden, aber diesmal ließ sie nicht zu, dass er ihr auswich. »Du hast mich zweihundert Jahre lang gehasst«, sagte sie mit fester Stimme. »Und ebenso lange hast du mich geliebt. Jetzt hast du ein ganzes Menschenleben lang Zeit, mir zu verzeihen.«
    In seinen Augen irrlichterte der Schein des Polarlichtes.
    »So lange wirst du aber nicht leben«, erwiderte er. »Die Zorya werden dich finden und sich an dir rächen. Weißt du, wie es ist, aufzuwachen und zu glauben, dass deine Liebe dich verlassen hat, um nie wiederzukehren? Ich ertrage es nicht noch einmal, Summer!«

    Aber diesmal wehrte er sich nicht, als sie ihn umarmte.
    »Natürlich wird Lady Tod uns finden«, sagte sie leichthin. »Wir sind Menschen. Früher oder später findet sie uns alle. Wenn du eines Tages deine Zorya rufst, dann wird sie zu dir kommen und uns beide finden. Sie wird uns küssen und das wird unser Ende sein.«
    »Und wenn dir etwas zustößt, bevor mein Leben abgelaufen ist? Dann bleibe ich allein.«
    »Tja, da muss ich dich leider enttäuschen. Seit gestern sind wir unauflöslich verbunden. Wenn einer stirbt, dann stirbt der andere auch. Vielleicht schon morgen. Vielleicht aber auch erst, wenn du alt und grau geworden bist.« Sie musste lächeln, als sie hinzufügte: »Bist du sicher, dass du den Rest deines Lebens wirklich nicht mit mir verbringen willst?«
    Das Fell seines Mantels kitzelte an ihrer Wange, als er sich bewegte. Und dann legte er so behutsam die Arme um sie, als würde er befürchten, sie zu erdrücken. Nach einer ganzen Weile, als das Licht am Himmel bereits zu verblassen begann, küsste er die Stelle zwischen ihren Brauen, die er so liebte, und lehnte seine Stirn an ihre. »Um nichts in der Welt würde ich darauf verzichten«, flüsterte er zärtlich. Und endlich, endlich!, hörte sie ein Lächeln in seiner Stimme. Seine Lippen fanden ihre und sie versank in dem Glühen, das so viel wärmer und strahlender war als das Polarlicht. Sie erinnerte sich an so viele Küsse, doch dieser schmeckte rau und glücklich zugleich und verwandelte ihre Haut in ein einziges Flirren.
    Sie zuckte erst zurück, als Loveds Hand über ihren Rücken strich und dabei den Verband berührte. Irritiert ließ er sie los. Dann, als er ihr blasses Gesicht sah, verstand er. »Du bist verletzt?«, rief er aus.

    »Nicht schlimm. Indigo wollte mich erstechen, aber mein Schulterblatt war im Weg.«
    »Indigo hat … Und das sagst du mir erst jetzt ?«
    Sie liebte ihn sogar dafür, dass er jetzt wieder wütend wurde.
    »Bleib hier, ich hole das Pferd.«
    »Ich kann laufen, Loved.«
    »Schön möglich, aber du wirst es nicht! Als Zorya magst du jede Wunde gut weggesteckt haben, aber bei einem Menschen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher